Du befindest dich hier: Home » Südtirol » Aggressive Pollen

Aggressive Pollen

Schlafmangel, Konzentrationsschwächen, Atemnot. Rund 15 Prozent der Bevölkerung leiden an einer Pollenallergie. Die Symptome sind dabei nicht immer harmlos. Der Primar der Allergologie, Klaus Eisendle, verrät, wie man sich am besten schützen kann.

von Christian Frank

Der Frühling zieht nun seine Bahnen und lässt die Flora in all ihren Farben und Düften erblühen und auch in der Tierwelt die Winterschläfer erwachen. Primeln, Hyazinthen und Tulpen lassen als bekannte Frühblüher wieder Farbe in das Lokalkolorit einkehren. Bienen machen sich emsig an die Bestäubung, und Bäume wie Birken und Eichen kleiden sich in neuem Blattwerk.

Für die meisten Menschen ist die Ablöse des kargen kalten Winters durch das Ersprießen neuen botanischen Lebens eine Wohltat, doch dieses Naturschauspiel birgt auch für viele ein Leidwesen. Grund dafür sind die Pollen, welche für Allergiker einen unsichtbaren Feind darstellen und nun im Frühling ihre Hochsaison haben. Pollen werden von sogenannten höheren Pflanzen abgegeben und dienen zur sexuellen Fortpflanzung.

Mit dem bloßen Auge sind sie kaum ersichtlich, doch machen sich dafür umso mehr für Allergiker bemerkbar. Tränende Augen, unkontrolliertes Niesen und eine triefende Nase sind die bekannten Symptome einer Pollenallergie, doch diese können auch gravierender ausfallen, weiß Klaus Eisendle. Er ist der Primar für Allergologie im Krankenhaus Bozen und Präsident der Landesfachhochschule Claudiana.

„Es ist nicht ganz so harmlos. Neben den üblichen Beschwerden kann es auch zu Schlafmangel und Konzentrationsbeschwerden kommen“, weiß der Primar. Insbesondere Kinder sind von den Folgen dieser Symptome betroffen, „Kindern fällt es infolgedessen umso schwerer, sich im Schulalltag zu konzentrieren.“

Für gewisse Personen kann es jedoch noch gravierendere Folgen haben: „Menschen, welche starke asthmatische Beschwerden haben, können durch eine Pollenallergie auch Atemnot bekommen, oder es können Asthmaanfälle ausgelöst werden, die durchaus problematisch sein können.“

Die Zahl der Pollenallergiker beläuft sich in Italien auf schätzungsweise 15 Prozent der Bevölkerung.

„Wenn man bedenkt, dass insgesamt 25 Prozent der italienischen Bevölkerung Allergiker sind, ist ein 15 Prozent ein sehr hoher Anteil“, gibt Eisendle zu bedenken.

Foto: Edith Bucher

„Früher nannte man es das Heufieber und versuchte, den Pollen in höheren Lagen auszusetzen, da sie dort nicht so stark vorhanden sind“, so der Primar. Doch ihm ist sehr wohl bewusst, dass es sich nicht so einfach gestaltet, den Pollen im Alltag einfach auszuweichen. Deshalb verrät er einige Kniffe, mit denen man die Last der Pollenallergie etwas eindämmen kann.

„Man sollte immer ein Auge auf die Pollenbelastung werfen, da man somit den Pollenflug vorhersagen kann und weiß, wann man es besser meiden sollte, die Fenster zu öffnen. Zudem sollten sportliche Aktivitäten im Freien zu diesen Zeitabschnitten ebenso gemieden werden“, erklärt der Primar.

Nach dem Nachhausekommen sollten zuerst die Kleider gewechselt und eine Dusche genommen werden, um den Reizpartikeln keine Möglichkeit zu geben, sich im Innenraum zu verteilen.

„Die besten Zeiten für Pollenallergiker sind nach einem Regenfall. Für das Lüften würde ich grundsätzlich die Morgen- und Abendstunden empfehlen“, so Eisendle.

Wenn reine Vorbeugung nicht mehr ausreicht, gibt es, wie der Primar berichtet, auch medikamentöse Optionen: „Bei drastischen Fällen ist auch eine Dauertherapie für die Zeit der Hochsaison mit Antihistaminika möglich, welche zu einer Linderung der Allergiesymptome führt. Auch Cortison-Nasensprays kommen zur Verwendung.“

Alberta Stenico

„Sind in einer Hochsaison“

Pollenallergiker haben immer länger zu leiden und werden stetig mehr. Die Amtsdirektorin des Biologischen Labors, Alberta Stenico, erklärt die Hintergründe.

TAGESZEITUNG: Frau Stenico, warum gibt es immer mehr Pollenallergiker?

Alberta Stenico: Es gilt anzumerken, dass die Pollenbelastung sehr stark von den Witterungsverhältnissen abhängig ist. Der Klimawandel bringt mit sich, dass die Bäume und Sträucher länger blühen. Dementsprechend sind die Pollenallergiker dem länger ausgesetzt. Zudem kommen immer neue Pflanzenarten hinzu, welche neue Allergiker hervorbringt.

Inwiefern neue Arten?

Durch den Klimawandel werden immer mehr fremde Arten beziehungsweise Arten angepflanzt, welche in Südtirol bis dato kaum vertreten waren, doch nun adäquate Wachstumsbedingungen geboten bekommen. Hierbei ist der Olivenbaum ein prominentes Beispiel, welche immer häufiger nicht bloß als Zierpflanzen, sondern auch als Kulturpflanzen angepflanzt wird. Es kann also sein, dass jemand, der ausschließlich gegen Olivenbäume allergisch ist während dem Frühling keine Probleme hatte, aber mit zunehmender Anzahl dieser Pflanze nun ebenfalls allergische Beschwerden wahrnimmt.

Befinden wir uns gerade in der Pollenhochsaison?

Momentan ist sicherlich eine Hochsaison. Es blühen gerade allerlei Sträucher. Meine Mitarbeiter analysieren zurzeit täglich tausende Pollen unter dem Mikroskop. Mit der bereits blühenden Hopfenbuche, Ginkgo und insbesondere der Birke ist es gerade sicherlich eine belastende Zeit für Pollenallergiker, besonders in Anbetracht dessen, dass die Birke einer jener Pflanzen ist, gegen welche die meisten Allergiker Reaktionen zeigen.

Wo wird die Pollenbelastung von Ihrem Labor gemessen und wie kann man sich das vorstellen?

Wir messen im urbanen Bereich, also in den Städten. Wir haben beispielsweise im Zentrum von Bozen eine Pollenfalle aufgestellt. Dabei handelt es sich um ein Instrument, das Luft in derselben Menge einsaugt, wie wir im Durchschnitt einatmen. Die Pollen bleiben auf einer Art Klebeband hängen und werden anschließend im Labor auf ihre Beschaffenheit untersucht.

Interview: Christian Frank

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen