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„Das war nicht koscher“

Arno Kompatscher und Marco Galateo

Im Südtiroler Landtag wurde in dieser Woche über das delikate Thema „Südtiroler Freiheitskämpfer“ diskutiert.

Im Landtag wurde in dieser Woche ein Begehrensantrag Nr. 03/24 zur Amnestie für die Südtiroler Freiheitskämpfer diskutiert.

Einbringer des Antrages sind die STF-AbgeordnetenAtz Tammerle, Knoll, Zimmerhofer und Rabensteiner.

Zunächst ergriff Marco Galateo (Fratelli d’Italia) das Wort und erzählte, dass auch seine Familie von den Anschlägen betroffen gewesen sei. Er könne den Antrag nicht unterstützen. Es sei wichtig, auch jener Menschen namentlich zu erinnern, die bei Anschlägen ihr Leben verloren hätten – der Abgeordnete verlas sodann eine Liste der Namen der Getöteten. Die Ereignisse hätten viel Leid ins Land gebracht. Er schlage vor, den Antrag zurückzuziehen und abzuändern, um ihn dann neu zu behandeln, weil die Formulierung darin formal nicht korrekt sei.

Ulli Mair (Freiheitliche) erinnerte an die Ereignisse der Nachkriegszeit in Südtirol. In Kombination mit anderem hätten diese zur heutigen Autonomie geführt. Südtirol sei damals ein Exerzierfeld der Geheimdienste gewesen und es sei einiges vor sich gegangen, das nicht koscher gewesen sei. Sie verwies auch auf die Pusterer Buam, bezüglich deren Aktionen es nun berechtigte Zweifel gebe. Es bedürfe aber eines abgestimmten Vorgehens mit den Betroffenen selbst.

Ulli Mair

Sie verstehe die Kollegen der Süd-Tiroler Freiheit, dass man damit ein Politikum machen wolle, aber sie zweifle an der Richtigkeit des Weges.

Sie wisse zumindest von einem Pusterer Bua, der niemals eine Amnestie beim Staat anfragen würde.

Es stelle sich auch die Frage, wie man mit anderen Personen umgehen wolle. Auch sie sei der Meinung, dass man hier auf diplomatischem Wege vorgehen solle – aber vor allem in Abstimmung mit den Betroffenen.

Das Thema der Begnadigung der Südtiroler Freiheitskämpfer sei ein wiederkehrendes im Landtag, so Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion).

Eine Rückkehr der Freiheitskämpfer wäre ein Akt der Menschlichkeit – das würden wohl viele im Landtag so sehen. Die Frage sei, was man erreichen wolle. Ein Zeichen des Südtiroler Landtags? Dass man es nach all den Jahren auch gut gehen lassen könne? Auch er finde das Instrument des Antrags nicht gut. Die Außenwirkung – wenn der Antrag nicht angenommen werde – sei, dass der Landtag dagegen sei. Auch die Einbringer wüssten, dass dieser Antrag nicht angenommen werden könne.

Es gehe in diesem Antrag um die Menschlichkeit und die Gerechtigkeit, erklärte Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit) – in diesem Sinne hoffe er, dass der Antrag Zustimmung erhalte.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), Mitunterzeichner des Begehrensantrags, erinnerte daran, dass dies auch sein erster Antrag im Landtag im Jahr 2008 gewesen sei, der Antrag sei ein wiederkehrender – eine so sachliche Diskussion wie heute, habe es bisher allerdings noch nie gegeben. Dies sei eine qualitative Weiterentwicklung.

Es gehe um die Frage, ob man es schaffe, dass diese Männer noch lebend heimkehren können – sie seien jetzt Mitte 80. Es habe in der Vergangenheit auch immer geheißen, man solle den diplomatischen Weg beschreiten, aber es sei bisher nichts weitergegangen. Man habe sich beim vorliegenden Antrag aus bestimmten Gründen für den Weg der Amnestie und nicht für das Gnadengesuch entschieden.

Sven Knoll

Jürgen Wirth Anderlan (JWA Wirth Anderlan) erklärte u.a., dass er sich bereits als Landeskommandant für die Begnadigungen der Herren eingesetzt habe. Es habe zu dieser Zeit geheißen, man solle sich ruhig verhalten. Ihm fehle “hier” der Wille; man könnte heute “hier” ein Zeichen für diese über 80-Jährigen setzen.

In seiner Stellungnahme führte LH Arno Kompatscher u.a. den Unterschied zwischen Begnadigung – ein Akt des Staatspräsidenten – und Amnestie – eine Entscheidung des Parlaments – aus. Es habe in den 1960er- und 1970er-Jahren unterschiedliche Gruppen und Situationen gegeben, unterschiedliche Beweggründe und Ansätze, wie man die Aufmerksamkeit erreichen wollte – man könne nicht alles in einen Topf werfen. Deshalb würde eine Amnestie nicht funktionieren. Er habe sich in den vergangenen Jahren in diesem Bereich massiv eingesetzt; diese Arbeitsweise habe Erfolge erzielt.

Der Beschlussantrag aber sei nicht das richtige Mittel.

Es gebe Themenbereiche, in denen Lösungen nicht mit Mehrheitsbeschlüssen bzw. -entscheidungen erreicht werden könnten. Man solle bei diesen Fragen schauen, breiten Konsens zu erhalten. Der Antrag sei inhaltlich oberflächlich formuliert und nicht das richtige Instrument – deshalb gebe es keine Zustimmung.

Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) schlug vor, den beschließenden Teil umzuformulieren – indem das italienische Parlament eingefügt werde und der Landtag “befürworte”.

Sie wolle den Antrag dafür vertagen.

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