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Die Banken-Vorwürfe

sparkasse andreausLaut Verbraucherzentrale gibt es beim Verkauf der Sparkasse-Aktien „schwerwiegende Unregelmäßigkeiten“. Und bei der Umwandlung der Volksbank in eine AG gebe es wenig Klarheit.

SPARKASSE:

In einem Schreiben, das der kompletten Führungsriege und den Gesellschaftsorganen der Südtiroler Sparkasse übermittelt wurde, hat die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) alle in diesen Monaten ans Licht gekommenen Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Aktienplatzierungen bei den letzten beiden Kapitalerhöhungen aufgezeigt.

In einer Presseaussendung schreibt die VZS:

„Zum einen hat die Sparkasse seit 2008 den Finanzberatungsdienst auf ihren gesamten Privatkundenstock ausgedehnt. Dadurch musste die Bank beim Verkauf von Wertpapieren an ihre Privatkunden die Angemessenheit der einzelnen Transaktionen bewerten. Angemessen heisst in diesem Kontext, dass der Risikograd der Wertpapiere (hoch, mittel-hoch, usw.) mit der Risikoneigung des Anlegers (mittel, mittel-niedrig, usw.) übereinstimmen muss. Ist dies nicht der Fall, so wird den Anlegern empfohlen, die Anlage zu „meiden“. Genau diese Empfehlung wurde vielen Kunden der Sparkasse in Bezug auf den Kauf der bankeigenen Aktien ausgesprochen. Doch kurz nach der Erteilung der Empfehlung wurden die Aktien dennoch an die PrivatkundInnen verkauft, dabei wurde aber das sogenannte „execution only“-Regime angewandt. Das heißt, dass sich die Bank darauf beruft, einen expliziten Auftrag der KundInnen für eine Wertpapiertransaktion „lediglich durchzuführen“.“

Sparkasse_Cassa di Risparmio 2Ein Großteil der Aktionäre, die in der VZS vorstellig wurden, habe angegeben, von diesem Prozedere keine Kenntnis gehabt zu haben. Nach Auffassung der Rechtsexperten verstoße dieses Verhalten der Bank gegen die Auflagen des Consob-Reglements Nr. 16190/2007. „Die Aktionäre haben auch bis zu 70 Prozent des von ihnen investierten Kapitals verloren – das ist nicht der Schutz, den der Art. 47 der Verfassung den SparerInnen zugesteht“, so die VZS.

Sie erklärt weiters:

„Zum zweiten wurde für viele KundInnen exakt anlässlich des Aktienverkaufs ein neues Risikoprofil erstellt, das sich vom vorherigen in Sachen Risikoneigung unterscheidet. Ein Risikoprofil soll jedoch sicherstellen, dass die KundInnen für sie angemessene Wertpapiere kaufen, und nicht geändert werden, um die Risikoneigung dem Risikograd eines Wertpapiers, das die Bank verkaufen möchte, anzupassen.

Dies alles wäre in Einzelfällen nicht so problematisch. Aus den von der VZS untersuchten Unterlagen zu hunderten von Fällen geht jedoch hervor, dass ein solches Vorgehen äußerst weitläufig angewandt wurde, weil so der Aktienverkauf möglich wurde.

Ein dritter Punkt betrifft die Kapitalerhöhung von 2012. Dort wird im Informationsprospekt ein Rating des Niveaus BA1 angegeben. Was jedoch nicht angesprochen wird, ist dass die Rating-Agentur Moody’s die Sparkasse in wenigen Monaten von BAA2 (mittlere Qualität) um 2 Stufen herabgestuft hatte, auf BA1, was einem „spekulativen“ Risikoniveau entspricht. Somit wurde den AnlegerInnen der sich abzeichnende negative Trend nicht aufgezeigt. Auch wurde die Schieflage der Raetia SGR (kontrolliert von der Sparkasse) nicht angesprochen, die sich bereits 2012 negativ auf die Sparkasse auswirkte.“

Von der Sparkassenspitze erhofft man sich in der VZS nun umfassende Antworten auf die angesprochenen problematischen Aspekte und Unregelmäßigkeiten. Sollten solche nicht eintreffen, werde man erwägen, die Rechte der Aktionäre auf allen anderen Ebenen angemessen durchzusetzen.

VOLKSBANK:

In diesen Tagen wenden sich zahlreiche Mitglieder der Südtiroler Volksbank an die Beratungsschalter der VZS, um sich über ein Schreiben zu informieren, das sie von der Volksbank erhalten haben, in dem die Bank die anstehende Versammlung anspricht, die über eine Umwandlung des Instituts in eine Aktiengesellschaft entscheiden wird. Die Adressaten haben große Schwierigkeiten, dem Schreiben zu entnehmen, welche Rechte sie haben und wie sie diese ausüben können.

Worum geht es?

