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Der Achternbusch

Herbert Achternbusch mit Martin Kaufmann auf der Oswaldpromenade

Kein Nachruf, dafür eine kurze Übernachtung. Herbert Achternbusch verband viel mit Südtirol, auch eine „Übernachtung in Tirol“.

von Renate Mumelter 

Am 10. Jänner 2022 ist Herbert Achternbusch mit fast 84 Jahren gestorben. Er war Künstler, Schriftsteller, Filmemacher und Schauspieler und vor allem seit 1987 über viele Jahre Stammgast bei den Bozner Filmtagen und ideell auch deren Mentor. 

Achterbusch und Bozen

15 seiner Filmen wurden in Bozen gezeigt, drei Filme liegen noch im Archiv des Filmclubs, dazu ein Schlöndorff-Film, in dem Achternbusch zwar „nur“ den Dorflehrer spielt, dafür aber Sätze sagt, die unverkennbar von ihm sind: „Die Alpen sind schon ein Problem. Solange es hohe Berge gibt, gibt es keine Gerechtigkeit, kein Warmes, alles ist erkaltet, kein warmes Tal ist da“. Ähnliches sagte er in einem Gespräch mit der Kulturzeitschrift „Sturzflüge“ 14 Jahre später: „Das fruchtbare Ackerland bringt einen Profit, und der Berg oben ist irgendwie sinnlos“. Und: „In der Tiefe der Seele begreift man nicht, dass es Berge und Täler gibt. Man sieht sie, aber man ist doch verwundert“. Und dann zieht er einen Vergleich zwischen den Touristen, die sich nur das Beste von einer Gegend holen und den Einheimischen, die da leben müssen. „Der Tourist hat ja nichts mit den Unannehmlichkeiten zu tun, er sieht die schöne Madonna, und der, der da ist, muss mit der Scheißkirche leben.“ Danach ist Schluss mit dem Interview: „Jetzt hören wir auf, sonst wird’s zu gschwolln…“.

Begonnen hat Achternbusch mit der Malerei, er verlegte sich dann immer mehr aufs Schreiben, aufs Theater auch, und zu Beginn der 1970er Jahre drehte er erste Schmalfilme. Als „Übernachtung in Tirol“ entstand, war Achternbusch mit dem eigenen Filmemachen noch nicht voll gestartet. 

Schlöndorffs Übernachtung, Replay

„Übernachtung in Tirol“ ist unterhaltsam, die Darstellerînnen sind famos, allen voran Margarethe von Trotta und Louise Martini, aber auch die vielen Südtirolerînnen von den Heimatbühnen wie Hermann Mardessich, Franz Treibenreif, Linde Gögele. Aufnahmeleiter beim Schlöndorff-Film war übrigens Impresario Carlo Margraf, wie er in den Schlusstiteln genannt wird.

„Übernachtung in Tirol“ wurde auf Initiative Achternbuschs am 22. April 1992 um 22 Uhr bei den Bozner Filmtagen gezeigt. Mit dabei waren Achternbusch selbst und einige der Nachkommen der Südtiroler Darstellerînnen.

Es wäre an der Zeit, wieder einmal zu dieser Übernachtung einzuladen, die mit Patty Pravos  „Pazza idea di far l’amore con lui….“ am Montiggler See beginnt.  

Schlöndorff bekam für diesen Film schlechte Kritiken, weil zu trivial. Dabei war es genau das, was Schlöndorff wollte. Weil er immer ins „Anspruchsvolle“ verbannt wurde, suchte er hier bewusst den Trivialfilm, um die Trennung zwischen U und E aufzuheben. 

Filmtipps

Ideal wäre, wenn es an diesem Wochenende trüb bliebe, denn im Kino ist was los. Mit „Tout s’est bien passé“/“È andato tutto bene“ von François Ozon wird noch einmal das Thema Sterben aufgegriffen, diesmal geht es um die sog. Sterbehilfe am Beispiel eines älteren lebensfrohen Ictuspatienten. Es spielen: Sophie Marceau, André Dussolier, Hanna Schygulla, Charlotte Rampling, und es wird nie schmalzig. 

„De son vivant/In Liebe lassen“ mit Catherine Deneuve ist noch bis Donnerstag da. 

Interessant auch „Scompartimento n.6“, wo es ums Reisen, Menschen, Eis und Schnee geht.

„Nightmare Alley“ von Gulliermo Del Toro mit Bradely Cooper und Cate Blanchett ist angelaufen. Und „Wunderschön“, Caroline Herfurths Spielfilm über Optimierungswahn findet bestimmt sein Publikum. 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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