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„Brauchen kuane Piefke mehr“

Foto: Fanszene Obermais

Irritationen wegen eines Banners der Fangruppe „curva sud“ beim Pokalspiel des FC Obermais: Ist der Spruch darauf diskriminierend oder nur überspitzt formuliert?

von Karin Gamper

„Meran braucht net a Bürgerwehr, sondern kuane Piefke mehr“.

Dieser Spruch – angebracht auf einem Banner der Fangruppe „curva sud“ des FC Obermais – sorgt seit Tagen für Diskussionen in der Fußballwelt. Das Banner wurde beim Pokalspiel des FC Obermais am Mittwoch vergangener Woche gezeigt. „Nur ganz kurz, vielleicht eine Minute lang“, wie Hannes Schnitzer, der Präsident des Fußballclubs auf Anfrage erklärt. Das hat jedoch gereicht, um im Verein und unter den Fans eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit des Plakats loszutreten.

Den Autoren der Aktion wird von den Kritikern vorgeworfen, Sport und Politik zu vermischen und sich vor den Karren der Antifa-Bewegung spannen zu lassen, die in der „curva sud“ fest verwurzelt ist. „Dieses Banner ist beleidigend und ausgrenzend, dabei kommt es ausgerechnet aus jener linken Ecke, die stets peinlichst genau auf diskriminierende Äußerungen achtet und diese auch immer wieder öffentlich an den Pranger stellt“, sagt ein verärgerter Fan. Es könne nicht sein, dass von den Mitmenschen immer und überall Respekt und Toleranz eingefordert werde, man selbst dann jedoch Narrenfreiheit genießen wolle.

Was sagt der Fußballclub zur Polemik? „Unser Fanclub ist unabhängig und hat in der Vergangenheit oft mit Aktionen von sich reden machen, die ich gut gefunden habe, diesmal war der Text auf dem Banner etwas unglücklich formuliert“, räumt FCO-Präsident Hannes Schnitzer ein. Er habe deshalb bereits Kontakt mit der Gruppe für ein klärendes Gespräch aufgenommen. Der Präsident will das Ganze jedoch auch nicht unnötig aufbauschen. „In zwei Wochen spricht niemand mehr darüber“, so Schnitzer. Außerdem verweist er darauf, dass die Banner-Aktion an eine gezielte Botschaft geknüpft war, die der Fanclub später auf Facebook veröffentlicht hat. „Die „Piefke“ haben damit eigentlich nichts zu tun“, unterstreicht Schnitzer.

Was steht in der Erklärung, die auf der Facebook-Seite „Fanszene Obermais“ publiziert wurde?

Dort heißt es:

 „Vergangene Woche wurde von der Meraner Stadtregierung die geplante Einführung einer Nachbarschaftskontrolle verkündet. Betrachtet man diese oder ähnliche Ideen näher wird klar, dass  unter dem Vorwand der Sicherheit, die Freiheit der Bürger/innen eingeschränkt wird. Es werden Kontrolle, Misstrauen und Denunziantentum geschürt, anstatt auf Sozialisierung und Solidarität zu setzen.

Viel wichtiger wäre es aber, sich zum die wirklichen Probleme und Bedürfnisse der ansässigen Bevölkerung, allen voran der Jugend zu kümmern. Durch den immer mehr wachsenden Massentourismus in der Kurstadt leidet der Großteil der Meraner/innen unter der großen Verkehrs- und Umweltbelastung, maßlos steigenden Immobilienpreisen und der Tatsache, dass sich unsere Stadtverwaltung viel mehr um die Wünsche und Bedürfnisse der zahlungskräftigen Gäste als die der Meraner kümmert. Das hat zur Folge, dass sich vor allem junge Leute in der eigenen Stadt als nicht mehr erwünscht fühlen und ihr oftmals den Rücken kehren.

Wir wollen eine Stadt, die für ihre Bevölkerung da ist und sie nicht gegenseitig aufstachelt. Wir wollen ein Meran, in dem man es sich leisten kann zu leben. Wir wollen mehr Plätze und Räume für Jugendliche und nicht ein Ort der Zweitwohnsitze für reiche Touristen sein.“

Für die Kritiker ist das kein Argument: „Hier werden Kraut und Rüben vermischt“.

Von der Fankurve wollte sich gestern niemand zur Aktion bzw. den Vorwürfen äußern.

Nur das ehemalige aktive Mitglied Thomas Kobler war bereit eine Stellungnahme abzugeben. Der Meraner Kulturarbeiter sagt: „Ich habe mit dem Banner nichts zu tun und war auch nicht darüber informiert, denn ich gehöre schon länger nicht mehr zum aktiven Kreis“. Er sei jedoch beim Spiel anwesend gewesen und habe auch das Banner gesehen. „Ich kann daran nichts Diskriminierendes erkennen, es handelt sich lediglich um eine überspitzte Formulierung – ein Stilmittel, wie es bei solchen Aktionen auf Fußballplätzen häufig vorkommt“, so Kobler. Er habe den Spruch so verstanden, dass Meran nicht noch mehr Massentourismus brauche. „Das heißt aber nicht, dass keine deutschen Gäste hier leben sollen“, unterstreicht Kobler. Außerdem sei die Aktion an eine Botschaft geknüpft gewesen, die in den sozialen Medien erklärt wurde.

Nicht sonderlich begeistert vom Banner zeigte sich gestern hingegen Richard Stampfl, der Ehrenpräsident des FCO.

„Meran lebt vom Tourismus, wir haben unseren Wohlstand darauf aufgebaut“, erklärt er. Die Kurstadt habe eine alte Gästekultur und er könne sich deshalb auch nicht mit dem Inhalt des Banners identifizieren. „Der Fußballplatz ist nicht der richtige Ort für solche Botschaften“, findet Stampfl. Diskriminierung will er der Fankurve jedoch nicht vorwerfen. „Die curva sud ist seit jeher politisch aktiv und gegen Ausgrenzung Das entspricht nicht ihrer Philosophie.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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