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Refugees 1938

Nicholas Winton (Anthony Hopkins) bei sich daheim viele Jahre nach seiner mutigen Aktion

„One life“ mit Anthony Hopkins ist für drei Tage im Kino. „The Holdovers“ bleibt länger. „Rickerl“ ist auch noch da und „Perfect Days“ ebenso.

von Renate Mumelter

In Zeiten, wo die Berührungsängste mit rechts und rechtsradikal rapide schwinden, wo saluti romani salonfähig werden, markige Sprüche gefragt sind, Geflüchtete als lästig gelten und Kriegstote zu beliebig austauschbaren Ziffern in irgendwelchen Nachrichten schrumpfen, werden Filme wie James Hawes‘ „One Life“ grundlegend.

Der Film erzählt von Nicholas Winton, einem jungen Londoner Börsenmakler. Er rettete 1938 gemeinsam mit anderen Freiwilligen Hunderte von Kindern aus der besetzten Tschechoslowakei nach England, und er machte nie ein großes Trara um diese großartige Leistung.

Der Filmclub zeigt „One Life“ (MO, DI, MI) anlässlich des Gedenktages an die Opfer des Nationalsozialismus (der Faschismus sei da gleich mitgedacht).

„One Life“

Der Film spielt auf zwei Zeitebenen, damals und später. Alles beginnt damit, dass sich Nicholas 1938 entscheidet, nicht mit den Freunden zum Skiurlaub zu fahren sondern seine Bekannten in Prag zu besuchen. Die betreuen dort Menschen, die aus Österreich, Deutschland und vor allem aus dem Sudetenland ins (noch) sichere Prag geflohen sind. Der Winter naht, und das Leben wird dort wegen Hunger, Kälte und den nahenden Nazis lebensgefährlich. Als Nicholas das sieht, beschließt er, etwas zu tun, obwohl alles aussichtslos erscheint. Und er zieht es durch, beschafft Visa, Pflegefamilien und Geld. Das alles ohne Handy und ohne Internet. Die ersten Kindertransporte nach England starten. Obwohl wir heute wissen, dass es bis 1939 klappte, bleibt das Zusehen aufwühlend und nervenaufreibend.

1987 treffen wir dann auf den inzwischen alten Nicholas, der sich erinnert. Er wird vom 86-jährigen Anthony Hopkins hinreißend gespielt. Der echte Nicholas Winton wurde übrigens 106 Jahre alt. Erst sehr spät ließ er sich darauf ein, bekannt zu machen, was er und seine Freunde in Prag geleistet hatten.

„One Life“ ist ein Spielfilm, der sich sehr genau an den Fakten orientiert, der deutlich macht, dass der Einsatz für die Nächsten nicht unbedingt hinausposaunt werden muss, ein Film, der mitreißt, berührt und vor allem auch mit Blick auf politische Entwicklungen zu Nachdenkpausen anregt.

„The Holdovers“

das sind diejenigen, die Übrigbleiben. Im konkreten Fall sind es jene, die in den Weihnachtsferien in ihrem College in New England bleiben müssen, weil sie niemanden haben, zu dem sie fahren könnten. Dort werden sie von einem grantigen, zwangsverpflichteten Lehrer (Oscar-Kandidat Paul Giamatti) und der Haushälterin betreut, und daraus ergibt sich eine ganz eigene Dynamik. Der Film ist mehrfach für Oscars nominiert, u.a. als bester Film.

Oscar-Nominierte

gibt es auch sonst noch zu sehen (wobei Oscars nicht immer nur Qualitätskriterien sind). Besonders interessant ist aber Justine Triets „Anatomie eines Falls“ mit Sandra Hüller als Oscar-Kandidatin und insgesamt 5 Nominierungen (zu sehen am Montag in Brixen). Weitere Nominierte, die noch im Kino sind: „Der Junge und der Reiher“, „Poor Things“ oder Wenders‘ „Perfect Days“, der für Japan als bester internationaler Film ins Rennen geht, und nach wie vor einer jener Filme bleibt, die mich besonders beeindruckt haben, gleich gefolgt von „Io capitano“ von Matteo Garrone (auch im Rennen).

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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