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„In Kompatschers Schatten“

Die Sonnenkönig-Werte von Arno Kompatscher, die schlechten „Noten“ des Philipp Achammer, der stille Aufstieg der Brigitte Foppa – und der Sturz in die Bedeutungslosigkeit des Team K und der Blauen: Fragen an den Meinungsforscher Hermann Atz.

TAGESZEITUNG Online: Herr Atz, Landeshauptmann Arno Kompatscher hat in seiner Partei einen schwierigen Stand. Warum kommt er in Ihrer letzten Umfrage für die SWZ dennoch auf Sonnenkönig-Werte?

Hermann Atz: Als Sonnenkönig-Werte würde ich das noch nicht bezeichnen, aber sie sind sehr gut, vor allem besser als jene der Landesregierung insgesamt. LH Kompatscher wird von den Bürgerinnen und Bürgern offenbar als starke und integre Führungspersönlichkeit wahrgenommen, relativ unabhängig von seiner Parteizuhörigkeit. Die innerparteilichen Querelen schaden der Partei und dem Ansehen der Politik insgesamt, aber gerade deshalb überzeugen dann die Qualitäten einzelner Persönlichkeiten. Die Personalisierung der Politik ist ja ein allerorts zu beobachtendes Phänomen.

Die Befragten mussten auf einer Skala von plus 5 bis minus 5 einordnen, was sie von den jeweiligen LandespolitikerInnen halten, plus 5 bedeutet sehr viel, minus 5, dass sie gar nichts von ihm bzw. ihr halten. Arno Kompatscher hat einen Wert von 2,0. Was sagt uns dieser Wert?

Das ist ein hoher Wert im Vergleich zu allen anderen abgefragten politischen Vertretern. Er besagt, dass viel mehr Befragte eine sehr gute Meinung von LH Kompatscher haben als eine schlechte. Und zwar quer durch alle Bevölkerungsgruppen; nur die Sympathisanten deutscher Mitte-Rechtsparteien sehen seine Arbeit eher kristisch. Interessanterweise punktet Kompatscher bei der italienischen Sprachgruppe sogar noch stärker als bei der deutschen. Man kann also feststellen, dass er – ähnlich wie man es seinerzeit Luis Durnwalder nachgesagt hat – der LH aller Südtiroler/innen ist.

Der zweitbeliebteste Politiker in Ihrer Umfrage ist überraschend Daniel Alfreider. Wie erklären Sie sich diesen Wert?

Er kommt in fast allen Wählerschichten recht gut an und hat kaum Kritiker. Alfreider ist ein guter Kommunikator und auch rein physisch attraktiv – was auch eine gewisse Rolle spielt. Bisher musste er auch kaum unpopuläre Maßnahmen vertreten, wie etwa Thomas Widmann bei den Corona-bedingten Einschränkungen oder Arnold Schuler in Sachen Bettenstopp. Der angebliche Hütten-Skandal scheint von den meisten nicht für besonders anstößig gehalten zu werden.

Bleiben wir bei der SVP: Mit einem Beliebtheitswert von 0,7 liegt SVP-Chef Philipp Achammer nur auf Rang 6. Ist Achammer ein Auslaufmodell? Und: Was sagt dieser Wert in Bezug auf Achammers Chancen aus, irgendwann – 2023 oder 2028 – Arno Kompatscher als LH zu beerben?

Achammer steht eindeutig im Schatten von LH Kompatscher. Zudem wird er viel mehr mit den Problemen innerhalb der Volkspartei in Verbindung gebracht. Der Bonus des Jungpolitikers hat im Lauf der Jahre an Strahlkraft verloren, schließlich ist Achammer schon recht lange in der Politik. Auch die Zuständigkeit für die deutsche Schule könnte ihm geschadet haben, die Schule ist ja in der Pandemie ziemlich durchgebeutelt worden. Es hat viele Ansagen gegeben, die dann oft nicht eingelöst werden konnten, viele Kehrtwenden. Achammer steht auch mehr für den Südtiroler Sonderweg in der Pandemiepolitik als der LH, dem ja insgesamt wenig Erfolg beschieden war.

Gesundheits-Landesrat Thomas Widmann liegt mit 0,5 Prozent an neunter Stelle. Warum hat Widmann seinen Corona-bedingte Medienpräsenz nicht nutzen können?

