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Vier Entlastungszeugen

Die Verteidiger der drei Angeklagten im Prozess zur mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Gröden beantragen ein bedingtes verkürztes Verfahren. Und rechnet damit, dass das Gericht die Anhörung des Opfers anordnet.

von Thomas Vikoler

Erstmals hat sich einer der drei Angeklagten entschieden, an der Verhandlung vor dem Richtersenat unter Vorsitz von Stefan Tappeiner teilzunehmen. Er sitzt neben seinem Anwalt Federico Fava und hört aufmerksam zu, wie der nächste Schachzug in diesem umkämpften Verfahren angekündigt wird.

Die Verteidiger aller drei Angeklagten beantragen für ihre Mandanten ein bedingtes verkürztes Verfahren. Dies wurde dadurch möglich, indem die Staatsanwaltschaft die Anklage verschärfte: Sie lautet weiter auf Gruppenvergewaltigung einer 23-jährigen finnischen Touristen am 17. Jänner 2023 im Grödental. Hinzugefügt wurde der erschwerende Umstand der verminderten Abwehrfähigkeit des mutmaßlichen Opfers. Dahinter steckt auch das Kalkül, auf die Anhörung von rund hundert Zeugen zu verzichten.

Die Verteidigung stellt folgende Bedingungen: Die Anhörung der drei Angeklagten (sie sprechen gegenüber ihren Anwälten von einvernehmlichem Sex) sowie vier weiterer Zeugen. Es sind dies die Inhaberin des Hotels unterhalb des Panidersattels, in dem die schwerste der drei mutmaßlichen Vergewaltigungen stattgefunden haben soll. Videoaufnahmen vom Eingangsbereich des Hotels sind wichtiges Beweismittel in diesem Verfahren.

In dem Vier-Sterne-Betrieb arbeitete eine Masseurin, die im Zimmer neben dem vermeintlichen Tatort untergebracht war. Sie ist dazu aufgerufen vor Gericht zu schildern, was sie von den Geschehnissen in jener Nacht mitbekam. Als Zeuge benannt ist auch ein enger Verwandter eines der drei aus dem Kosovo stammenden Angeklagten sowie der Security-Mann des Après-Ski-Lokals Luislkeller in Wolkenstein, wo die drei Angeklagten mit der Touristin aus Finnland in Kontakt kamen.

Weiter wollen die Verteidiger eine zehnseitige Expertise eines Sachverständigen in den Prozessakt einbringen. Es handelt sich um eine Stellungnahme eines Gerichtsmediziners zum Protokoll der Untersuchung im Bozner Krankenhaus, der sich die 23-jährige Frau vor ihrer Strafanzeige unterzog.

Es ist davon auszugehen, dass das Gericht auf der nächsten Verhandlung am 17. Juni die Annahme des Antrags auf ein bedingtes verkürztes Verfahren – das den Angeklagten bei einem Schuldspruch jeweils ein Drittel Strafnachlass bringen würde – annimmt.

Offen ist dagegen, ob es die neuerliche Anhörung des mutmaßlichen Opfers verfügt wird. Die Verteidiger haben entschieden, dies in ihrem Antrag nicht zu fordern, um seine Annahme nicht zu gefährden. „Wir sind davon überzeugt, dass das Gericht die Frau wegen der zahlreichen Ungereimtheiten von sich aus als Zeugin aufruft“, sagt Marco Ferretti, Verteidiger eines der drei Angeklagten.

Die in Stockholm lebende Finnin hatte bereits vor einem Jahr am Landesgericht im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens eine umfangreiche Aussage gemacht. Für die Verteidigung konnte sie auf einige Fragen keine Antwort geben. Etwa auf die, warum sie das Hotel unterhalb des Panidersattels händchenhaltend mit einem der Angeklagten betrat und es keineswegs traumatisiert wirkend und auf ihr Handy blickend wieder verließ.

 

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