Du befindest dich hier: Home » News » „Das nächste Hochwasser kommt“

„Das nächste Hochwasser kommt“

Foto: Landesfeuerwehrverband

Keine neuen Mauern, sondern mehr Platz für unsere Flüsse: Das fordert der Dachverband für Natur- und Umweltschutz nach den Unwettern.

Am vergangenen Wochenende war die Hochwassersituation gleich an mehreren Stellen durchaus kritisch.

Vergleichsweise wenig passiert ist vor allem dort, wo die Gewässer ausreichend Platz haben, schreiben Klauspeter Dissinger und Andreas Riedl vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz.

„Da sich solche extremen Ereignisse auch aufgrund des Klimawandels zukünftig häufen werden, müssen wir den Gewässern wieder mehr Platz einräumen. Damit wird nicht nur das Hochwasserrisiko gebannt, sondern auch der Biodiversität in den Tallagen auf die Sprünge geholfen.“

In der Aussendung heißt es weiter:

Die Starkregen-Ereignisse des letzten Wochenendes samt der flächendeckenden Hochwassersituationen sind – Gottseidank – noch einmal vergleichsweise glimpflich ausgegangen. Dabei hat sich klar gezeigt, das Hochwasserrisiko ist überall dort hoch, wo die Gewässer in der Vergangenheit zu stark eingeengt worden sind. Immer neue bauliche Maßnahmen, Dämme, Mauern und Verbauungen sind dabei das falsche Mittel der Wahl. Nicht nur, weil man irgendwann technisch und finanziell an die Grenzen stoßen wird, was Bau und Instandhaltung dieser Infrastrukturen anbelangt. Sondern auch weil mit punktuellen Verbauungen das Hochwasserrisiko lediglich an den Unterlieger weitergereicht wird, wo sich die Situation noch zusätzlich verschärft. Damit löst man keine Hochwasserprobleme, sondern perfektioniert – mit immensem Aufwand – das Problem.

Klauspeter Dissinger

Es deutet alles darauf hin, dass das Hochwasserproblem in Zukunft noch verschärft wird. Durch die reale Klimakrise werden extreme Wetterphänomene auch bei uns häufiger und sie nehmen an Intensität zu.

Daher ist der einzig sinnvolle Weg zur Reduzierung des Hochwasserrisikos, den Gewässern endlich wieder den Platz einzuräumen, den sie brauchen. Dafür gibt es auch in Südtirol mittlerweile einige gute Beispiele, wie die Aufweitungen an der Ahr sowie an der Rienz von St. Sigmund flussabwärts. Diese Aufweitungen haben sich auch am vergangenen Wochenende im Sinne des Hochwasserschutzes bewährt, wie Vertreter der Zivilschutzorganisationen in den Medien bestätigt haben.

Über den Hochwasserschutz hinaus bringen solche Ausweitungen noch weitere Vorteile mit sich. Auwälder, der natürliche gewässerbegleitende Lebensraum in den Talsohlen, sind jener Landschaftstyp, welcher in den letzten 100 Jahren am stärksten zurückgedrängt wurde. Dabei zeigen die Roten Listen der Tiere und Pflanzen, dass vor allem Arten, die auf Feucht- und Gewässerlebensräume angewiesen sind, besonders stark bedroht sind. Daher sind mit dem jeweiligen Gewässer dynamisch verbundene Aufweitungen auch wichtige und dringend notwendige Maßnahmen in Sinne des Erhalts und der Förderung der Artenvielfalt.

Mehr Platz, mehr Hochwasserschutz, mehr Artenvielfalt – eine Win-Win-Situation für Mensch und Umwelt. Daher muss zügig, engagiert und ehrlich in Richtung dieser Win-Win-Situation gearbeitet werden. Enttäuschende Erfahrungen wie beim Etschdialog in Vinschgau, wo die geforderten innovativen Lösungen im Hochwasserschutz unter Einbezug der Unterlieger im Nachhinein leider einseitig durch die Landwirtschaft gekippt wurden, darf es nicht mehr geben. Denn eines ist ganz sicher: Das nächste Hochwasser kommt bestimmt.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • rumer

    Bautätigkeit einschränken und für jeden, aber auch wirklich jeden Quadratmeter, der zubetoniert oder geteert wird, Steuern verlangen. In anderen Ländern gibt es eine solche Steuer schon.

  • sepp

    herr dissinger nett lei gscheide reden taten müssen folgen

    • treter

      Bin ganz ihrer Meinung Sepp! Herr Dissinger schmeißt mit Wörtern wie „Win-Win- Situation und „McDonaldisierung“ letzthin nur so um sich! Beim Handeln schaut es dann ganz anders aus….
      In diesem Beitrag meint Dissinger: „Auwälder wurden in den letzten 100 Jahren am stärksten zurückgedrängt und diese Wälder beherbergen am meisten Tiere der Rote-Liste-Arten“.
      Frage Herr Präsident des Dachverbandes: Wieso verteidigen Sie dann nicht den Brixner Auwald bzw. lassen Sie sich mit den Ausgleichsmassnahmen bzw. der Erweiterung der Millander Au hinein in Bauschuttgelände und Pestizidfelder abspeisen?

  • george

    Es gibt inzwischen leider allzuviele Leute bei uns in Südtirol auch unter Naturschutzbeflissenen, die sich blenden lassen und zwischen Naturschutz und Umweltschutz keinen Unterschied sehen oder meinen es sei dasselbe.
    Natur lässt keine Kompromisse zu, wer hier die Grenze überschreitet oder glaubt etwas ein Naturgesetz durch etwas anderes zu ersetzen, kriegt früher oder später die Rechnung dafür. Bei der Umwelt, wenn sie nicht unersetzbaren Lebensgrundlagen und der Aussrottung von Lebewesen und der Zerstörung von natürlichen Lebensressourcen gleichkommt, kann man darüber reden. Aber leider können darin viele nicht unterscheiden oder glauben allein als Mensch oder einzelne Macht darüber verfügen zu können.
    Im Machtkampf um die Vorherrschaft in unserer Umwelt unterliegt der Mensch der Natur und nicht umgekehrt, wenn wir die Naturgesetze nicht respektieren.

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen