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„Passsperre ist sinnlos“

Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider setzt sich der Kritik des Dachverbandsobmannes, Josef Oberhofer, zur Wehr. Warum eine Passsperre nicht kommen wird und mit welchen Alternativen gegen den Massentourismus in den Bergen gearbeitet wird.

von Christian Frank

Als erster Bezwinger aller Achttausender und einer der bekanntesten Extrembergsteiger weltweit hat Reinhold Messners Wort auch im beachtlichen Alter von nun beinahe 80 Jahren immer noch Gewicht. Davon zeugt die üppige Medienberichterstattung über Messners jüngste Äußerung bezüglich einer Reglementierung der Dolomitenpässe. Der gebürtige Brixner fordert nämlich ein Ticket zum Passieren der Dolomitenpässe, ganz nach dem Vorbild des kürzlich in Kraft getretenen Fünf-Euro-Tickets für Tagestouristen in Venedig. Damit hat er ein sensibles Thema für Südtirols Massentourismus angeschnitten.

Während, wie TAGESZEITUNG berichtete, der Dachverband für Natur- und Umweltschutz wenig Nutzen in einem solchen Ticket sieht und eine völlige Sperrung der Pässe fordert (wie es auch Messner einige Jahre zuvor tat), sympathisiert Südtirols Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider mit der Idee einer Reglementierung der Dolomitenpässe.

„Es ist mir ganz klar ein wichtiges Anliegen, dass wir ein Rechtsinstrument haben, um verkehrsregelnd bei den Pässen eingreifen zu können“, so der Mobilitätslandesrat. Er sehe durchaus den Nutzen darin und gestehe der Stadtverwaltung Venedig eine „Vorreiterrolle“ zu. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, sei jedoch kein leichtes, so Alfreider: „Es muss klar gesagt werden, dass es mit dem heutigen rechtlichen Rahmen nicht möglich ist, eine Gebühr für den Zugang zu den Dolomiten einzuheben.“ Für derlei Unterfangen bräuchte es, so Alfreider, eine Gesetzesänderung auf staatlicher Ebene.

Hierbei rekapituliert er die rechtliche Grundlage für das eingeführte Venedig-Ticket, welchem auch ein Gesetz aus dem Jahre 2018 vorausging. Es brauche also einiges an Vorarbeit, um ein solches Unterfangen gelingen zu lassen.

Während Alfreider durchaus eine Kontingentierung in Betracht zieht, lehnt er eine komplette Sperre der Dolomitenpässe strikt ab: „Eine Sperre ist komplett sinnlos. Der Verkehr wird dadurch nicht reduziert, sondern lediglich zeitlich verlagert. Solche Sperren hätten desaströse Auswirkungen auf die umliegenden Dörfer. In dem Moment, wo diese Pässe für zwei oder drei Stunden gesperrt sind, bricht in den Tälern ein totales Chaos aus.“

Im Gegensatz zum Dachverband lobt der Mobilitätslandesrat die Zugangsregelung in Prags als eine gelungene Initiative, welche jedoch in dieser Form nicht so einfach auf die Situation der Pässe übernommen werden könne: „Die Situation der Pässe ist viel komplexer, da es sich um Durchzugsstraßen handelt, die Täler, Provinzen und Regionen miteinander verbinden.“

Wenn man beispielsweise auf die Sellaronda blickt, gilt es immerhin, so der Landesrat, mit der Region Veneto, den insgesamt drei Provinzen (Trentino, Südtirol und Belluno) und den vier Gemeinden Absprache zu halten und den Konsens aller beteiligten Institutionen finden.

Man sei sich jedoch bereits einig, dass das grundlegende Ziel sei, den Menschen eine konkrete Alternative zum Auto zu bieten, um den motorisierten Ansturm an die Berge zu dämpfen.

„Wir konnten im Parlament mehrere Bestimmungen abändern“, berichtet Alfreider, fügt jedoch hinzu, dass dies noch nicht ausreiche und es noch „viel mehr“ bräuchte, um Handlungsspielraum für die Lokalkörperschaften zu ermöglichen.

