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Die Psycho-Schiene

Die Verteidigung von Lukas Oberhauser, dem mutmaßlichen Mörder von Barbara Rauch, hat einen Antrag auf ein Beweissicherungsverfahren mit psychiatrischem Gutachten gestellt. Der einzige Weg zu einer etwaigen Haftreduzierung.

Von Thomas Vikoler

Lukas Oberhauser, der mutmaßliche Mörder der 28-jährigen Barbara Rauch, wird einem psychiatrischen Gutachten unterzogen.

Das steht seit Freitag fest. Voruntersuchungsrichter Andrea Pappalardo hat einen entsprechenden Antrag von Oberhausers Verteidiger Karl Pfeifer angenommen (die TAGESZEITUNG berichtete gestern über den Antrag).

Der Gutachter wird am 16. September am Landesgericht vereidigt. Der Name steht bisher nicht offiziell fest, weil der von Richter Pappalardo ausersehene Psychiater seinen Arbeitgeber, den Südtiroler Sanitätsbetrieb, zuerst um Erlaubnis fragen muss. Es handelt sich um einen leitenden Arzt des Krankenhauses von Bruneck, aller Voraussicht nach um Primar Markus Karl Huber.

Der Gutachter muss folgende zwei Fragen beantworten: War Oberhauser zum Tatzeitpunkt – der Mord ereignete sich am Abend des 10. März im Bordeauxkeller in St. Michael Eppan – zurechnungsfähig, teilweise zurechnungsfähig oder unzurechnungsfähig? Für den Sachverständigen der Verteidigung, der Oberhauser im Bozner Gefängnis besuchte, war er nicht bzw. teilweise zurechnungsfähig.

Die zweite Frage: Ist der 25-jährige Koch aus Vilpian verhandlungsfähig?

Bei der Haftprüfung nach dem Mord – Oberhauser hatte sich bei den Carabinieri von Terlan gestellt – hatte der Tatverdächtige die Aussage verweigert. Sein Verteidiger beschreibt seinen aktuellen Zustand als stabil. Auffallend ist freilich die vergleichsweise apathische Reaktion Oberhausers auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und die Aussicht auf eine lebenslängliche Haftstrafe.

Bei einer gerichtlich festgestellten eingeschränkten Zurechnungsfähigkeit hätte der Tatverdächtige aber immerhin Anspruch auf bis zu einem Drittel Strafnachlass. Ein verkürztes Verfahren – mit einem automatischen Drittel Strafnachlass – ist seit Mai 2019 für Mordfälle nicht mehr erlaubt.

Indes meldet sich der Psychiater zu Wort, der Oberhauser im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Stalkings (mit Barbara Rauch und deren Lebensgefährten als Opfer) auf Initiative der Verteidigung untersucht hatte. Es handelt sich um Rudolf Schöpf, der klarstellt, dass es sich dabei um keine eigentliche Psychotherapie gehandelt habe. Es sei darum gegangen, im Rahmen von mehreren Gesprächen die Einsichtsfähigkeit des Mannes für das Gericht festzustellen.

In meiner Stellungnahme habe ich dem Lukas Oberhauser die Fähigkeit attestiert, sein schädliches Verhalten zu erkennen und zu kritisieren. Ich habe allerdings auch eine „längerfristige psychotherapeutische Begleitung“ vorgeschlagen, welche meines Wissens weder von seinem Verteidiger noch vom Gericht bzw. der Staatsanwaltschaft eingefordert wurde. Eine solche wäre als Bedingung für die Aufhebung des Hausarrestes naheliegend gewesen“, betont Schöpf nun.

Die Gespräche hätten im September/Oktober 2019 stattgefunden.

 

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