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„Schlag ins Gesicht“

Die Umweltverbände üben scharfe Kritik an der Landesregierung, die „eine unglaubliche Summe an öffentlichen Steuergeldern“ in die neue Seilbahnverbindung zwischen Tiers und der Frommer Alm investiert.

Der Beschluss der Landesregierung N. 987 vom 23. November 2021 sei nicht nur ein Tiefpunkt für den Umgang mit der Natur- und Kulturlandschaft in Südtirol, sondern vor allem auch ein Schlag ins Gesicht – eine „Watschn“ – für alle Südtiroler Bürgerinnen und Bürger und alle Wirtschaftszweige außer Skigebiete und einzelne Hoteliers.

Das schreiben AVS Südtirol, CAI Alto Adige, Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol, Heimatpflegeverband Südtirol, Lia da Mont, Lia per Natura y Usanzes, Mountain Wilderness und Nosc Cunfin in einer gemeinsamen Aussendung.

Der Wortlaut:

Eine unglaubliche Summe an öffentlichen Steuergeldern sollen in die neue Seilbahnverbindung zwischen Tiers und der Frommer Alm am Fuße des Rosengartens, von der nur die Tierser Seilbahn A.G. und wenige Hoteliers in Tiers und Welschnofen wirtschaftliche Vorteile haben, investiert werden. Der Beschluss sieht vor, dass der Tierser Seilbahn S.p.A. 9,5 Millionen Euro zugewiesen werden, zusätzlich zu den bereits im Jahr 2020 zugewiesenen 1,8 Millionen Euro, also insgesamt 11,3 Millionen Euro, bei einer Gesamtinvestition von 15,8 Millionen Euro.

Dies entspricht einem Beitrag von 75 %. Welcher Unternehmer würde sich nicht über einen solchen Prozentsatz an Förderung freuen? Allerdings profitieren von einem solchen Beitrag nur sehr wenige, während viele Menschen und Wirtschaftszweige die Nachteile durch die Verschandelung der Natur- und Kulturlandschaft über einen sehr langen Zeitraum tragen müssen.

Die mehrere Dutzend Meter hohen Metallmasten ragen wie die Skelette eines Denkmals des Massentourismus hervor. Das wunderschöne Gebiet unserer Dolomiten wird wieder einmal zu einer Geldmaschine degradiert.

Die Beweggründe der Gemeinde, abgesehen von den offensichtlichen wirtschaftlichen: Förderung der nachhaltigen Mobilität auf der Nigerpassstraße (wo es keine Verkehrsprobleme gibt!), Verringerung der „langen Fahrzeiten“ zwischen Tiers und Welschnofen (30 Minuten) und die Ermöglichung des Zugangs zum Karersee von Tiers aus über drei Auftstiegsanlagen. Welcher Tourist wird diese bizarre Option wählen?

Als Beweis dafür, dass die Seilbahn nicht zur Entlastung des Verkehrs beiträgt, sondern ihn im Gegenteil noch vergrößert, hat die Gemeinde Tiers bereits die Umwandlung von 2553 m2 Waldfläche (in einem bereits von Vaia gezeichneten Gebiet) in einen Parkplatz genehmigt, und zwar mit folgender Begründung:

„Da die Autonutzung nicht ausgeschlossen werden kann und nur teilweise durch den öffentlichen Verkehr abgedeckt werden kann, ist der Bau eines Parkplatzes bei der Talstation unabdingbar – für den Betrieb der Seilbahn und zugunsten der Parkplatzsituation der Einwohner von Tiers“.

Darüber hinaus ist es fraglich, warum die Landesregierung so viel Geld für die Verkehrsberuhigung am Nigerpass ausgibt und nicht dort in die Verkehrsregelung investiert, wo sie wirklich benötigt wird, nämlich auf den Karer-, Sella-, Grödner- und Langkofel- Passstraßen.

