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„Walsch brauch i net“

20 Prozent der Südtiroler Schüler sind nicht imstande, sich in italienischer Sprache zu verständigen. Dummköpfe, findet Arnold Tribus.

Die Studie der Eurac zur Zweitsprachkompetenz der Südtiroler Schüler ist ein Hammer.

Eine traurige Geschichte, wenn man erfahren muss, dass anno domini 2017 ein Fünftel der deutschen Schüler nicht imstande ist, sich in der Sprache des Staates zu verständigen. Aber es kommt noch ärger. Während bei der Ersterhebung noch 41 Prozent unserer Schüler gute Kenntnisse in der italienischen Sprache hatten, so sind es heute nur noch knapp die Hälfte, 21,7 Prozent.

Wie konnte das geschehen?

Über die Deutschkenntnisse der Italiener wollen wir schweigen, auch da gibt es erschreckende Daten, aber daran haben wir uns ein bisschen gewöhnt, Diskussionen über die mangelnde Kenntnis der zweiten Landesprache waren bisher den Italienern vorbehalten.

Nach dieser Umfrage wird endlich wieder die Frage gestellt, warum die deutschen Schüler so schlecht Italienisch können. Es ist ja nicht lange her, da hatten sich 70 Prozent der befragten Eltern gewünscht, dass die italienische Sprache in den Schulen eine größere Berücksichtigung erfährt. Sie erwarten sich mehr Schüleraustausch und Projekte mit italienischen Schulen.

Auch sollen verschiedene Fächer italienisch unterrichtet werden. Man hatte fast den Eindruck, als wollten die Eltern die heilige Kuh Artikel 19 des Autonomiestatutes schlachten, der vorsieht, dass der Unterricht in den Kindergärten, Grund- und Sekundarschulen in der Muttersprache der Schüler zu erfolgen hat. Nach diesen erschreckenden Daten wird sicherlich auch auf deutscher Seite der Ruf nach Immersion und zweisprachigen Schulen aufkommen, weil man darin des Rätsels Lösung sieht. (Dann werden die deutschen Schüler auch nicht mehr Deutsch können, das ist das Problem, denn das Muttersprachniveau an den deutschen Schulen soll ja auch nicht so hoch sein, sagen mir Deutschlehrer).

Bisher hat die Volkspartei Immersion und gemischte Schulen immer als des Teufels betrachtet, der gute alte Anton Zelger, Silvius Magnago und Alfons Benedikter würden des Nachts Schullandesrat Philipp Achammer erscheinen, er möge nicht dem Sirenengeheul nachgeben und damit die deutsche Schule, seit immer Grundpfeiler der Minderheit und ihrer Identität, ausverkaufen.

Vielleicht wird durch diese erschreckende Umfrage eine neue Debatte über den Wert der Zweisprachigkeit entfacht. Vielleicht erkennen nun Eltern, dass sie auch was tun müssen, damit ihre Kinder die zweite Sprache erlernen. Während Eltern ihre Kinder schon im zarten Alter zum Englischkurs schicken, würde es ihnen nicht einfallen, ihre Kinder in den Italienischkurs zu schicken, ein italienisches Kindermädchen einzustellen, sie in italienische Kinderferien zu schicken, zum Sprachlernen in eine italienische Stadt. Italienisch lernt man nicht allein.

Freilich müssen auch auf politischer Ebene alle Maßnahmen ergriffen werden, damit die Kinder deutscher Zunge wieder verstärkt der italienischen Sprache mächtig werden, damit sie auch Italienisch lernen, endlich, und die Sprache ihrer unmittelbaren Nachbarn nicht einfach überspringen, weil man heute ja Englisch lernt und nicht Italienisch. Man will sich ja der Welt öffnen und mit der Welt kommunizieren, und diese spricht Englisch.

Um der diabolischen Immersion aus dem Wege zu gehen, wird sich nun Landesrat Achammer wortreich alle Varianten ausdenken müssen, die nicht Immersion heißen, aber der Bilinguität förderlich sein können. Freilich ist es töricht, den Landesrat für die mangelnden Italienischkenntnisse verantwortlich zu machen. Viele Ethnodummköpfe glauben, dass die Sprache vom Himmel fällt, aber man muss sie lernen, studieren. Früher sprach jeder Deutsch-Südtiroler Italienisch, nur die Italiener waren stolz auf ihre Monolinguität.

Siamo in Italia.

In der Zwischenzeit sind die Südtiroler dumm geworden wie weiland die Italiener. Siamo in Südtirol. Miar sein Südtiroler. Südtirol isch net Italien. Miar brauchn net walsch reden. Dummköpfe.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (82)

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  • erich

    Von der STF sind wir diese Dummheiten gewohnt, die freiheitlichen sollten sich einmal fragen was das Wort freiheitlich heißt, sicher nicht das Gedankengut in der Mottenkiste. Die SVP fürchtet sich vor dem eigenen Schatten, möchte oft den bayerischen Slogan benutzen „Lederhose und Laptop“, sobald es um konkrete Umsetzung dieser Begriffe geht sind beide wieder vergessen, siehe Sprache und Flughafen.

  • andreas

    Einen Chefredakteur, welcher seine Leser Dummköpfe nennt, gibt es wohl auch nur in Südtirol.
    Man kann zu der Sache stehen wie man will, doch Notwendigkeit besteht gewiss keine, Leute zu beleidigen.

  • criticus

    Es ist traurig, dass unsere Jugend die Notwendigkeit der zweiten Landessprache beiseite schiebt. Englisch mag zwar wichtig sein, aber jede Sprache ist eine Bereicherung! Ich glaube, dass nicht Dummheit sondern Faulheit bzw. Wohlstand eines der Hauptursachen für dieses Verhalten sind. In Englisch sind manche besser dran. Und ist es nicht auch der Umgang mit den Italiener im Land? Sei es Nachbar oder Gast. Ich denke die Ladiner sind mit der italienischen Sprache besser dran.

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