Gerade deshalb sei es umso wichtiger, Alternativen zur Autonutzung zu schaffen und den Verkehr intelligenter zu gestalten, um auch ohne rechtliche Restriktionen bereits Ergebnisse zu erzielen, ergänzt man vonseiten des Ressorts für Infrastruktur und Mobilität.

„Es gilt deshalb auch Projekte anzugehen, die nicht von staatlichen Rechtsänderungen abhängen. Das fängt oft bei den Gemeinden an, welche proaktiv ein Konzept entwickeln und dann von uns unterstützt werden.“ So wird die Zusammenarbeit mit dem Mobilitätszentrum Gröden betont, welche an Strategien zur Milderung des Tourismuseffektes arbeiten. „Es wird dort geplant, den Umstieg auf die Öffis zu potenzieren und zu erleichtern“, so das Ressort. Auch hier gilt es, intelligente Parkleitsysteme zu implementieren, um unnötigen Verkehr bei der Parkplatzsuche zu vermeiden.

Der Mobilitätslandesrat sieht somit in einem sukzessiven, strategischen Vorangehen die Möglichkeit auch ohne rechtliche Grundlagen Veränderungen zu veranlassen, dem Andrang auf den Bergen entgegenzuwirken, sowie Parkplätze zu digitalisieren und gegen Wildparker und Straßenraudis vorzugehen. Parallel werde mit dem Ministerium über Reglementierungen gesprochen.

Durch das nötige digitale Reservieren der Parkplätze könne die Verfügbarkeit im Voraus mitgeteilt werden und überflüssige Fahrten vermieden werden. In diesem Sinne verteidigt Alfreider auch das von seinem Ressort durchgeführte Monitoring, welches vom Dachverbandsobmann Josef Oberhofer als zwecklos diskreditiert wurde: „Das Monitoring ist unser wichtigstes Werkzeug, um Verkehrsflüsse zu verstehen und zu analysieren und bildet damit den ersten wichtigen Schritt zur Steuerung dieser. Zudem haben wir vom Verband noch nie inhaltliche Unterstützung erlebt.“

Alfreider fügt in aller Schärfe hinzu: „Genauso mühsam, wie die Gesetzesänderung, sind die steten und inhaltlich unausgegorenen Vorschläge des Dachverbandes.“

Denn selbst derlei Pläne, welche keine staatliche Gesetzesänderung benötigen, seien komplex, heißt es aus dem Mobilitätsressort: „Es ist wichtig, dass Gemeinden, Parkplatzbetreiber und Touristiker an einem Strang ziehen und somit Bemühungen wie die Digitalisierungssysteme annehmen. Es braucht also einen großen Austausch, indem man die Menschen mitnimmt und nachvollziehbare realistische Entscheidungen trifft.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (13)

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  • laura

    Passsperre find ich gut, Ich würde aber beim Brennerpass anfangen. Im Gardertal und Grödnertal fahren vor allen Turristen über die Pässe die sie selber geholt haben, Das Wipp und Eisacktal sind nur Durchzug auch von den Gästen, die dann ihr Ziel erreicht haben, schon bei tausenden Häusern vorbeigefahren sind und dann ihr Auto stehen lassen sollen, sind die Ladiner so eine bessere Gattung Mensch und die anderen sind nicht so wichtig oder?

  • rumer

    Brennerpass sperren wäre gut, als zweites die Salurner Klause. Und den Eingang zum Landtag mit einer Maut für Landtagsabgeordnete versehen. Viel Geld für Werbung ausgeben und wenn die Touristen kommen, sperren wir alles zu. Irrsinn pur.
    Wenn wir weniger Touristen wollen, müssen wir nur die IDM auflösen.

    • hermannh

      rumer: wenn wir den Brenner sperren, dann kommt Dein Super-Hero, der Sven, nicht mehr rein 🙂

      Leider gehts ohne Turismus nicht, irgendwie leben wir alle (auch die Lehrer und sonstigen Beamten) direkt, oder indirekt über die Steuern, davon.

