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Zwei Höhepunkte europäischer Kultur

Kristin Lewis: Die Sopranistin aus Arkansas ist für ihre Interpretationen der Heldinnen von Verdi gerühmt und berühmt.

Ein Ausschnitt aus Wagners „Tristan“, nämlich „Vorspiel und Liebestod“, mit dem Wagner-Sopran Kristin Lewis, und Bruckners Siebte, aufgeführt vom österreichischen Jugendorchester „Junge Philharmonie Wien“ bei den Festspielen Südtirol Toblach.

Wollte man die gesamte Musikgeschichte in 100 großen Werken zusammenfassen, was die BBC einmal unternommen hat, so wären die beiden symphonischen Hits, die am Samstag, den 17. August, bei den Südtiroler Festspielen zur Aufführung kommen, gewiss mit dabei: Ein Ausschnitt aus Wagners „Tristan“, nämlich „Vorspiel und Liebestod“, mit dem Wagner-Sopran Kristin Lewis, und Bruckners Siebte, beide Werke aufgeführt vom österreichischen Jugendorchester „Junge Philharmonie Wien“ unter Michael Lessky. Der Kafka-Freund Max Brod hat den Wagnerschen „Tristan“ sogar als eine der „Vier Säulen der Europäischen Kultur“ bezeichnet, neben der Matthäus-Passion, der Neunten von Beethoven und der Neunten von Mahler. Und Bruckner ist mit seiner Siebten am Höhepunkt seiner Orchesterkunst angelangt, eine der erhabenen „Achttausender“ der symphonischen Musik nach Beethoven.

Das Programm nimmt Bruckner und Wagner in sinnvoller Weise zusammen, weil Ersterer nicht ohne den Zweiten zu denken wäre, gilt doch Bruckner als Vollender der viersätzigen klassischen Symphonie schlechthin. Hans Swarowski, der Lehrer von Abbado und Metha, hat im Unterricht immer wieder die These vertreten, dass „jede richtige Symphonie“ in Wien geschrieben wurde: Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Bruckner.“ Er hat Mahler nicht genannt, der seiner Meinung nach die viersätzige, aus Allegro, Adagio, Scherzo und Finale bestehende Form verlassen hat und hingegen die erzählende offene Form der Symphonie erfunden hat. Anton Bruckner begegnete Wagner1865. Er besuchte ihn in Bayreuth 1873. Dort nahm der mit den Festspielvorbereitungen beschäftigte Meister die Widmung der dritten Sinfonie von Bruckner an, die jedoch 1877 durchfiel. Erst mit der Siebten 1883 schaffte der Meister den Durchbruch. Darin setzte er ausgiebig die tiefen Wagner-Tuben ein und gedachte, in einem Zusatz des breiten Adagios, des am 13. Februar 1883 verstorbenen Wagner. Arthur Nikisch, der als Bratscher Bruckners Dritte kennen und schätzen gelernt hatte, brachte die Siebte mit dem Gewandorchester Leipzig zur Uraufführung: ein kolossaler Erfolg. Anlässlich der Münchner Aufführung durch Hermann Levi widmete Bruckner die Symphonie König Ludwig II.

Das Programm möchte also Verbindungen und Gemeinsamkeiten aufzeigen und gleichzeitig einen der großen Höhepunkte europäischer Kultur aufführen, sind doch Wagner und Bruckner die beiden Janus-Gesichter der Gründerzeit: Wagner germanisch im Mythos gefangen, Bruckner in den barocken Traditionen und katholischen Dogmen, Wagner revolutionär, mit Bakunin sympathisierend, von Schopenhauer und Nietzsche beeinflusst, und Bruckner Obrigkeits-und Kirchen-hörig, voller Schrullen und Komplexe, nur im Symphonischen auf einer monumentalen Linie mit Wagner. Sein Spruch: „In einer Welt voller Schwäche schreibe ich eine starke Musik.“ In der Gründerzeit war alles wuchtig und groß. Richard Wagner hat seinerseits den „Tristan“ „eine einzige große Liebesszene“ genannt.

Die Idee zur Oper entstand aus einer aussichtslosen Beziehung zur verheirateten Mathilde Wesendonck, der Frau seines Gönners Otto Wesendonck. In einem Brief an den Schwiegervater Liszt hat er sein Programm mitgeteilt: „Ich, der ich niemals das große Glück der Liebe erlebt habe, habe beschlossen, diesem schönsten aller menschlichen Träume ein Denkmal zu setzten: Ich habe beschlossen, Tristan und Isolde zu schreiben“. Erkennbar ist darin Schopenhauers pessimistische Weltanschauung, der sein nihilistisches Denken mit der „Erfüllung im Tod“ ergänzte und die Erlösung durch die vollkommene Negation des Lebenswillens zur Maxime erhob. Die Dichtung war am 18.September 1857 fertig gestellt, zwei Jahre später war die Komposition fertig, aber die Oper, die lange als unspielbar galt, 1865 in München uraufgeführt.

ORF-Kultur hat die die „Junge Philharmonie Wien“ als „Österreichs Elite-Nachwuchsorchester“ bezeichnet, ein Jugendorchester, das die österreichischen Jungmusiker im Alter von 17 bis 27 Jahren vereinigt. Das Orchester wurde 1997 von Michael Lessky und namhaften Orchestermusikern österreichischer Berufsorchester zur Förderung des österreichischen Orchesternachwuchses gegründet. Kristin Lewis, Sopran aus Arkansas, ist für ihre Interpretationen der Heldinnen von Verdi gerühmt und berühmt. Im Beijing National Center trat sie mit „Vier Letzten Liedern“ von Richard Strauss unter der Leitung von Maestro Zubin Mehta auf, am Mailänder Teatro Alla Scala mit Gershwins Porgy and Bess, an der Wiener Staatsoper die Amelia in Verdis Un Ballo in Maschera und in der Carnegie Hall von New York City in Mahlers 2. Sinfonie mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta. (H.St.)

Termin: Samstag 17. August um 18.00 Uhr im Mahlerssaal Toblach.

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