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Der Kindergarten-Streit

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Kontroverse Diskussion um die Erhebung der Sprachgruppe im Kindergarten: Im Gemeinderat Bruneck sind die Vertreter der politischen Parteien alles andere als einer Meinung.

von Silke Hinterwaldner

„Ich“, sagt Ursula Steinkasserer Goldwurm, „weiß die Kindergartenpolitik in guten Händen. Bisher hat diese Landesregierung stets gut entschieden, deshalb bin ich überzeugt, dass man auch in Zukunft weiß, was zu tun ist.“

Als Stadträtin ist sie in Bruneck zuständig für die Kindergärten, die in der Sitzung des Gemeinderates vom Mittwoch im Zentrum der Aufmerksamkeit standen. Der Grund: Cornelia Brugger – früher PD, heute unabhängige Gemeinderätin – hatte einen Beschlussantrag eingebracht, der ein Thema aus dem Landtag aufgreift. Dort hatte eine Mehrheit der Abgeordneten im November einen Antrag der Freiheitlichen angenommen, der auf eine Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung der Kinder abzielt. Hintergrund der Debatte ist die Verteilung von Kindern mit Migrationshintergrund auf mehrere Kindergärten. Vor allem in den Städten Bozen und Meran hatte es immer wieder Diskussionen darum gegeben, wie viele Kinder von Zuwanderern aus verschiedenen Ländern in einer Gruppe zusammengenommen werden sollen oder können. Viele Eltern treibt die Frage um: Schadet eine bunt zusammengewürfelte Gruppe der Sprachentwicklung von Kindern mit deutscher oder italienischer Muttersprache?

Es ist wohl kaum Aufgabe der Gemeinderäte in Bruneck auf diese Frage eine wissenschaftliche Antwort zu geben. „Grundsätzlich“, erklärt Bürgermeister Roland Griessmair, „sollten wir die Zeit im Gemeinderat nutzen, um Dinge zu diskutieren, bei denen wir Entscheidungskompetenz haben. Jedes Gremium hat seine Zuständigkeit.“ Deshalb sollte man auch nicht Beschlüsse des Landtages in den Gemeinderat zerren – meint zumindest der Bürgermeister.

Sein Stellvertreter ist da anderer Meinung. „Wir sollten im Gemeinderat nicht davor zurückscheuen“, sagt Renato Stancher, „über gesellschaftlich wichtige Themen zu sprechen. Insofern war es gut und wichtig, dass wir eingehend diskutiert haben.“ Der Vizebürgermeister macht denn auch keinen Hehl daraus, dass er dem Antrag von Cornelia Brugger einiges abgewinnen kann: „Wir leben hier in einer Realität mit drei Sprachen, das sollten wir als Bereicherung sehen. Kinder lernen ohnehin schnell Sprachen, sie haben keine Berührungsängste.“ Eine Sprachgruppenerhebung im Kindergarten hält er für den falschen Weg.

Ausnahmsweise ist er in dieser Hinsicht mit Hanspeter Niederkofler von den Grünen einer Meinung. „Es ist doch sinnlos“, sagt er, „einen Dreijährigen in eine Sprachgruppe zwängen zu wollen. Auch wenn der Antrag aus dem Landtag vorsichtig formuliert ist, bleibt an der Absicht kein Zweifel. Man will die Kinder hin- und herschieben, wie es gerade passend erscheint.“ Aber gerade in Bruneck stößt man dabei schnell an seine Grenzen – ohnehin hat der Hauptort des Pustertales keine großen Schwierigkeiten mit Kindern von Zuwanderern. „Aber den neuen Herausforderung, die sich ergeben, muss man begegnen. Keine Frage“, sagt Niederkofler.

Einer, der gar kein Verständnis hat für den Vorstoß von Cornelia Brugger im Brunecker Gemeinderat hat, ist Bernd Ausserhofer. „Es geht beim Beschluss des Landtages nicht um irgendwelche Maßnahmen“, sagt er, „sondern lediglich um die Erhebung der Muttersprache.“ Er geht davon aus, dass sich Kinder besser inkludieren lassen, wenn man allen dieselben Chancen bieten kann – wohl auch in Bezug auf die Erlernung der Landessprachen. „Auf jeden Fall“, erklärt Ausserhofer, „sollte man auf Grundlage der erhobenen Daten, regulierend eingreifen können.“

Die politischen Positionen innerhalb des Gemeinderates gehen in der Kindergartenfrage weit auseinander. Nach langer Debatte hatte Renato Stancher eine geheime Abstimmung beantragt. Das Ergebnis: acht Ja, sechs Nein und elf Enthaltungen. Damit gilt der Beschlussantrag von Cornelia Brugger als abgelehnt. Die Einbringerin ist aber nicht nur wegen des Ergebnisses enttäuscht, sondern auch wegen der „menschenverachtenden Aussagen einiger Kollegen“.

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