Weil er oft der Überbringer schlechter Nachrichten war. Außerdem hat man verstanden, dass die meisten Entscheidungen nicht in seiner Hand lagen. Er musste wohl auch für organisatorischen Schwächen des Sanitätsbetriebs etwas „büßen“. In den ersten Monaten der Pandemie hätte er sicher ein besseres Ergebnis erzielt, aber nun wird er von mancher Seite zum Sündenbock gestempelt. An Widmann scheiden sich die Geister: bei Senioren genießt er zum Beispiel ein sehr hohes Ansehen, von Sympathisanten der deutschen Mitte-Rechtsparteien wird er stark abgelehnt. In der Anhängerschaft der SVP ist sein Image nicht schlechter als das anderer Exponenten wie Achammer, Alfreider, Deeg oder Schuler.

Überraschend ist auch das Abschneiden von Paul Köllensperger, der mit einem Beliebtheitswert von 0,3 gerade mal auf Platz 13 liegt. Ist Köllensperger durch die Coronabonus-Affäre nachhaltig beschädigt? 

Sie hat ihm sicher nicht gut getan, aber ich würde den Effekt auch nicht überbewerten. Der eher niedrige Beliebtheitswert liegt vor allem an der doch begrenzten Anhängerschaft des Team K. Diese Bewegung hat die in sie gesetzten Erwartungen nur zum Teil einlösen können, zwei Austritte haben zudem geschadet. Somit sind Köllensperger und sein Team K für Unzufriedene aus anderen Parteien nicht mehr so attraktiv.

Wie beurteilen Sie – auch nach den Austritten von Peter Faistnauer und Josef Unterholzner – das derzeitige Standing von Südtirols ehemals stärkster Oppositionspartei?

Wie ich schon gesagt habe, das Team K muss sich von diesen Krisen erst wieder erholen. Es braucht jetzt gute Oppositionspolitik, die auch entsprechende Sichtbarkeit erreicht, damit die Partei wieder in ihre Rolle als die bessere SVP zurückfindet. Ob das gelingen wird, hängt auch von letzterer ab – ob sie ihre interne Krise nämlich bald überwindet oder nicht.

Sehr gut schneidet in Ihrer Umfrage Brigitte Foppa ab: Werden die Grünen im Jänner 2024 mit der SVP eine Regierung gebildet haben?

Nur wenn die SVP so schlecht abschneidet, dass man mit dem italienischen Koalitionspartner nicht auf die nötige Mehrheit im Landtag kommt. Ein deutsches Regierungsmitglied, das nicht der SVP angehört, ist für diese immer noch ein Tabu – siehe Meran. Und ich kann mir schwer vorstellen, dass die Grünen sich weiterhin nur mit Posten abspeisen lassen, für das es unbedingt Angehörige der italienischen Sprachgruppe braucht.

Wie erklären Sie sich die hohen Beliebtheitswerte von Brigitte Foppa? Rührt dieses Ergebnis daher, dass die Grünen ziemlich skandalfrei geblieben sind? Oder ist es der Zeitgeist, der den Grünen in die Hände spielt?

Der Zeitgeist hilft wohl mit, ich sehe darin aber nicht den Hauptfaktor. Foppa ist schon lange in der Landespolitik, sie hat ein klares Profil und bleibt ihrer Linie treu. Zudem war sie nie auch nur ansatzweise in Skandale verwickelt. Sie ist fachlich kompetent und spricht Themen an, die vielen Menschen unter den Nägeln brennen. Schließlich profitiert sie vom Höhenflug der Grünen insgesamt, der sich aus der Umfrage ablesen lässt. Zu welchem sie aber andererseits selbst auch beigetragen hat. Und nicht zu vergessen: die Grünen profitieren von der Schwäche der meisten anderen Oppositionsparteien im Land.

Schlecht schneidet in Ihrer Umfrage F-Chef Andreas Leiter Reber ab. Er hat mit minus 0,2 einen ähnlich spektakulären Unbeliebtheitswert wie Josef Unterholzner mit minus 0,4. Bleibt von der einstigen blauen Welle am Ende nur mehr Ulli Mair übrig, die in dieser Umfrage nicht vorkommt?

Auch Ulli Mair würde mäßig abschneiden, das behaupte ich hier, ohne Daten an der Hand zu haben. Denn die Wählerbasis der Freiheitlichen ist klein (geworden), und von allen anderen werden Personen, die pointierte Positionen vertreten, als unsympathisch eingestuft. Hier darf man weniger auf den Beliebtheitswert in der Gesamtbevölkerung schauen, sondern mehr auf jenen in der eigenen Anhängerschaft. Das ist etwa auch bei Alessandro Urzì gut zu sehen, der in den eigenen Reihen hoch angesehen ist, während ihn viele – vor allem deutschprachige – Befragte ganz schlecht einstufen.

