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Neues Nachtquartier

Nach langem Suchen hat der Verein „housing first bozen EO“ in Bozen einen neuen Standort für dormizil 2 gefunden. Das Haus wird ab Herbst angemietet und bietet im Winter 2023/24 mindestens 25 Obdachlosen ein warmes Bett. 

Die Erleichterung ist Paul Tschigg, Martina Schullian, Christian Anderlan und Erich Innerbichler anzumerken: Die Vorstandsmitglieder des Vereins „housing first bozen EO“ haben seit der Schließung des dormizil in der Rittner Straße 25 Mitte April gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern, mit Freiwilligen und Sympathisant*innen unter Hochdruck nach einer neuen Unterkunft für obdachlose Menschen für den Winter 2023/2024 gesucht.

In der Vintlerstraße 9 in Bozen wurden sie nun fündig: Im Haus mit Erdgeschoss und drei Stockwerken ist Platz für fünf Wohnungen, für einen Empfangs- und einen Aufenthaltsraum. 25 Männer und Frauen können dort untergebracht werden.

dormizil 1 wird ab Herbst umgebaut und steht als Nachtquartier nicht mehr zur Verfügung. Die Zahl der obdachlosen Menschen ist aber unverändert hoch, Politik und Verwaltung schaffen es nicht, passende Einrichtungen für obdachlose Menschen im Zentrum der Stadt zur Verfügung zu stellen. Vorstandsvorsitzender Paul Tschigg erklärt: „In vier Monaten ist November und wird es kalt. Trotz vielfacher Ankündigungen und Versprechen ist es bis heute nicht gelungen, obdachlosen Personen würdevolle und kleine Strukturen inmitten der Stadt zur Verfügung zu stellen, um ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.“ Wenn Menschen ignoriert werden, tut ihnen das am meisten weh, betont Martina Schullian. Obdachlose Menschen bräuchten Chancen. Christian Anderlan betont, dass die Politik nicht weiter Elend verwalten dürfe, indem sie im Winter teure und würdelose Übernachtungshallen am Rand der Stadt anmietet und die Menschen dort eng aneinander hineinpfercht. Dann seien Konflikte vorprogrammiert. „Die Menschen brauchen Zukunft und Sinn“, erklärt Vorstandsmitglied Erich Innerbichler. Unterschiedliche Lebensentwürfe bedürften individueller Angebote.

Südtirol brauche mehr bezahlbaren Wohnraum, mehr Sozialarbeiter:innen, genaue Zahlen zu Obdachlosigkeit und zu verdeckter Wohnungslosigkeit, weniger Vorurteile und mehr Empathie, sind die Vorstandsmitglieder des Vereins „housing first bozen EO“ überzeugt. Einen Todesfall durch Erfrieren wie im vergangenen Winter dürfe es in Südtirol nicht mehr geben. Mostafa Abdelaziz Aboulela aus Nordägypten ist in der Nacht vom 8. auf 9. Dezember 2022 in Bozen Süd erfroren. Er hatte um Unterkunft gebeten und wurde wie weitere 170 obdachlose Menschen auf eine Warteliste gesetzt. Wohnungs- und obdachlose Menschen bräuchten kurze Wege, eine schnelle Aufnahme und einen respektvollen Umgang, erklären auch die übrigen Vereinsmitglieder Magdalena Amonn, Verena von Aufschnaiter, Wolfgang Aumer, Sigrid Bracchetti, Birgit Bragagna Spornberger und Norbert Pescosta. Es sei ein Trugschluss zu glauben, Wohnungs- und Obdachlosigkeit würden verschwinden, wenn betroffenen Menschen der Zugang zu Strukturen im Stadtzentrum verunmöglicht wird. Politik und Verwaltung seien gefordert, langfristige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

Der Verein „housing first bozen EO“ fordert die politisch Verantwortlichen daher auf, mitzuteilen, was für den kommenden Winter geplant ist, ob wieder teure Industriehallen am Rand der Stadt angemietet werden oder endlich kleinstrukturierte Wohneinheiten gesucht und zur Verfügung gestellt werden. Es brauche menschenwürdige Unterkünfte, wo Würde und Privatsphäre garantiert sind. Die Unterkünfte sollten dort sein, wo die Menschen sich aufhalten und nicht am Rand der Stadt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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