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Verärgerte Urlauber

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Abgesagte Reisen wegen der Corona-Pandemie: Wer bekommt sein Geld zurück? Müssen Verbraucher einen Gutschein akzeptieren?

von Eva Maria Gapp

Viele Urlaubsträume sind durch das Coronavirus geplatzt. Flüge wurden annulliert und Pauschalreisen abgesagt. Doch neben durchkreuzten Urlaubsplänen geht es vor allem um viel Geld. Welche Rechte haben Kunden, deren Reise oder Flug storniert wurde? Bekommen sie ihr Geld zurück? Müssen sie einen Reise-Gutschein akzeptieren?

Die TAGESZEITUNG hat bei Monika Nardo, Leiterin der Europäischen Verbraucherzentrale in Bozen, nachgefragt: „Zunächst muss unterschieden werden, ob es sich hier um eine Pauschalreise handelt, lediglich um eine Hotelbuchung oder nur um einen Flug. Für abgesagte Pauschalreisen ist rechtlich die Lage klar: Wenn der Veranstalter eine Reise wegen der Corona-Pandemie absagt, hat der Kunde einen Anspruch darauf, dass ihm der volle Reisepreis zurückgezahlt werden muss.“ So schreibt es die Pauschalreise-Richtlinie vor. Auch bei Flügen bzw. generell bei Transporten innerhalb der EU – also mit Zug, Bus, Flugzeug und Schiff – gibt es EU-Verordnungen. „Auch hier hat der Kunde das Recht auf Rückerstattung der Kosten.“ Laut EU-Recht müssten also Fluglinien und Pauschalreiseveranstalter eigentlich den vollen Preis zurückzahlen, wenn die Reise wegen Covid-19 abgesagt wird. Es gibt die Pflicht zur Rückerstattung des Geldes.

Die Betonung liegt hier aber auf eigentlich. Denn die Realität sieht anders aus, wie Nardo erklärt: „Das große Problem ist, dass Italien ein Notdekret verabschiedet hat, indem drinnen steht, dass bei Annullierung der Reise im Zusammenhang mit Covid-19, der Dienstleister einen Gutschein ausstellen kann.“ Dieser muss dann innerhalb von 12 Monaten eingelöst werden.

Eine kurze Zeit, wenn man bedenkt, dass derzeit noch niemand sagen kann, wie sich die Situation entwickeln wird. Das kritisiert auch Nardo: „Kaum ein anderes Land hat so strenge Vorkehrungen getroffen wie Italien. Frankreich zum Beispiel hat auch Gutscheine eingeführt, aber diese können innerhalb von 18 Monaten eingelöst werden. Am Ende dieser 18 Monate habe ich die Möglichkeit, das Geld anzufordern. In Italien ist das nicht möglich. Wir als Europäisches Verbraucherzentrum sehen die Vorgehensweise von Italien kritisch. Die Rechte der Verbraucher werden damit sehr eingeschränkt.“

Verbraucher haben somit kaum eine Chance, ihr Geld für den bereits gebuchten Urlaub zurückzubekommen. Sie müssen sich quasi mit einem Gutschein zufriedenstellen. Denn der Verbraucher kann nicht entscheiden, ob er lieber einen Gutschein möchte oder doch die Rückerstattung des Geldes: „Diese Wahl steht leider dem Dienstleister zu und nicht dem Reisenden“, sagt Nardo. Die meisten Veranstalter greifen deshalb auf Gutscheine zurück.

Dabei würden so viele Verbraucher eigentlich das Geld brauchen. Das weiß auch Nardo: „Viele haben durch die Krise Teile ihres Einkommens oder gar ihre Jobs verloren. Ihnen wäre am meisten damit geholfen, wenn ihnen das Geld direkt ausgezahlt werden würde.“

Das Argument der Reisebranche lautet hingegen, sie habe keine andere Wahl, als Gutscheine auszustellen. Der Zwang zur Rückzahlung sei ruinös, wenn es wegen der Krise massenweise Stornierungen gebe.

Nardo setzt deshalb auf einen Kompromiss. Sie rät den Verbrauchern, trotz geltenden EU-Rechts Gutscheine zu akzeptieren. „Man muss sich trotz alledem klar darüber sein, dass das Recht auf Rückerstattung nicht mehr viel wert ist, wenn das Unternehmen insolvent ist.“

Gleichzeitig rät sie allen Verbrauchern sich mit dem Reiseunternehmen in Verbindung zu setzen: „Vielleicht ist es möglich den Gutschein an eine andere Person weiterzugeben oder zu verkaufen. Ganz wichtig ist auch, sich bestätigen zu lassen, dass der Gutschein von der Insolvenzversicherung abgedeckt ist.“

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