Die Vermögensaktiva der Südtiroler Volksbank haben den Grenzwert von 8 Milliarden Euro überschritten, deshalb muss nun entschieden werden, ob die Bank in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden soll. So sieht es das Gesetz vor, das die Reform der Volksbanken regelt. Eine solche Umwandlung wird auch für die Mitglieder weitreichende Änderungen mit sich bringen: in erster Linie wird man vom Pro-Kopf-Stimmrecht (eine Stimme je Mitglied, unabhängig vom Anzahl der Kapitalquoten, die das einzelne Mitglied besitzt) zum Pro-Aktie-Stimmrecht (Anzahl der Aktien = Anzahl der Stimmen) übergehen. Der Gesetzgeber sieht bei so weitreichenden Änderungen der Gesellschaftsform vor, dass jene Mitglieder, die nicht an der Beschlussfassung für die Umwandlung teilgenommen haben oder sich gegen eine Umwandlung ausgesprochen haben, aus der Gesellschaft austreten können. Ein Mitglied, das austritt, hat Anrecht auf Auszahlung der eigenen Kapitalquote.

volksbankNach geltendem Bankenrecht (Bankeneinheitstext und Durchführungsbestimmungen der Banca d’Italia) kann jedoch der Verwaltungsrat der Bank dieses Rücktrittsrecht beschränken, wenn dies notwendig ist, um das für die Ausübung der Banktätigkeit gesetzlich vorgeschriebene Kapital zu gewährleisten.

Der Verwaltungsrat der Volksbank hat den Rückerstattungswert pro Aktie auf 12,10 Euro festgelegt, was in etwa 60 Prozent des ausgewiesenen Werts der Aktien entspricht. Außerdem hat die Bank auch – laut VZS einigermaßen kryptisch – angekündigt, den Austritt der Mitglieder unter Umständen zu beschränken oder gar ausschließen zu wollen. Die Situation ist laut VZS mehr als nur verwirrend: zum einen teile die Bank mit, die Mitglieder hätten ein Recht auf Austritt, und scheint dieses auch gewährleisten zu wollen – zum anderen stelle sie jedoch klar, dass dieses Recht eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden könnte, „sofern dies notwendig ist”.

Dazu die Verbraucherschützer:

„Das Bankeneinheitsgesetz (TUB, Art. 28 2. Absatz) sieht zwar die Möglichkeit vor, das Austrittsrecht der Mitglieder zu beschränken, aber die Bank kann es nicht vollständig bzw. ohne Zeitgrenzen beschränken, oder die Auszahlung der Aktien des austretenden Mitglieds vollkommen ausschließen – so will es die jüngste Rechtssprechung.

Lehnt die Bank die Rückerstattung ab (oder vertagt sie diese unendlich), schränkt sie de facto das Austrittsrecht der Mitglieder ein. Dies verletzt laut VZS nicht nur die spezifischen Normen des Bankensektors, sondern schränkt auch das Eigentumsrecht (des Mitglieds an den Quoten) ein und widerspricht den Prinzipien zum Schutz des Sparens, beides Rechte, die von der Verfassung geschützt werden. Aus diesem Grund wird die VZS die Entwicklungen in der Angelegenheit mit großer Aufmerksamkeit verfolgen, und die SparerInnen auf allen Ebenen zu schützen suchen.“

Was kann man unternehmen? Die VZS:

„Die Mitglieder der Bank, die die Gelegenheit nutzen möchten, sich durch Austritt von der Bindung an die Gesellschaft zu lösen (die Entscheidung steht jedem frei), können also:

a) sich entschließen, an der Versammlung, welche die Umwandlung der Bank in Aktiengesellschaft beschließt, nicht teilzunehmen;

b) an der Versammlung teilnehmen, und gegen die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft stimmen (es stellt sich hier die Frage, wie man dies nachher beweisen kann, wenn die Abstimmung nicht namentlich erfolgen sollte?);

c) innerhalb von 15 Tagen ab Eintragung des Umwandlungsbeschlusses ins Handelsregister der Bank einen eingeschriebenen Brief zuschicken, mit welchem sie mitteilen, von der Gesellschaft zurückzutreten, jedoch mit dem von der Bank festgelegten Auszahlungspreis der Aktien nicht einverstanden zu sein, und sich jedes weitere Recht vorzubehalten, auch hinsichtlich einer eventuellen Schadenersatzforderung;

d) die weiteren Entwicklungen und Entscheidungen der Bank aufmerksam verfolgen.

Die Verbraucherzentrale stellt ein Musterschreiben für den Austritt der Mitglieder zur Verfügung.

Wer Zweifel in Bezug auf die Platzierung von illiquiden Wertpapieren hat (wurden zum Zeitpunkt alle Vorgaben zum Schutz der SparerInnen laut MiFID eingehalten?), kann sich die Dokumentation zur eigenen Position aushändigen lassen und diese von einem unabhängigen Experten begutachten lassen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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