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Qual der Wahl

Die SVP steht vor einer der schwierigsten Entscheidung ihrer jüngeren Geschichte. Vielen in der Partei graut es vor einer Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Lega von Matteo Salvini. Doch die Alternative mit den Grünen ist nicht viel attraktiver.

von Matthias Kofler

Der ehemalige Senator Karl Zeller brachte es im Interview mit der Tageszeitung auf den Punkt: „Das ist das schwierigste Ergebnis, das die Wähler der Südtiroler Politik je beschert haben. Jede Entscheidung, die der Landeshauptmann und der Obmann jetzt treffen, wird Bauchschmerzen hervorrufen.“ Die große und stolze SVP steckt in einem echten Dilemma: Noch nie tat sich die Edelweißpartei nach einer geschlagenen Landtagswahl so schwer, einen passenden italienischen Koalitionspartner zu finden.

Rein rechnerisch gibt es für Philipp Achammer und Arno Kompatscher nur zwei Varianten, mit denen man eine stabile Regierungsmehrheit bilden und gleichzeitig auch die Vorgaben des Statuts einhalten kann: eine Koalition mit der (auf italienischer Seite stimmenstärksten) Lega oder ein Dreierbündnis mit Grünen und PD. Am Samstagnachmittag laden der LH und der Obmann alle acht im Landtag vertretenen Fraktionen zu Konsultationen in die SVP-Zentrale ein. Jede Delegation hat eine halbe Stunde Zeit, um ihre Anliegen vorzubringen. Ziel der Gespräche ist es herauszufinden, ob die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit bestehen oder nicht.

„Wir hören uns an, welche Themen die im Landtag vertretenen Parteien verfolgen wollen und wo sie ihre Rolle sehen: in der Opposition oder in der Regieung”, sagt der LH. Am Montag wird die Parteileitung über die Ergebnisse informiert. Dann wird entschieden, mit welcher Partei bzw. welchen Parteien Koalitionsverhandlungen geführt werden. „Die Koalitionsgespräche werden dieses Mal viel mehr Zeit in Anspruch nehmen als vor fünf Jahren. Die neue Landesregierung wird frühestens Mitte Januar gewählt“, prophezeit ein Mitglied der Parteileitung.

Die wahrscheinlichste Option ist eine Koalition mit der Lega. Zwar geht noch keiner der 15 SVP-Abgeordneten aus der Deckung, um eigene Präferenzen zur Schau zu stellen (siehe Kasten). Die Arbeitnehmerin Magdalena Amhof schätzt aber, dass derzeit „nur drei bis höchstens fünf“ Abgeordnete eine Mittelinks-Koalition mit Grünen und PD bevorzugen würden – sie selbst mit eingeschlossen. Grund für die ablehnende Haltung gegenüber den Grünen ist deren Einstellung in autonomie- und bildungspolitischen Fragen.

Obmann Achammer scheint eher in Richtung Lega zu tendieren und sich an seinem Freund Sebastian Kurz zu orientieren. Dem österreichischen Jungkanzler ist es gelungen, die rechte FPÖ in der Regierung weitestgehend zu zähmen. Seit sie in Amt und Würden sind, ist von HC Strache und Co. nichts mehr von einem „Öxit“, also einem Austritt Österreichs aus der EU zu hören. Dabei war die EU-Kritik stets das Steckenpferd der FPO. Ähnliches erhoffen sich Achammer und Co. auch im Falle der Lega. Klar ist, dass ein Koalitionsabkommen nur territorialen und keinen „staatsweiten“ Charakter haben soll. Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini, gegen den die SVP im römischen Parlament Opposition betreibt, soll ja die Finger vom Koalitionsvertrag lassen.

Vor allem dem LH, der im Ausland als europäischer „Staatsmann“ gefeiert wird, dürfte es den Magen umdrehen, wenn er daran denkt, plötzlich mit Salvini in einem Boot zu sitzen. Kompatscher kann mit der vulgären, populistischen und ausländerfeindlichen Sprache der Lega-Spitzenexponenten nichts anfangen. Die renommierte „Frankfurter Allgemeine“ hat dem LH jüngst den Titel „Herzenseuropäer“ verliehen, weil er erklärte, dass die Flüchtlingskrise eine „machbare Herausforderung“ sei, und „keineswegs Grund, rechten Populisten hinterherzurennen“. „Es geht hier nicht nur um meine persönliche Glaubwürdigkeit, sondern um die Glaubwürdigkeit der ganzen Partei. Die Überwindung der Brennergrenze und der Nationalstaaten in einem geeinten Europa ist für uns ein Herzensanliegen”, betont der LH.

