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„Almen sind kein Streichelzoo“

Das Innsbrucker „Kuh-Urteil“ hatte auch Südtirol verunsichert. Ziel soll es aber nicht sein, Almwege zu sperren, so LR Arnold Schuler.

Vor einem Monat hatte das sogenannte „Kuh-Urteil“ auch in Südtirol für Aufregung gesorgt. Bauern dachten daran, ihre Almen künftig sperren zu müssen. Ein Horrorszenario für ein Land wie Südtirol, wo der Alpintourismus und auch die Freizeitaktivitäten der heimischen Bevölkerung einen so hohen Stellenwert genießen.

Bewegungsfreiheit bewahren

Von der Bewegungsfreiheit im alpinen Gelände profitieren letztlich alle. Daher sollte sie erhalten bleiben: Darüber waren sich auch alle betroffenen Interessensvertreter einig, die heute auf Einladung von Landesrat Arnold Schuler nach Lösungen suchten, was man der Verunsicherung nach dem Urteil entgegensetzen kann. Anwesend waren Vertreter aus dem Ressort von Landesrat Schuler, des Bauernbundes und der Bauernjugend, des Hoteliers- und Gastwirteverbandes HGV, der IDM, des Landesverbandes der Tourismusorganisationen LTS und der Alpenvereine AVS und CAI. Es war ein konstruktives Gespräch mit viel Übereinstimmung.

Almen sind kein Streichelzoo

Allen ist klar, dass „Almen kein Streichelzoo“ sind, wie HGV-Präsident Manfred Pinzger es formulierte. Auch der AVS weist seine Mitglieder regelmäßig auf die Eigenverantwortung hin, wenn sie sich im alpinen Gelände bewegen. „Das korrekte Verhalten im Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren gehört da selbstredend dazu“, sagte AVS-Präsident Georg Simeoni.

Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler warnte allerdings: „Unsere Gesellschaft bewegt sich leider in eine andere Richtung. Viele Leute ziehen lieber andere zur Verantwortung, obwohl sie selbst unvorsichtig waren oder sich in Gefahr gebracht haben.“ Beispiele von hohen Schadensersatzforderungen gibt es auch in Südtirol.

Eigenverantwortung verankern

Um dem vorzubeugen, wollen die Betroffenen alles tun, um sowohl Südtirols Feriengäste als auch die heimischen Freizeit-Suchenden zu dieser Eigenverantwortung und dem Respekt vor landwirtschaftlichem Grund und bäuerlicher Tätigkeit zu erziehen.

So versprach Schulers Ressortdirektor Klaus Unterweger, sowohl auf staatlicher wie auf Landesebene alle gesetzlichen Möglichkeiten zu prüfen, um die Eigenverantwortung bei der Freizeitaktivität in der Natur zu stärken: „Es wird nicht einfach, aber wir lassen nichts unversucht.“

Aufklären mit Schildern und Broschüren

Einfacher scheint es, die Freizeit-Nutzer in diese Richtung zu erziehen. Geplant ist unter anderem Aufklärungsmaterial: Hinweisschilder an Parkplätzen und stark genutzten Wegen können den Wert der Almen erklären und Verhaltensregeln aufzeigen. Einen „Schilderwald“ will man aber vermeiden. Stattdessen können entsprechende Broschüren in Almschänken, Restaurants und Hotels, Tourismusbüros und Aufstiegsanlagen usw. aufliegen.

Wegehalter und Bauern absichern

Sollte es dennoch zu Schadenersatzforderungen kommen, ist es wichtig, die Wegehalter – allein der AVS hält ehrenamtlich 6000 km Wanderwege instand – und die Bauern abzusichern. Klaus Unterweger erinnerte daran, dass die Situation in Südtirol nicht zur Gänze mit Nordtirol vergleichbar ist. Schon vor mehr als zehn Jahren haben sich Bauernbund und Tourismus auf eine Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung geeinigt, die der LTS flächendeckend im Namen der Wegehalter und Grundbesitzer abschließt. Sowohl der Bauernbund als auch AVS und CAI halten diese Versicherungspolizze weitgehend für wirksam. In einigen Details gibt es noch Nachbesserungsbedarf, die der LTS in die Neu-Verhandlung mit den Versicherungsagenturen einfließen lassen wird.

Kuh-Urteil als Auslöser

Bekanntlich hatte das Landesgericht Innsbruck am 20. Februar einen Bauern von der Pinnisalm in Tirol zu einer Schadensersatzzahlung von fast 500.000 Euro verurteilt. Seine Mutterkuh-Herde hatte eine Frau aus Deutschland und deren Hund attackiert. Die Frau wurde dabei tödlich verletzt.

Danach fürchteten auch Südtiroler Bauern, ihre Almen für Wanderer und andere Freizeitaktivitäten sperren zu müssen, um sich vor ähnlichen Zwischenfällen und Folgeprozessen zu schützen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (16)

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  • paul1

    Nachdem wir auch bald in Südtirol amerikanische Zustände haben, (jeder verklagt jeden, ein Schuldiger muss gefunden werden), würde ich auch den Bauern einmal raten, private Wege aus Protest zu sperren.

  • paul1

    Es müssen die Gesetze geändert werden, ansonsten kann der Bauer seinen Hof zusperren!!

  • bernhart

    Es Geht auch um die Fraktionen welche Almen besitzen,es gibt viele Probleme mit den Radfahrer,Wanderer welche Almflächen verschmutzen und ihren Müll am Wegrand ablegen.
    Es möchte niemand, dass Wege geschlossen werden,aber wenn es so weitergeht werden wir gezwungen,denn Schadensersatzforderungen in X-tausend können wir uns nicht leisten. Ich würde es begrüssen wenn am Ausgangsweg Schilder zur Information angebracht werden,weiters sollte jeder Wanderer sich selbst absichern. Es grüsst ein Fraktionsverwalter

  • paul1

    Viele Radfahrer sind ganz schlimm, fahren durch die Weiden, treten den Zaun nieder um mit dem Rad drüber zu kommen, lassen „Lucken“ offen, und bewegen sich, als gehöre die ganze Welt ihnen!! Auch die Bauern und Grundbesitzer sollen einmal aufwachen und gegen diese Misstände protestieren und einfach die Wege sperren!!

    • ostern

      @paul1
      Gebe dir Recht, Radfahrer sind ein großes Problem.
      Förster(oder Ordnungskräfte) sollten auch bei Feiertagen unterwegs sein und die Vollmacht erteilen“saftige“ Strafen zu geben. Erst wenn die Leute in den Geld-
      beutel greifen müssen kann man sie wachrütteln.

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