„ … sie wissen nicht, was sie tun“
Eine Gastwirtin aus Feldthurns, Lidwina Baur, schreibt sich in einem Offenen Brief an die Landesregierung ihren Lockdown-Frust von der Seele.
Ab Montag geht Südtirol in den nächsten Lockdown.
Für drei Wochen. Das bedeutet auch für die Beherbergungsbetriebe im Lande: Nix geht mehr!
Unzählige Wut- und Bittbriefe, Protestschreiben und persönliche Brief haben die TAGESZEITUNG in den vergangenen Tagen erreicht: Gastwirte, Unternehmer, Barbetreiber, Ladenbesitzer – sie alle schildern, welche konkreten Auswirkungen die Corona-Schutzmaßnahmen für sie persönlich und für ihre Mitarbeiter haben. Und sie schreiben sich ihren Frust von der Seele.
TAGESZEITUNG Online veröffentlicht nun stellvertretend für die vielen Briefe das Schreiben der Schoberhof-Wirtin aus Feldthurns, Lidwina Baur.
Lesen Sie selbst:
„Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,
Sehr geehrte Landesräte und Landtagsabgeordnete,
Sehr geehrte Damen und Herrn,
auch wenn Sie diese Mail nicht lesen, werde ich Ihnen trotzdem schreiben und mir endlich meinen „Knopf“, welchen ich seit einem Jahr im „Magen“ habe, von der Seele schreiben.
Denkt ihr eigentlich einmal beim Erlassen der Einschränkungen auch an alle Eure Mitmenschen oder nur an Euch SELBST!!!!
Denn ich selbst führe den Betrieb meiner Eltern, in Ehren und mit ca. 16 Stunden Arbeit täglich, seit über 25 Jahren weiter!
Finden Sie es richtig, dass ein solcher Betrieb wegen Ihren lächerlichen Dekreten in den Ruin getrieben wird?
Ich habe bis heute von Seiten der Autonomen Provinz keinen Euro bekommen, da ich ja anscheinden ZUVIELE Mitarbeiter habe.
Frage: denken Sie meine Mitarbeiter brauchen keinen Lohn??? Ich habe diesen seit Monaten von meinen eigenen Ersparnissen vorgestreckt.
Sie bekommen ja auch alle, und das OHNE ABZUG, Ihren gesamten Lohn am Ende des Monats, auch wenn mancheiner sich fragt: warum oder wo für?
Sie schlafen sicher gut aber viele von uns schlafen Nächte lang nicht mehr, weil wir nicht wissen, wie wir unsere Schulden und Mitarbeiter bezahlen sollen.
Ich bin es Leid, nicht zu wissen, was ich täglich bestellen oder einkaufen muss, weil man ja nie weiß welcher neuer Blödsinn Euch in der Landesregierung in der Nacht grad einfällt.
Jedes Eurer Dekrete kommt immer am Wochenende raus, sodass man am Freitag noch nicht weiß, was man am Montag tun darf oder nicht!!
Aber fangen mir mal ganz von vorne an:
Im Mai beschließt die Autonome Provinz Bozen, auf einmal, Ihren eigenen Weg zu gehen, also wir dürfen eine Woche früher, am 18.05.20 öffnen, mit der Auflage von 2mt Abstand zwischen den Personen und wir im Gastgewerbe mit FFP2-Masken.
Eine Woche später, am 25.05.20 öffnet der Rest von Italien mit 1mt Abstand und mit chirugischen Masken…… und hat das irgend jemanden im Gastgewerbe in Südtirol etwas gebracht?? Außer Spesen nichts gewesen !
Im Sommer durfen wir arbeiten, natürlich unter Einhaltung aller Vorschriften.
Im November müssen wir wieder zusperren und werden wir dann alle zum freiwilligen Massentest verpflichtet, wer nicht teilnimmt, wird von der Arbeit suspendiert (wurden auch alle Landesangestellten vom Dienst supendiert, welche sich nicht testen liesen?)
Es wird uns hoch und heilig versprochen, dass dann alle wieder aufsperren dürfen……….aber nur vom 03.12.20 bis 23.12.20
Plötzlich hieß es, Weihnachten und Neujahr wieder alles zusperren, diesmal aber von Rom aus angeordnet, denn es gibt ja nur Geld für die Autonome Provinz Bozen, wenn ihr befolgt, was Rom anordnet!
Wo ist jetzt die Autonomie?? Die gibt es nur, wenn es Euch da drinnen gerade mal passt!!
Endlich am 07.01. dürfen wir wieder aufsperren………..aber wie lange??? 30.01.21
Bis 15.02.21 laut Dekret vom 28.01.21(veröffentlich Freitag 29.01.)
Und schon wieder haben wir im Gastgewerbe die Arschkarte gezogen, denn heute, 05.02.21 heißt es schon wieder, Lockdown für 3 Wochen, also für uns schon wieder 1 Monat!!!!!!!!!!!
Habt ihr vielleicht mal daran gedacht, was es heißt einen Betrieb zu führen und zu organisieren, dass alle Mitarbeiter eine Arbeit haben und man am nächsten Tag weiß ob man den Arbeitern auf den Baustellen und den Fernfahrern noch etwas zum Essen geben darf??
Denn ich weiß das heute(Freitag 05.02.21) noch nicht, was ich am Montag noch tun darf.
Und noch etwas:
Denk Ihr auch mal an, all die Fernfahrer, die Tag täglich von Nord nach Süd fahren, damit wir alle etwas zu Essen und viele Fabriken und Handwerker noch Arbeit haben, ohne WC, ohne Dusche und ohne warmes Essen, wenigstens 1mal am Tag. Vielleicht solltet Ihr Mal die Rolle tauschen!!!!!!!!
Zu guter Letzt muss mir mal einer die Statistik erklären? Im November testet Südtirol ca. 370.000 Personen mit knapp 1% positiven Ergebnis. Einige Tage später gibt es schon wieder über 3000 getestete und 500 Positive!! Wo kommen die alle her??
Meine Meinung ist, dass die schlampige Arbeit in der Statistik auch mit unter ein Grund ist weshalb wir unsere Beriebe wieder schließen müssen.
Zum Abschluss nur noch eins, und das steht in der Bibel:
Lukas 23:34
Herr vergib Ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun!!!
Hochachtungsvoll
Baur Lidwina“
Kommentare (106)
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