Apropos Josef Unterholzner, er ist bekennender No Vaxler. Hat er eine Chance, 2023 wiedergewählt zu werden?

Hat er, aber er muss sie auch nutzen. Und es hängt vom Verlauf der Pandemie ab; wenn es gut geht, dann haben wir sie in einem Jahr schon wieder fast vergessen – oder auch nicht. Ich wage da keine Prognose. Falls Covid tatsächlich bald Geschichte ist, hat Unterholzner auf das falsche Pferd gesetzt.

Interessant ist auch der Unbeliebtheitswert (minus 0,5) von Sven Knoll: Schadet sich die STF, die bislang immer sehr monothematisch agiert hat, mit ihrem Schmusekurs zu den No Vaxlern selbst?

Für die Süd-Tiroler Freiheit und mit ihr Sven Knoll gilt Ähnliches wie für Urzì und Unterholzner. Bei der eigenen Anhängerschaft kommt er sehr gut an, bei allen anderen – in diesem Fall insbesondere italienschsprachigen Personen – äußerst schlecht. Doch die STF hat ein besonders junge Wählerschaft, das könnte ihr auf Dauer nutzen.

Letzte Frage an den Politikwissenschafter und Südtirolpolitik-Experten Atz: Kompatscher oder Achammer/Athesia: Wer gewinnt den Machtkampf innerhalb der SVP?

Vermutlich niemand, sondern am Ende könnten alle als Verlierer dastehen, wenn sie sich nicht irgendwie „zusammenraufen“.

Interview: Artur Oberhofer

 

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Kommentare (18)

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  • tirolersepp

    seiner Parteizuhörigkeit. Die innerparteilichen Querelen schaden der Partei und dem Ansehen der Politik insgesamt, aber gerade deshalb überzeugen dann die Qualitäten einzelner Persönlichkeiten

    Vermutlich niemand, sondern am Ende könnten alle als Verlierer dastehen, wenn sie sich nicht irgendwie „zusammenraufen

    Genau so schaut’s aus, weiter streiten umso weiter geht’s bergab, ganz einfach, aber ich wars nicht !!!

    • treter

      Die SVP ist ja sowieso nur ein zerstrittener Haufen von Lobbyisten und Möchtegern-Politikern!! Daher kann ich absolut nicht verstehen dass die Südtiroler diese Partei weiterhin so stark wählen wie aus der Umfrage kürzlich hervorgegangen ist. Ich frage mich daher ernsthaft leidet der Großteil der Südtiroler an Demenz?!

  • robby

    Sonnenkönig – Werte bei gerade mal 2,0 Punkten. Das, werte TZ nennt man Arschkriechen.

  • besserwisser

    der herr atz ist ein diplomat.

  • treter

    Apropo Kompatscher: seit er nach der Rede von Sven Knoll kürzlich im Landtag über die Auswirkungen der ganzen Corona-Regelungen auf die Familien und Arbeiter mit dem Daumen nach unten zeigte, ist er bei mir total unten durch!! Der Landeshauptmann hat mit dieser Geste gezeigt, dass er null Demokratieverständnis hat!!! Dieses Verhalten ist eines Landeshauptmannes nicht würdig und er müsste sich eigentlich dafür in der Öffentlichkeit entschuldigen!!
    PS. Bin jetzt nicht unbedingt ein großer Fan von Sven Knoll aber diese seine Rede hat die großen Sorgen und Ängste der Südtiroler in dieser Zeit der Pandemie mit teils dramatischen Auswirkungen genau wiedergespiegelt!! So haben sich kürzlich vier Familienväter im Pustertal das Leben genommen! Einfach nur traurig das Ganze und die Politik schaut zu!!!

    • andreas

      Sofern du die Umstände und Gründe der 4 Suizide nicht kennst, macht es wenig Sinn, sie kontinuierlich zu erwähnen.
      Genau so wie es wirtschaftliche Probleme sein könnten, weil der Arbeitgeber sie entlassen hat, könnten es auch Depressionen, Existenzängste oder sonstwas sein.

      Die Situation ist wie sie ist, manches hätte die Politik besser machen können, doch manches wurde auch recht gut gelöst. Patentrezept für alle gibt es keines.

      Gibt es irgendwo den Text der Rede Knolls oder ein Video?

  • huggy

    Sonnenkönig ?
    Das ich nicht lache

  • olle3xgscheid

    War des a StommtischQuiz von dr Svp im Botzheissl?? So a Schmorrn…also de Werte wiederspiegel sicher net die Gesellschofft

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