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Vergeben und vergessen?

In Natz ist die Pfarrei dem Wunsch einer öffentlichen Pfarrversammlung zu den verschwundenen Geldern nachgekommen. Doch zufrieden sind die Gläubigen immer noch nicht.

von Markus Rufin

Die katholische Kirche steckt in der Krise. Vor allem Missbrauchsfälle sorgen dafür, dass immer mehr Personen an der Institution Kirche zweifeln. In Natz sorgt aber etwas anderes für Ärger.

Zur Erinnerung: Vor rund einem Monat wurde bekannt, dass der Pfarrei rund 101.000 Euro fehlen. Eine Person (in der Gemeinde selbst weiß man mittlerweile, dass es der Messner und Kassier Hubert Harder war) hatte das Geld zweckentfremdet. Bei der Summe handelt es sich teils um Gelder der Pfarrei, teils aber auch um Spendengelder (60.000 Euro).

Bis auf einer kurzen Mitteilung im Pfarrblatt gab es bisher keine offizielle Stellungnahme zum Fall. Aber die Gläubigen in Natz, Elvas und Raas forderten eine umfassende Pfarrversammlung, um Aufklärung zu bekommen.

Diesen Wunsch kam der Pfarrgemeinderat jetzt nach. Am Dienstag gab es die Pfarrversammlung. Das Interesse und die Erwartungshaltung waren groß. Geschätzt 250 Personen kamen, um zu hören, was die Verantwortlichen zum Fall sagen.

Nicht wenige hatten erwartet, dass auch der Täter anwesend sein wird und dieser sich offiziell entschuldigt, einige Gläubige erwarteten auch, dass die Pfarrverwaltung eine Strafanzeige erstatten würde. Dazu kam es aber nicht.

Nach einführenden Worten von Seiten der Pfarrgemeinderatspräsidentin Paula Baumgartner übernahm Pfarrer Christian Breunig das Wort und nahm zu der Finanzgebarung Stellung. Auch der Vermögensverwaltungsrat verteidigte sich. „Die Stimmung war sehr aufgeheizt“, berichtet einer der Anwesenden.

Immer wieder stellten die Bürger fragten, wollten Bestätigung zu den Gerüchten, die im Dorf kursieren. Dass der (ehemalige) Messner das Geld veruntreute, ist im Dorf allgemein bekannt, dennoch wollten einige Bürger eine offizielle Bestätigung von Seiten des Pfarrgemeinderates. Diese gab es aber nicht. „Die Verantwortlichen haben mitgeteilt, dass das Geld am vergangenen Wochenende vollständig zurückgezahlt wurde. Deshalb haben die Verantwortlichen auch den Namen nicht bestätigt“, berichtet ein Teilnehmer der Pfarrversammlung.

Unter der Voraussetzung, dass der Täter das Geld zurückzahlt, wird der Name nicht genannt, so die Verantwortlichen. (Im Dorf wird offen darüber gesprochen, dass der Sohn des Täters die Summe zurückgezahlt habe.) Auch von einer Strafanzeige sah man infolge der Rückzahlung der Summe ab. „Das wurde scharf kritisiert“, so ein Teilnehmer.

Dabei bemühten sich die Verantwortlichen ansonsten, so viel wie möglich mitzuteilen. So wurde aufgezeigt, wie der Täter den Pfarrgemeinderat und den Vermögensverwaltungsrat austricksen konnte. Wie die TAGESZEITUNG berichtetet, habe der Täter dem Vermögensverwaltungsrat falsche Rechnungen vorgelegt und so die Veruntreuung der Gelder vertuscht. Ebenso wurde bekannt, dass bei den Spendengeldern vor allem das Geld aus der Sternsinger-Sammlung nicht überwiesen wurde.

Bei der Pfarrversammlung stellte sich heraus, dass die zuständige Stelle in Bozen fünf Jahre lang keine Gelder aus der Sternsinger-Sammlung erhielt. Allerdings ist eine solche Sammlung nicht verpflichtend, deshalb ging man in Bozen den Unregelmäßigkeiten nicht nach.

Im Laufe der Pfarrversammlung stellte sich außerdem heraus, dass weder Pfarrgemeinderat, noch Vermögensverwaltungsrat die Veruntreuung hätten erkennen können. Lediglich der ehemalige Pfarrer Arthur Schmitt, der Anfang des Jahres zurück nach Deutschland ging, sei in seiner Kontrolltätigkeit zu wenig aufmerksam gewesen. „Er war der einzige, der Zugang zum Konto hatte, vertraute dem Täter aber blind“, berichten die Teilnehmer.

Die Pfarrgemeinderatspräsidentin, die erst seit kurzem Zugang zu den Pfarrei-Konten hat, hatte Unregelmäßigkeiten erkannt und wies Schmitt auf diese hin. Er sei dieser Sache aber nicht ausreichend nachgegangen.

Dem ersten Wunsch der Bevölkerung, eine Pfarrversammlung einzuberufen sind die Verantwortlichen also nachgekommen. In dieser wurden auch viele neue Details bekannt.

Doch die wichtigste Botschaft der Versammlung: Die Pfarrei möchte einen Neustart wagen, nach vorne schauen und die Affäre vergessen machen. Mit der Rückzahlung der Gelder könne man das machen, denn zumindest der finanzielle Schaden sei somit behoben worden, die Gelder könnten ihren eigentlichen Zwecken zugeführt werden. Auch einige Bürger stimmten dem zu, aber manche zeigen sich nach wie vor unzufrieden.

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