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„Erhebliche Mängel“

Stefan Zelger, Eva Klotz, Sven Knoll

Mit drastischen Großplakaten kämpft die Süd-Tiroler Freiheit für den Gebrauch der Muttersprache in Krankenhäusern.

von Artur Oberhofer

Ein zugedeckter Verstorbener: Über ihm die Überschrift: „Der Arzt konnte kein Deutsch…“. Unter dem Bildmotiv die Feststellung „Um Patienten zu verstehen und gut zu behandeln, müssen Ärzte in Süd-Tirol Deutsch können!“.

Das Motiv des Plakates mutet drastisch an. „Und genau so soll es sein, denn drastisch ist auch die Situationen in den Südtiroler Krankenhäusern“, so hieß es gestern auf einer Pressekonferenz der Süd-Tiroler Freiheit.

Immer öfter werde das Recht auf Gebrauch der deutschen Muttersprache verwehrt.

„Um Patienten zu verstehen und gut zu behandeln, müssen Ärzte in Südtirol Deutsch können!“. Der Satz bringe es auf den Punkt. Denn die Anamnese sei ein integraler Bestandteil einer adäquaten Behandlung! „Wenn der Arzt den Patienten nicht versteht und umgekehrt, kann es zu gefährlichen Situationen kommen“, so die STF. Gerade der Gesundheitsbereich sei ein sehr sensibler Bereich, in dem man sich in seiner Muttersprache verständigen will. Viele Bürger könnten mit den medizinischen Fachausdrücken ohnehin wenig anfangen, geschweige denn in einer Fremdsprache.

Ausschlaggebend für die Wahl des Motivs war ein konkreter Fall im Südtiroler Gesundheitswesen, bei dem ein Patient falsch behandelt wurde, weil ein rein italienischsprachiger Arzt die deutsche Sprache des Patienten nicht verstand und dieser dem Arzt die Vorerkrankung nicht ausreichend schildern konnte. Dem Patienten wurden daraufhin – laut STF – falsche Medikamente verschrieben, die aufgrund der Vorerkrankung tödlich hätten enden können. „Nur dank der Skepsis des Patienten, der sich vor Einnahme des Medikaments nochmals bei seinem Hausarzt erkundigte, ist es zu verdanken, dass nichts Schlimmeres passiert ist“, so hieß es gestern auf der Pressekonferenz.

Das Plakat richte sich ausdrücklich nicht gegen die italienischsprachigen Ärzte und wolle ihnen auch nicht ihre Qualifikation absprechen, so die STF, die Aktion richte sich gegen das System. Das Motiv sei eine Zuspitzung und Provokation, um auf die erheblichen Mängel im Südtiroler Gesundheitssystem aufmerksam zu machen.

„Von keinem Arzt der Welt kann man erwarten, dass er nach einer 14-Stunden-Schicht auch noch die Kraft und die Zeit findet, eine Sprache zu erlernen. Das System muss vielmehr so gestaltet werden, dass Ärzte während ihrer Dienstzeit regelmäßig professionelle Sprachkurse belegen müssen“, so die Süd-Tiroler Freiheit.

Zudem gäben die Fristverlängerungen zur Erlernung der deutschen Sprache falsche Anreize.

Seit diesem Jahr haben Ärzte nun sechs statt der bisherigen drei Jahre Zeit, die deutsche Sprache zu lernen. „Zugezogene Ärzte, die ihre Anstellung beispielsweise selbst auf Zeit sehen oder vor dem Ruhestand stehen, haben dadurch noch weniger Anreiz die deutsche Sprache zu lernen, wenn sie wissen, dass sie innerhalb der sechs Jahre den Betrieb ohnehin wieder verlassen werden“, so die STF.

Die fast zwei Meter hohen Großplakate sind eine Woche lang an 15 Standorten in Bozen, Meran und Brixen zu sehen. Und die Flächen wurden nicht zufällig gewählt: sie befinden sich in unmittelbarer Nähe zu den Krankenhäusern. „Damit soll die Aufmerksamkeit der direkt betroffenen Bürger auf das wichtige Thema des Gebrauchs der Muttersprache in den Krankenhäusern gelenkt werden“, so die STF.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (33)

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  • leser

    Lieber knoll und un co
    Wie sieht es bei euch aus mit den sprachkenntnissen?
    Es gehört doch zu einer guten bildungskultur mehrere sprachen zu kennen unsere kinder zum beispiel sprechen deutsch italienisch und englisch und haben wenig berührungsängste diese auch zu nutzen
    Oft ist es ein indiz von inkompetenz wenn man der zweiten sprache nicht mächtig ist

  • andreas

    Im Umkehrschluss könnten Italiener dasselbe Plakat machen und wären sogar noch mehr im Recht, da Italienisch eigentlich Voraussetzung ist, um in der Ärztekammer aufgenommen zu werden, was durchaus logisch ist.

    Die Hinterwäldler der STF werden für das friedliche Zusammenleben der Sprachgruppen in Südtirol so langsam zum Problem, da ich z.B. bei jeder ihrer Aktionen von mehreren Italienern angesprochen werde, welche entweder verärgert sind oder fragen, ob wir Deutschsprachigen es alle so sehen.
    Meine Standardantwort ist die, dass ich die deutschen und italienischen Rechten für gleich dumm halte und es wenig Sinn macht, großartig darauf einzugehen.

    Knoll, welcher sich ja anscheinend öfters in Österreich aufhält und offensichtlich wenig Kontakt zu Italienern hat, soll sich doch bitteschön von österreichischen Steuerzahlern für solche dämliche Aktion durchfüttern lassen, die Wahlen haben doch gezeigt, dass ein großer Teil der Bevölkerung diese „Politik“ ablehnt.

  • leser

    Matkp
    Ich gehe schon auf den kern der argumente ein
    Ich bin det meinung die sanität sollte mehrheitlich von leuten die da etwas verstehen geführt werden und das sind nun mal ärzte und diese sollte nicht von juristen winkeladvokaten und politikern dransaliert werden so sehe halt ich das
    Vergleichbar mit der führung eines betriebes da zählt auch die kompetenz des chefs und technikers und nicht due erbsenzähkerei des buchhalters und des wirtschaftsberaters denn dann geht ein betrieb in die hosen
    Denn hier möchte man den knecht zum bauern hieven

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