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„Wichtig und richtig“

Die Lehrkräfte der Mittelschule „Adalbert Stifter“ in Bozen stellen sich voll und ganz hinter ihre in die Schlagzeilen geratene Direktorin Lieselotte Niederkofler.

von Artur Oberhofer

Dass sie mit dem Brief vom 6. Februar dieses Jahres fast eine Staatsaffäre auslösen würde, hat Lieselotte Niederkofler vermutlich nicht geahnt. An jenem Februar-Tag teilte sie einer Familie (mit Migrationshintergrund) mit, dass der „Antrag um Überstellung Ihres Kindes an die Mittelschule ,Adalbert Stifter‘ abgelehnt werden“ müsse. Der Grund: die fehlenden Deutschkenntnisse der Familie, wodurch keine Unterstützung bei den Hausaufgaben gewährleistet werden könne.

Nationale Gazzetten malten ein Apartheid-Szenario an die Wand. Die Message: Die bösen Südtiroler, sie sind noch immer die Italienerfresser.

Weil die Kommunikation auf der Achse Stifter-Schule, Schulamt und Bildungsassessorat – um es nobel auszudrücken – nicht lehrbuchmäßig abgelaufen ist, gab es auf italienischer Seite eine Riesenaufschrei.

Die deutsche Schule droht nun sogar zum Wahlkampfthema zu werden, auch weil Landesrat Philipp Achammer mit seinem Spagat – ein bisschen Patriot, aber gleichzeitig will es sich der bereits im Wahlkampfmodus befindliche SVP-Chef nicht mit den Italienern vertun – nicht zur Befriedung der Situation beiträgt.

Eine, die ihre harte Linie weiterfährt (indem sie beispielsweise erklärte, dass an ihrer Schule bei Sprechstunden nur Deutsch gesprochen werde), ist die Leiter des Schulsprengels Gries, Lieselotte Niederkofler.

Mit ihrer harten Linie ist die Direktorin offenbar nicht allein.

Lieselotte Niederkofler bekommt jetzt sogar Unterstützung von ihrer LehrerInnenschaft.

44 Lehrkräfte haben der TAGESZEITUNG eine Stellungnahme zukommen lassen. Der Succus: Ja zu Sprachtests. Und: SchülerInnen, die nicht Deutsch können, seien in einer italienischen Schule besser aufgehoben.

Das schreiben die 44 LehrerInnen:

 In den vergangenen Tagen ist in den Medien viel über die Situation an den deutschsprachigen Schulen in Bozen berichtet worden.

Eine davon ist unsere deutschsprachige Mittelschule, die viele SchülerInnen aus deutsch-, italienisch-, zwei- und auch aus anderssprachigen Familien besuchen. Im Pausenhof und in der Freizeit wird vorwiegend Italienisch gesprochen.

Einerseits beobachten wir mit Freude, wie gemeinsames Lernen in einer bunten Gesellschaft gelingen kann und wie die Vielfalt das Miteinander bereichert.

Andererseits stellen wir fest, dass durch die unterschiedlichen Sprachniveaus ein angemessener deutschsprachiger Unterricht, der den Bedürfnissen aller gerecht wird, kaum mehr möglich ist.

Wir erleben SchülerInnen, die maßlos überfordert sind, weil ihre Deutschkenntnisse nicht ausreichen, um dem Unterricht folgen zu können. Sie müssen die deutsche Sprache erst lernen.

Aufgabe der Schule ist es, die Grundlagen für eine weiterführende Bildung zu vermitteln und nicht allein elementare Sprachkenntnisse.

Erschwerend kommt hinzu, dass diese SchülerInnen nicht von ihren Eltern unterstützt werden können, weil zuhause niemand Deutsch spricht.

Am Ende der Mittelschulzeit beherrschen manche SchülerInnen weder die deutsche noch die italienische Bildungssprache, wodurch sich ihre Bildungschancen verringern.

Auch uns LehrerInnen wird Unmögliches abverlangt: Wir müssen Lehrkraft für Deutsch als Muttersprache, Deutsch als Zweit- und Fremdsprache und Lehrkraftfür Sachfächer sein. So wird es zunehmend schwieriger, den Bildungsauftrag zu erfüllen und alle SchülerInnen bestmöglich zu begleiten.

Zum Wohle des Kindes und der deutschen Schule finden wir es wichtig und richtig, dass unsere Direktorin Beratungsgespräche mit den Eltern und dem Kind führt und mit klaren Worten die Einschreibung in die italienische Schule fordert, falls das Kind kaum Deutsch spricht, aber ausreichend Italienisch beherrscht, um dem Unterricht in der italienischen Schule folgen zu können.

Wir brauchen nicht nur neue Konzepte und zusätzliche Ressourcen, sondern vor allem eine politsche Lösung, die die sprachliche Situation an Bozens Schulen klärt und den Einschreibemodus neu regelt. Wir befürworten einen Spracheingangstest für die Mittelschule: SchülerInnen, die kaum Deutsch sprechen, aber Italienisch beherrschen, sind in der italienischen Schule besser aufgehoben.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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