  • pingoballino1955

    Ich sag es immer wieder,in diesem Sinne: wir bräuchten mehr SVP Befugnisentscheidung seitens Rom? Herr Alfreider warum propagandiert ihr SVP LER.INNEN dann immer unsere“ Superautonomie“ die KEINE IST? Wen wollt ihr verblödeln? Das Südtiroler Volk!!! ????

  • sukram

    Ob das Wort sinnlos hier richtig gewählt wurde? Vielleicht eine unglückliche Kopfübersetzung aus dem Ladinischen 😉

  • dn

    Die Grödner bekommen ein reflexartiges Gesichtszucken, wenn sie Reizwörter wie Overtourism, Passsperre oder Passmaut hören.

  • logo

    Ja klar. Sperren bedeutet: nichts kassieren !
    Und das ist des Südtirolers Hauptasnliegen … kassieren wo immer es geht !

  • schlernhex01

    Passsperre funktioniert doch schon, sobald ein Rad Event stattfindet ist doch auch gesperrt, einfach dauernd was organisieren, da finden sich sicher immer ein paar und schon ist die Straße dauerhaft gesperrt.

  • tirolersepp

    Tagestickets sind die Lösung !!!

    Pragser Wildsee, Pässe im Sommer, Autobahn und vieles mehr – alles lässt sich gut und bequem über Tagestickets kontrollieren !

    Preis und Anzahl – Perfekte Lösung !

    Wird schon noch kommen – wir werden überrannt – es muss sein !!!

  • gerhard

    Die Dummen schreien immer am Lautesten!
    Was wäre Südtirol ohne den Tourismus?
    Hat sich einer dieser Intelligentsbestien je einmal Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn die Touristen wegbleiben?
    Das wäre der Bankrott dieses Herrgottswinkels.

    Und für die besonders Hirnlosen ein Rechenbeispiel:
    Meine Bekannte ist aktuell zwei Wochen in Kemer/Türkei.
    Stahlblauer Himmel, Wasser 20 Grad, Luft 28 Grad.
    Kein Regen, keine kalten Nachttemperaturen.
    Ausgesprochen zuvorkommende Betreuung, All inclusive, Essen vom Bufett in allen Variationen 20 Stunden am Tag. Alle Getränke frei, nur und ausschliesslich freundliche Menschen.
    Pauschalpreis 5 Sterne TUI Hotel 1800 Euro
    Ich bin in Kaltern.
    Wetter letzte Woche dürfte bekannt sein.
    Ich gehe jeden Tag 100 Euro.
    Campingplatz 35 Euro, Kosten für An und Abfahrt 300 Euro, muss mein Bett selber machen usw..Der Wohnwagen ist auch nicht umsonst gewesen.

    Für 1800 Euro klappt das nicht annäherd,
    trotz schlechtem Wetter.

    Aber der Herrgottwinkel Südtirol ist nun einmal unbezahlbar.
    Wer aber rechnen muss, der überlegt sich schon, was er wo für sein Geld bekommt.
    Darüber sollten die ständigen Touristennörgler mal nachdenken.
    Wobei das denen vermutlich eh egal ist.
    Das Geld kommt eh vom Staat und Urlaub ist eh nicht drin.

    Diese lächerliche Neiddebatte ist doch peinlich!

    • ich

      @gerhard. Brenner schließen Blödsinn ohnegleichen. Aber dass man für Geld jede Passstraße offen lassen muss und den Touristen in den a kriechen muss find ich ebenso ein Blödsinn ohne gleichen.

  • gerhard

    Ja, lieber ich, da haben Sie Recht.
    Das muss fürwahr nicht sein.
    Wenn man mit riesengroßen Schneefräsen im Mai Pass-Strassen freiräumt, dann kann man durchaus die Sinnhaftigkeit hinterfragen.
    Und auch Gebühren für Pässe und eine Regelung der Benutzer von Brennerstrassen zu Spitzenzeiten durch höhere Gebühren wirkt reglementierend.
    Wobei es dann auch wieder die Falschen erwischt. Wer das Geld hat, der schert sich nicht und der Einheimische, der zum Arbeiten fahren muss hat die Mehrkosten

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