Die unterzeichnenden Verbände bringen ihre tiefe Enttäuschung über die Entscheidung der Landesregierung zum Ausdruck, 11,3 Mio. Euro an öffentlichen Mitteln für private Einzelinteressen zu vergeben. Ressourcen, die für Dienstleistungen verwendet werden könnten, die der Gemeinschaft wirklich zugute kommen, wie z.B. Investitionen in die Gesundheitsversorgung. Wir appellieren auch an diejenigen, die diese Empörung teilen, sich dieser Kritik am Vorgehen der Landesregierung anzuschließen, damit sie ihre Entscheidung zugunsten einer weltweit einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft, für die wir auch gegenüber künftigen Generationen verantwortlich sind, überdenkt.“

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (20)

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  • stanislaus

    Und für die Aufwertung der Gehälter von rund 10000 PflegerInnen in ganz Südtirol stellt man +- den selben Betrag zur Verfügung…. Armes Südtirol, schämen sie sich Frau Deeg

  • hoi_du

    … i sog lei : „Weg mit der Bahn, braucht koan Mensch, und der Tourismus werds a ohne der Bahn überlebn“
    wenn epas mit öffentlichen Geldern unter dem Deckmantel des öffentlichen Interesses gebaut werd, sollte zimindest der Nutzen (öffentliches Interesse) der ansässigen Bevölkerung erkennbar sein … geplanter zusätzlicher Verkehr durch a Ortschaft kann kaum als Nutzen und öffentliches Interesse für die Bevölkerung gewertet werden …

  • waldhexe

    Aber für den Ausbau von Krankenbetten hat man kein Geld.

  • heinz

    Wie konnte die Tierser Bevölkerung nur zulassen, dass ihr ein so abscheulicher Bau vor die Nase gesetzt wird? Damit wurde ein Tal, das als einziges im Umkreis auf sanften Tourismus, auf Wanderer und Bergsteiger, auf Natur- und Ruheliebhaber gesetzt hatte, gewaltsam in Richtung Massentourismus bewegt.
    Im Gegenzug hatten es die Villnösser sehr wohl verstanden, eine Bahn von St. Magdalena auf die Seceda abzulehnen, die primär den Grödnern zugute gekommen wäre, wie auch diese Bahn nur im Interesse eines Eggentaler Großinvestoren ist.
    Weshalb hat der Tierser Bürgermeister im Unterschied zu seinem Villnösser Amtskollegen nicht auch diesen frevelhaften, vollkommen unnötigen und alles andere als nachhaltigen Protzbau verhindert?

  • perikles

    Das ist ja wie im Kommunismus, eine derart hohe Landesbeteiligung; als Steuerzahler gehe ich daher davon aus, dass mein Südtirolpass auch an dieser Seilbahn gilt.

  • ostern

    Unfähige Regierung!
    Nur die Lobbys habeb das sagen.

  • snakeplisskien

    Hier ist ersichtlich zu welchem Prozentsatz Aufstiegsanlagen gefördert werden können:

    https://www.provinz.bz.it/tourismus-mobilitaet/mobilitaet/service/aktuelles.asp?news_action=4&news_article_id=602389

    Die gegenständliche müsste somit als „öffentlicher Transportdienst“ klassifiziert worden sein, um eine solche Förderung zu erhalten. Eine so hohe Förderung würde sonst auch eine Wettbewerbsverzerrung laut EU-Recht darstellen.

  • hallihallo

    darf ich fragen: wo sind die langkofelpaßstraßen?

  • andreas

    Auch wenn ich für die Bahn und die Köllnerhütte bin, was kostet der Spaß aber?
    Meines Wissens die Köllnerhütte mit PPP Modell 25 Millionen und nun die Bahn 11,3 Millionen.
    Da scheint Eisath einen guten Drsht zu jemanden zu haben.

    • treter

      @andreas
      Dieser Herr Eisath hätte weiterhin im Skiweltcup starten sollen anstatt die Landschaft am Rosengarten zu verschandeln!!
      Und wo bleibt der Wiederstand in Welschnofen und Tiers? Haben denn die Leute keine Schneid mehr?! Anders ist das nicht zu erklären….

  • franz19

    Man kann sich für unsere Politiker langsam schämen, die Altersheime kämpfen mit Personalmangel und würden dringend eine Erhöhung der Gehälter brauchen damit das Personal bleibt und vielleicht jemand nachkommt, aber dafür gibt es ja kein Geld Frau Deeg und mit einer Sitzung gibt’s 11 Millionen für einen Lift..
    Aber Frau Deeg und CO. Schämt ihr euch nicht…
    Wir haben mehr als 700 leere Betten in den Altersheime die viel öffentliches Geld kosten und ihr checkt es noch nicht…dann geht’s doch heim anstatt öffentliche Gelder zu kassieren für diese Misswirtschaft!!

  • exodus

    Und lustig werden die Finanzierungen bei der Vigiljocher-Seilbahn fortgeführt. Ist das auch notwendig?…….

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