Die Autonomie, Europa und ein angemessener Politikstil seien die Grundvoraussetzungen, die der künftige Koalitionspartner der SVP zu erfüllen habe. Zudem habe er auch persönliche Grundsätze festgelegt, von denen er nicht abweichen werde. „Mit mir wird es keine europafeindliche Politik geben – und auch keine Politik, mit der man angeblich das heutige Europa ,verbessern’ und eine Rückkehr der Nationalstaaten vorantreiben will, wo Europa nur mehr der Zuckerguss ist”, sagt Kompatscher. Dies sei jedoch nicht als Festlegung auf eine Partei zu verstehen. Vor parteiinterner Kritik an der Koalitionsentscheidung fürchtet sich der LH nicht: „In der Vergangenheit wurde auch schon geschimpft, weil wir eine Koalition mit dem PD gebildet haben. Mich stören aber die Ratschläge von ehemaligen Funkionären der Partei, die uns jetzt Entscheidungen nahelegen, während sie in der Vergangenheit noch die gegenteilige Position vertreten haben”, so Kompatscher.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (48)

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  • leser

    Die ratschläge der abgedroschenen altpoliriker,
    Neben den belehrungen von zeller, der in der alleinherschaft der svp es gewohnt war ohne koallitionsnotwendigkeit zu tun und lassen was er wollte, jetzt ist der erste fall wo sie mit einer koallition müssen und er spricht von harten zeiten
    Jetzt fehkt nur noch, dass die granaten brugger und peterlini aus ihren löchern kriechen, dann steht dem sieg nichts mehr entgegen

    • besserwisser

      Das Rennen ist schon gelaufen, es wird schon um die Legaposten gezankt. Das von der Wirtschafts getriebene pseudo kosmopolitische Geplaudere ist nur blabla.
      Die Chance wirklich anders zu sein, weitblickend der Umwelt und den Menschen zu Liebe zu handeln wird leichtfertig für den Machterhalt vertan. Leider. Die SVP Gründer hätten sich nach nicht in Redewendungen winden müssen. Es gibt Werte die unantastbar sind. Punkt.

    • tiroler

      Warum nicht Köllensberger? Kann mir das einer erklären?? Aus Angst vor der heranreifenden neuen Volkspartei?

  • leser

    Eine grosse gemeinsamkeit der beiden parteien svp und lega gibt es
    Sowohl svp alsauch die lega haben enorme parteischulden, wobei die lega noch einen schritt weiter ist, dass sie nämlich wegen grober unregelmässigkeiten 50 millionen an rückforderungen beschlagnahmt hat
    In dieser richtumg kann sich die svp von der lega viel abschauen und da könnten sie in rom auf zusammenarbeit aufbauen
    Schliesslich liegen die resourcen dafür im politgeplänkel in rom

  • andreas

    Ich denke es gibt Gründe, warum Team Köllensperger die Letzten sind, mit welchen die SVP spricht.
    Üblicherweise sprich man mit denen am Längsten, wo ein größeres Interesse besteht.
    Dazu den PD ins Boot, Ploner tritt zurück, die Italienerin rückt nach und da wären die 2 Italiener.
    Die Italiener wären zwar nicht angemessen vertreten, allen Recht machen geht aber nicht.

    Im Team Köllenspeger sollten sich Leute finden lassen, welche die SVP Linie teilen, die Truppe scheint nicht so homogen zu sein, wie es vielleicht notwendig wäre.

    Liegt aber wohl daran, dass bei solchen „Bewegungen“, sobald sie am Futtertrog sind, die Hirarchie Messias/Fußvolk, nicht mehr funktioniert, siehe Macron oder M5S.
    So wie Köllenspeger M5S und Faistenauer die Freie Liste als Sprungbrett genutzt haben, kann ich mir das auch bei Leuten des Team Köllensperger vorstellen.

    Die „neue Politik“, welche von diesen „nicht Parteien“ propagiert wird, scheint also als Ziel zu haben, über Sprungbretter Macht und einen Platz am Futtertrog zu ergattern und mitzuregieren war ja das erklärte Ziel von Köllensperger.

  • andreas

    @kurtl
    Da du eher schwer von Begriff bist, versuche ich es dir mal zu erklären.
    Grillo und Macron wollten nie eine Partei, da dies wohl zu altbacken klingt, sondern eine Bewegung sein.
    Diese beiden Bewegungen sind aber so aufgebaut, dass es keine klaren Hirarchieebenen gibt, sondern nur den „Führer“ der Bewegung und das austauschbare Fußvolk.
    Macron sind schon 3/4 seiner durchaus fähigen Mannschaft abgehauen, M5S hat nicht viele Fähige und lässt deshalb die Dilettanten weiterwurschteln, welche z.B. alle größeren Bauvorhaben einstellen wollen, obwohl das mehr kosten würde als weiterbauen und die Wirtschaft fördert oder die Abschaffung von Subventionen großer Zeitungen fordern, welche es aber dummerweise seid Jahren schon nicht mehr gibt.

    Wenn dann gerade solche Bewegungen, welche intern die demokratischen Spielregeln größtenteils außer Kraft setzen, von „neuer Politik“ schwadronieren, ist das recht amüsant.
    Kapiert?

  • prof

    Die SVP sollte unbedingt einige die hier Kommentare schreiben zur Regierungsbildung mit einbeziehen. Namen nenne ich keine. Die wissen anscheinend ganz genau mit wem die SVP eine Koalition eingehen müsste,weil sie alle schlauer sind und mehr verstehen als die gewählten Politiker.

  • sepp

    wer isch do der Pfarrer und do kopratorfahlt lei no do Bischof vielleicht der den zwoa Herrn amol klor das sie 2sitze verloren hoben sie moan olm no sie kenn tien wos sie wellen die zeit isch vorbei

  • ostern

    Es überwiegt die QUAL!!
    Die SVP wird wohl von ihrem Ross
    heruntersteigen müssen!

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