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Calculli in Haft

Für Michele Calculli, wegen Tötung von Werner Hofer rechtskräftig verurteilt, öffnen sich (wieder) die Gefängnistore.

Von Thomas Vikoler

Die italienische Strafprozessordnung hält immer wieder Überraschungen bereit. Der Bozner Strafverteidiger Nicola Nettis ist diesbezüglich vor einigen Wochen auf eine – aus seiner Sicht – juristische Goldader gestoßen: Rechtskräftige Urteile zu Straftaten, die teilweise in einem anderen Strafverfahren abgehandelt wurden, und inzwischen verjährt sind, können nachträglich aufgehoben werden.

Diese Bestimmung passt haargenau zum Fall von Nettis’ Mandanten Michele Calculli. Es handelt sich um jenen 44-jährigen Bozner, der von der Staatsanwaltschaft wegen Mordes am Brixner Werner Hofer angeklagt worden war. Calculli hatte seinen Gegner in Liebesdingen am 17. März 2013 am Bozner Kalvarienberg mit einer Eisenstange schwer verletzt und an Ort und Stelle zurückgelassen.

In erster Instanz wurde Calculli im verkürzten Verfahren zu neun Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Das Oberlandesgericht zeigte sich milder und reduzierte die Strafe auf sechs Jahre und zehn Monate. Nachdem die Kassation den Schuldspruch bestätigte, wurde Mitte Oktober ein Haftbefehl gegen Calculli erlassen. Der frühere Bauarbeiter stellte sich und wurde ins Bozner Gefängnis gebracht.

Am Donnerstag öffneten sich für den aus Apulien gebürtigen Mann wieder die Gefängnistore. Das Ergebnis eines erfolgreichen Antrags seines Anwalts an das Oberlandes-Schwurgericht. Zur Haftstrafe wegen Körperverletzung mit Todesfolge, zu der Calculli bereits mehr als ein Jahr in U-Haft abgesessen hatte, waren vom Überwachungsgericht zwei ältere Haftstrafen des Landesgerichts Bari wegen Wirtschaftsdelikten dazugerechnet worden: Eine über sechs Monate Haft, eine über neun Monate Haft. Weil beide Urteile sich zum Teil auf ein- und dieselben Handlungen beziehen, hat das Oberlandesgericht die höhere der beiden Haftstrafen nun wegen Verjährung aus dem Strafkonto Calcullis gestrichen.

Das Gesamtstrafmaß sinkt solcherart unter die Grenze von sechs Jahren, ab der die Haftstrafe – nach einer Bestimmung des „svuota carceri“-Dekrets – auch außerhalb des Gefängnisses abgeleistet werden kann. Im speziellen Fall von Michele Calculli aus Therapie-Gründen. Dazu kann ein Antrag auf Überstellung in den Sozialdienst gestellt werden. Wird dieser angenommen (wovon auszugehen ist), bleibt Calculli – sofern er in den nächsten Jahren keine weiteren Straftat vergeht – von einem weiteren Haftaufenthalt verschont.

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