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Dohnal vs. Bond

„Die Dohnal“

Selbstverständlich könnte ich hier über den neuen Bond-Film schreiben. 007 verlässt uns aber nicht so schnell. Ich widme mich lieber einer, die nur kurz bleiben darf, Johanna Dohnal. 

von Renate Mumelter

Eile ist geboten, denn vorerst ist Sabine Derflingers Dokumentarfilm „Die Dohnal“ nur am Samstag und Sonntag um 14.15 Uhr im Filmclub zu sehen. 

Hoffentlich regnet’s und hoffentlich kommt der Film noch einmal günstiger ins Programm. „Die Dohnal“ ist nämlich sehenswert, und inhaltlich ist der Film Pflicht. Pflicht zumindest für all diejenigen, die vor einer Woche am Frauenmarsch teilgenommen haben. „Die Dohnal“ macht nämlich Mut. 

Johanna Dohnal (1939-2010) war die erste Feministin in einer europäischen Regierung. 1989 hatte sie Kreisky zur Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen ernannt, 1990 wurde aus dem Staatssekretariat das Frauenministerium. 

Die unerschrockene SPÖ-Politikerin konnte in Bereichen wie Gewaltschutz, Gleichbehandlung, Frauenförderung, Ehe- und Familienrecht einiges durchsetzen. 1995 musste Sinowatzs Nachfolger Vranitzky seine Regierung umbilden, und Johanna Dohnal wurde entlassen. Haiders FPÖ hatte sich breit gemacht, für eine Dohnal war da kein Platz mehr. 

Angefangen hatte Johanna Dohnal mit Basisarbeit. 1978 war sie Mitbegründerin des Vereins „Soziale Hilfen für gefährdete Frauen und Kinder“, der das erste Wiener Frauenhaus schuf. Sie selbst war Mutter zweier Kinder und viele Jahre lang verheiratet. Später lebte sie mit ihrer Partnerin zusammen.  Sobald dies möglich war, ließen die zwei Frauen ihre Partnerschaft legalisieren. Trotzdem bekam Dohnals Frau nach deren frühem Tod keine Hinterbliebenenrente.

Sabine Derflinger

Regisseurin Derflinger erinnert sich noch daran, dass Johanna Dohnal zu ihrem ersten Film „Vollgas“ ins Kino gekommen war. Darin erzählt Derflinger die Geschichte einer Alleinerzieherin in prekären Arbeitsverhältnissen. „Vollgas“ war übrigens 2001 auch bei den Bozner Filmtagen zu sehen. Johanna Dohnal war eine Kinoliebhaberin. Für die Viennale nahm sie sich immer frei. 

Seit „Vollgas“ hat Sabine Derflinger viel gearbeitet, auch fürs Fernsehen, führte Regie in Serien wie  „Vorstadtweiber“, „Tatort“, „Die Füchsin“ zum Beispiel.

Der Film

„Wir bleiben weiter lästig“ sagt Johanna Dohnal in einem der vielen Filmdokumente, die Sabine Derflinger für das Porträt der Politikerin verwenden konnte, und „Ich glaube, dass man auch dem Mann die Chance auf eine Familie und auf ein Familienleben geben soll“, sagte sie auch. 

Die Erzählung beginnt mit Dohnals Entlassung als Ministerin – einem der bittersten Momente in ihrem Leben. 

Johanna Dohnal war eine sehr klare, sehr überzeugte immer auch gelassene Gesprächspartnerin. Gegen Anfeindungen hatte sie sich – notgedrungen – ein dickes Fell umgelegt. 

Von ihr gibt es in den Archiven – wie von allen politisch Tätigen – viel Bildmaterial. Deshalb ist sie immer wieder in Aktion zu sehen, interessante Mediendokumente. Es gibt Geprächsrunden, bei denen die Teilnehmerînnen alle rauchen, sich zuhören oder auch nicht. 

Sabine Derflinger bittet auch Menschen vor die Kamera, die Johanna Dohnal im Leben nahe waren, und daraus entsteht ein vielseitiges Bild.

„Die Dohnal“ ist kein Actionfilm, dafür ist 007 da, aber es ist ein Film, der zeigt, wie Beharrlichkeit auch ohne große Action vieles in Bewegung setzen kann. Das ist natürlich mühsamer als zu ballern. 

Ihrem Film wünscht Sabine Derflinger eins: „Das Wichtigste dabei ist mir, dass der Film etwas eröffnet, was nach dem Film ist“. 

Siehe auch: https://www.austrianfilms.com/interview/sabine_derflinge/die_dohnal_DE

„À bout de souffle“ (1960) von Jean Luc Godard gehört inzwischen zur Filmgeschichte. Auch dieser Film durcheilt den Filmclub wie ein Komet. Jean Paul Belmondo und Jean Seberg kommen nur am 6. und 7. Oktober vorbei.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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