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Filippos Tickets


Lega-Spitzenexponent Filippo Maturi könnte über eine hochpeinliche Abrechnungsaffäre stürzen. Was er selbst zu den Anschuldigungen sagt – und wie es jetzt im „Carroccio“ brodelt.

Von Matthias Kofler

„Onorevole Tschiuf-Tschiuf“: So lautet der Titel, den die Rete4-Sendung „Fuori dal coro“ und die italienische Tageszeitung „Il Foglio“ dem ehemaligen Kammerabgeordneten Filippo Maturi gewidmet haben. Der Bozner ist einer von insgesamt 38 Ex-Parlamentariern, die nach dem Sturz der Regierung Draghi im vergangenen Sommer und vor der Neuwahl des Parlaments ihre Privilegien voll ausschöpften, um sich Luxus-Tickets für Zugfahrten zu beschaffen, die sie auch nach Ablauf ihres Mandats nutzen konnten.

Der Hintergrund: Alle Abgeordneten haben während ihrer Amtszeit Anspruch auf kostenlose Zugfahrten, um nach Rom und zurück in ihren Wahlkreis zu reisen. Normalerweise werden die Fahrkarten von Fall zu Fall beantragt, und im Zug zeigen die Onorevoli bzw. Senatoren dem Kontrolleur den Fahrkartencode und Ihren Parlamentsausweis. Es besteht aber auch die Möglichkeit, ein sogenanntes „Carnet“ für bis zu 15 Fahrten direkt zu kaufen. Dieses Recht erlischt jedoch in dem Moment, in dem man nicht mehr Mitglied des Parlaments ist.

Laut „Foglio“ wurden im letzten Monat der abgelaufenen Legislatur „Carnets“ im Wert von 50.740,50 Euro verkauft. Zum Vergleich: Im Vormonat betrugen die Ausgaben lediglich 9.631 Euro, im August 10.168 und im Juli 11.979,50 Euro.

Alle Zahlen sind folglich viel höher als die 3.756 Euro, die im März 2022 für „Carnets“ ausgegeben wurden, als die Draghi-Regierung noch voll aktiv war. Da die Tickets nur für sechs Monate gültig sind, steht fest, dass einige Ex-Parlamentarier auch nach ihrem Mandatsende gratis mit dem Zug gefahren sind.
Unter den Beschuldigten befindet sich auch der ehemalige Bozner Lega-Kammerabgeordnete Filippo Maturi, der Zugtickets im Wert von 1.016 Euro gekauft haben soll.
Gegenüber der TAGESZEITUNG erklärt Maturi:

„Es handelt sich um ein Paket von fünf Reisen, das die Kammer jedem ehemaligen Abgeordneten gewährt, um die bürokratischen Aufgaben zu erledigen, die nach der Legislaturperiode in Rom anfallen. Es ist wirklich traurig zu sehen, dass einige ehemalige Kollegen sich einen Vorteil verschafft haben, indem sie mehrere Pakete gebucht haben, was ich natürlich nicht getan habe.“

Während Maturi versucht, seine Weste reinzuwaschen, haben andere Lega-Funktionäre für das Verhalten ihres Kollegen kein Verständnis. Der Neo-Europaparlamentarier Matteo Gazzini schickt zwar voraus, dass er von Natur aus „garantista“ sei und daher gerne eine Bestätigung des Wahrheitsgehalts der Angelegenheit hätte. „Doch sollten sich die Anschuldigungen als wahr herausstellen, ist die Tatsache sehr ernst“, meint Gazzini. Die den Abgeordneten eingeräumte Möglichkeit, kostenlos oder zu ermäßigten Preisen zu reisen, sei keine Vergünstigung, sondern diene dazu, dass sie ihre Pflichten erfüllen und politische Arbeit im Dienste der Bürger leisten können. Sollte ein amtierender Mandatar diese Möglichkeit nutzen, um beispielsweise in den Urlaub zu fahren, würde er laut Gazzini eine Veruntreuung begehen. Für den EU-Parlamentarier wäre ein solches Verhalten „verabscheuungswürdig“, weil es die Politik noch weiter von den Bürgern entfremde. „In Zeiten schwerer Inflation, eines Krieges in der Ukraine, der Energiekrise und allgemeiner sozialer Instabilität sollte die Politik eine Quelle des Vertrauens sein und nicht eine Quelle weiterer Sorgen“, sagt Gazzini. Ersten Erkenntnissen zufolge sei die Lega nur am Rande in diesen Skandal verwickelt. „Sollten sich aber Lega-Funktionäre Privilegien herausgenommen haben, die ihnen nicht zustehen, muss es für diese disziplinarische Konsequenzen geben“, betont der EU-Parlamentarier.

Aus Lega-Kreisen ist zu vernehmen, dass Maturis Ambitionen auf einen Posten in der Sechserkommission und auf die Kandidatenliste für die Landtagswahlen nach dem Ticket-Skandal wohl gestorben sind. Lega-Kommissar Giuliano Vettorato, der als enger Vertrauter des Ex-Onorevole gilt, will zu den Vorkommnissen nicht Stellung nehmen: „Ich weiß von nichts.“

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