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Die neuen Spielregeln


Ausgeklügelte Sitzordnung, mehr Redezeit für die Opposition und diszipliniertere Landesräte: Wie der „neue“ Landtag aussehen soll. 

von Matthias Kofler 

Die Fraktionssprecher im Landtag haben sich nach intensiven und langwierigen Verhandlungen auf eine neue Geschäftsordnung verständigt, die mit Beginn der nächsten Legislaturperiode in Kraft tritt. Die entsprechende Beschlussvorlage wird kommende Woche im Plenum behandelt und umfasst 14 Artikel. Die Tageszeitung zeigt die wichtigsten Neuerungen auf.

Kampf um die Plätze

Bislang galt im Hohen Haus das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Da es keine festgelegte Sitzordnung gab, stritten sich die Abgeordneten in der ersten Sitzung der Legislatur um die besten Plätze an der Sonne. Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit war in den letzten 15 Jahren stets „Sieger“ dieses Wettbewerbs, weil er es schaffte, als erster in den Plenarsaal zu stürmen. Damit ist nun Schluss: Die neue Geschäftsordnung sieht vor, dass sich die meistgewählten Abgeordneten noch vor der ersten Sitzung auf Einberufung des ältesten Mandatars treffen werden, um die Sitzplatzverteilung zu definieren. Bei dieser Sitzung gilt das Einstimmigkeitsprinzip, der Lösung müssen folglich alle anwesenden Mandatare zustimmen. Falls dies nicht gelingt, wird nach Stärke der gewählten Listen vorgegangen und nacheinander gibt jeder Vertreter bzw. jede Vertreterin die Sitzplätze ihrer Gruppierung an.

Schutz vor „Verrätern“

Bislang ist dieses Szenario zwar nie eingetreten, die Opposition will sich aber für den Fall der Fälle rüsten: Laut Geschäftsordnung steht der politischen Minderheit ein Platz im Landtagspräsidium zu. Doch was passiert, wenn ausgerechnet der Abgeordnete, der dort sitzt, die Seiten wechselt und zur Mehrheit überwechselt? Insbesondere bei knappen Verhältnissen im Hohen Haus könnte bei der Regierungskoalition das Interesse wachsen, den einen oder anderen Volksvertreter „einzukaufen“. Auf Antrag von Oppositionsführer Paul Köllensperger wird deshalb festgelegt, dass der oppositionelle Präsidialsekretär, der im Laufe der Legislatur zur Mehrheit wechselt, automatisch sein Amt verliert.

Gestohlene Minuten

In dieser Legislaturperiode gehörten Dringlichkeitssitzungen der Mehrheit zur Tagesordnung. Da sich die Vertreter von SVP und Lega häufig nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen konnten, mussten während der laufenden Sitzungswoche zusätzliche Verhandlungsrunden einberufen werden. Bemerkenswert ist, dass der Streit in der Regel innerhalb der SVP ausgetragen wurde: Bauern gegen Hoteliers, Arbeitnehmer gegen Wirtschaft, Hinterbänkler gegen Landesregierung. Nur in äußerst seltenen Fällen schlugen sich die SVP-Abgeordneten ihre Köpfe mit Vertretern des Koalitionspartners Lega ein. Auf Wunsch der Grünen müssen künftig die Minuten, die die Opposition wegen der Sitzungsunterbrechungen der Mehrheit verliert, am Ende der sogenannten Minderheitenzeit nachgeholt werden.

Transparenz und Plauderzeit

Damit die Bevölkerung das Abstimmungsverhalten der Volksvertreter nachvollziehen kann, wird ab der kommenden Legislaturperiode bei der YouTube-Übertragung der Landtagssitzung der Bildschirm in der Aula sowohl während der Abstimmungen als auch während der Bekanntgabe des Ergebnisses eingeblendet. Darüber hinaus dürfen sich die Abgeordneten über mehr Redezeit freuen: Die Grünen haben erreicht, dass die Einbringer von Gesetzentwürfen 20 Minuten Zeit bekommen, um dem Plenum ihre Vorschläge vorstellen zu können. Drei Minuten wird den Einbringern von Tagesordnungen zugestanden, deren Anträge die Landesregierung bereits gutgeheißen hat. Bislang durften sich die „Glücklichen“ überhaupt nicht zu Wort melden. Gleichzeitig wird die Möglichkeit gestrichen, dass Abgeordnete, die sich zu einem Thema noch nicht zu Wort gemeldet haben, den Abschluss der Generaldebatte beantragen können. „Die bisherige Bestimmung schnitt in die demokratischen Freiheiten ein“, meinen Brigitte Foppa und Co.

Verschlafene Antworten

Die Opposition ärgert sich tierisch darüber, dass viele ihrer Landtagsanfragen nicht zeitgerecht, also binnen 30 Tagen beantwortet werden. Mit der neuen Geschäftsordnung werden die Landesräte zu mehr Disziplin angemahnt: Wer die Fristen nicht einhält, muss dies schriftlich begründen. Die SVP hat der Opposition als Gegenleistung abverlangt, dass Anfragen nicht 1.600 Anschläge überschreiten dürfen. Hintergrund ist ein Vorfall, der sich im April zugetragen hat: Der Freiheitliche Andreas Leiter Reber durfte im Landtag mündlich eine 15 Fragen umfassende Anfrage verlesen. Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer konnte nur auf einen Bruchteil der Fragen antworten, bis ihr Vizepräsident Sepp Noggler das Mikrofon abdrehte, weil die Zeit überschritten war. Landeshauptmann Arno Arno Kompatscher bezeichnete es als „unfair“, dass Abgeordnete alle ihre Fragen verlesen, die Landesräte darauf aber nicht antworten können, insbesondere wenn es um Suggestivfragen gehe.

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