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„In den Mund gespuckt“

Der Südtiroler Heimatbund gedenkt Josef Anegg. Der Südtirol-Aktivist aus Kurtatsch war eines der ersten Folteropfer.

Der Südtiroler Heimatbund gedenkt Josef Anegg.

Der ehemalige Südtirol-Aktivist ist am 23. Dezember im Alter von 89 Jahren verstorben.

Am 17. Juli 1961 war der 30 Jahre alte Schuhmacher Josef Anegg aus Kurtatsch verhaftet worden.

In einem aus dem Gefängnis herausgeschmuggelten Brief berichtete er an die Südtiroler Volkspartei über die in der Carabinieri-Kaserne Kurtatsch erlittenen Folterungen, die 6 Stunden lang angedauert hatten.

Er habe „viele Ohrfeigen, Fausthiebe in den Magen, Rippen, Geschlechtsteil“ erhalten.

Mit einer brennenden Cigarette haben sie mir die Lippen, Brustwarzen, Geschlechtsteil und die Hände verbrannt. Mit einen Streichholz haben sie am Geschlechtsteil Haare verbrannt und mit einer Flachzange die Haare ausgerißen. Mit der gleichen Zange Achsel und Brusthaare ausgerißen. Mit der gleichen Zange links und rechts bei den Rippen auf, und niedergefahren.

Die Folter-Kaserne in Kurtatsch (Foto: SHB)

Ich mußte mich pücken, da wollte einer von den Carabinieri von hinten ein Geschlechtsverkehr machen, aber das taten sie nicht, da haben sie mit der Zange Haare ausgerißen.“

Man habe ihm dreimal in den Mund gespuckt und er habe alles schlucken müssen. Er wurde mit einer Flachzange gezwickt.

Mit dem Magazin der Maschinenpistole habe man ihn auf den Kopf geschlagen, sodass er niedergesunken sei.

„Mit einer Eisenstange in dem Mund (einer 50 cm lang) und Hände hoch mußte ich die Kniebeugung machen bis ich umfiel. … Den Küchen Besen haben sie in Dreck geduscht und dann mir in den Mund gestrichen, mit demselben Besen auf den Händen, Ohren und Kopf geschlagen.“

Dieses Schreiben liegt heute in den SVP-Archivalien im Südtiroler Landesarchiv in Bozen.

Trotz dieser schrecklichen Folter hatte sich Anegg nicht dazu erpressen lassen, seine Unterschrift unter ein „Geständnis“ zu setzen, schreibt der Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB) Roland Lang.

So habe man Anegg nach rund fünf Monaten Haft am 23. Dezember 1961 enthaften müssen und konnte ihn mangels Beweisen nicht vor Gericht stellen. „Josef Anegg hat sich seiner Haltung nie öffentlich gerühmt, er war zeit seines Lebens bescheiden geblieben. Ehemalige Mithäftlinge haben mehrfach bestätigt, dass sie in der Haft noch an seinem Körper schreckliche Folterspuren gesehen haben“, so der SHB-Obmann.

Sein Folterbericht war einer der zwei ersten, die im Jänner 1962 vom damaligen Regionalratsabgeordneten und Häftlingsanwalt Sandro Canestrini aus Rovereto im Regionalrat laut vorgelesen wurde. Erst damit wurden die Folterungen öffentlich bekannt.

Josef Anegg, im Dorf auch Egger Peppi genannt, war später verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er war ein hervorragender Alpinist und Begründer der Kurtatscher Ortsstelle des Alpenvereins.

Die Schützenkompanie Kurtatsch ernannte ihn für seinen Einsatz für die bedrohte Heimat zum Ehrenmitglied.

„Wir fühlen mit den Angehörigen und gedenken unseres aufrechten Landsmannes Josef Anegg in Trauer“, schreibt Roland Lang.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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