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Zwischengas

„Ferrari“ von Michael Mann: Lang, laut, aufdringlich

Im Kino wartet auf uns nicht nur etwas Zwischengas mit einem Driver. Es gibt bessere Filme. Auch bietet dieser Jahreswechsel Gelegenheit für eine Zwischenbilanz meinerseits.

von Renate Mumelter

Die Rubrik Sonntagsfilm schreibe ich schon seit mehr als 16 Jahren, zunächst mit weniger Anschlägen, seit Corona mit mehr und immer als Hommage und freiwillige Spende ans Kino, egal an welches. Kein einziges Mal ist der Sonntagsfilm in all den Jahren ausgefallen, und darauf bin ich sogar ein bisschen stolz. Noch eins halte ich mir in meiner Selbstbelobigung zugute: Ich vermeide Verrisse, wenn’s geht. Es gibt nichts Einfacheres als einen Verriss zu schreiben. Es gibt meist auch nichts Nutzloseres. Mein Ziel ist es, jene Filme schmackhaft zu machen, bei denen es sich lohnt, ins Kino zu gehen. Und davon gibt’s derzeit genug. Jetzt aber zu den Filmen.

Eseleauto

Es ist früher Abend, unter meinem Fenster dudeln nach wie vor weihnachtliche Klänge. Ich komme gerade aus dem Kino. Dort flogen „Eseleautos“. So nannte unser Sohn die roten Ferraris, weil für ihn das Logopferd auf gelbem Grund ein Esel war – warum auch immer.

Michael Manns „Ferrari“ besuchte ich nur aus Pflichtbewusstsein. Mühsam war er und laut, 131 aufdringliche Minuten. Ein Film, der versucht mit Adam Driver (sic!) zu punkten, ein Film, der mit Leichenteilen entlang der Rennstrecke hausieren geht, und dessen beste Szenen durch die Gegend fliegende Rennautos zeigen. Dies und alles andere muss frau/man nicht gesehen haben. Schade um Penelope Cruz, die mehr kann als eine verhärmte, betrogene Ehefrau zu mimen. Aber es gibt auch einen positiven Aspekt: „Ferrari“ erinnerte mich gleich in den ersten Einstellungen an das komplexe Zwischengas. Das war früher zum Herunterschalten nötig, sonst hat’s gekracht, heute heißt eine große Oldtimer-Plattform so.

2x Kaurismäki

Wenn’s im Kino kein Ferrari sein kann, was dann? Ich empfehle weiterhin und mit Nachdruck Kaurismäki. In der bevorstehenden Woche ist er sogar mit zwei Filmen vertreten. „Fallen Leaves“, sein neuer Film, läuft bereits seit Mittwoch. Den habe ich schon am letzten Wochenende über den grünen Klee gelobt. Ich empfehle die OmU-Fassung. Es gibt eh nicht viel Text, Bilder, Farben, Menschen, Einstellungen sprechen für sich.

Am Mittwoch um 20.30h und am Donnerstag um 18h kommt dann „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ aus dem Jahr 1990, einer von Kaurismäkis stärksten Filmen. Ohne viele Worte gelingt es ihm in 70 Minuten ein facettenreiches, berührendes Drama zu erzählen. An beiden Abenden gibt es vorher eine kurze Einführung meinerseits.

Im neuen Jahr

fängt das Kinoleben also fulminant an, nicht nur, weil Ferraris herumfliegen, nicht nur weil Kaurismäki zu sehen ist, sondern auch, weil ab 4. Jänner „Perfect Days“ von Wim Wenders zum dem Italienstart ins Kino kommt. Gesehen habe ich ihn noch nicht, aber es gibt sehr viel Positives darüber zu hören und zu lesen. Gezeigt wird der Wenders-Film in italienischer Synchronfassung. Am 4. und am 8. gibt es ihn in japanischer Originalfassung mit italienischen Untertiteln, was natürlich besser ist.

Auch am Start ist „Maestro“ von und mit Bradley Cooper. Er inszeniert sich als Leonard Bernstein. Ebenfalls um Musik geht es im Dokumentarfilm „Joan Baez – I am a noise“ in englischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln. 

Fazit zum Jahreswechsel: das Kino lebt wieder auf, einerseits das Mainstream-Kino in den Plexen mit dem überall gleichen Standardprogramm, andererseits das Programmkino auf Großstadtniveau  im Filmclub.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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