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Die Spätzünder

Foto: Dachverband für Soziales

Bei 15 Prozent aller Kinder tritt eine zeitweise Entwicklungsverzögerung auf, ca. 8 Prozent sind von einer dauerhaften Störung betroffen. Nun gründet eine Mutter aus Lana eine Selbsthilfegruppe.

 von Artur Oberhofer

„Meine Schwangerschaft und auch die Geburt verliefen eigentlich ganz normal“, erzählt Verena Niederer. Als das Baby dann auf der Welt war, klappte es mit dem Stillen nicht so leicht. „Als Mama hat man ja so ein Bauchgefühl. Etwas war zwar anders, aber noch nicht wirklich besorgniserregend“, erinnert sich die junge Mutter.

Verena Niederer, 41, aus Lana, hat zwei Kinder, ihre Buben sind 12 und 7 Jahre alt. Der Jüngere geht nun in die 1. Klasse der Grundschule.

Im direkten Vergleich zu ihrem ersten Baby war die Entwicklung bei Tobias um einiges zögerlicher.

Es folgte dann, auf Anraten der Ärzte, ein regelrechter Untersuchungsmarathon – und spezielle Förderungen wie Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie.

Motorisch war das Kind erst nach 20 Monaten so weit, frei zu gehen. „Und Tobias“, so erinnert sich die Mutter, „war noch länger eher wackelig unterwegs.“

Auch beim Sprechen verlief alles langsamer. Mit zwei Jahren sprach Tobias noch kaum Worte, mit drei Jahren kamen dann erste Worte wie „O‐a“, für Oma.

Mit vier Jahren, im Kindergarten, kam dann die Diagnose: allgemeine Entwicklungsverzögerung von ca. zwei Jahren.

Was versteht man unter Entwicklungsverzögerung?

Kinder sind wie wir Erwachsene: verschieden. Dennoch entwickeln sich manche Kinder nicht so wie andere Gleichaltrige, auch wenn man ihnen Zeit gibt.

Sie sind Spätzünder.

Krabbeln, stehen, gehen, spielen, sprechen, herumtoben. Jedes kleine Kind erobert nach und nach die Welt. Doch was, wenn das alles nicht so klappt wie erwartet?

Genau diese Erfahrung hat Verena Niederer gemacht, nachdem bei ihrem Kleinen eine Entwicklungsverzögerung von zwei Jahren festgestellt wurde.

Hauptsache gesund! Alle Eltern wünschen sich für ihre Kinder nichts sehnlicher als eine normale Entwicklung und ein gesundes Leben.

Die ersten Lebensjahre verlaufen jedoch – wie auch der Fall der Verena Niederer belegt – nicht immer so wie geplant: Bei schätzungsweise 15 Prozent aller Kinder tritt eine zeitweise Entwicklungsverzögerung auf, ca. 8 Prozent sind von einer dauerhaften Störung betroffen. Solche Entwicklungsverzögerungen können viele Formen annehmen und unterschiedliche Bereiche wie Motorik, Sprache, soziale Entwicklung, etc. betreffen.

Trotz der Diagnose blieb in der Familie Niederer vieles weiter im Ungewissen. „Es ist ein ständiges Hoffen und Bangen, denn niemand kann verlässliche Prognosen machen“, weiß Verena Niederer.

Die Herausforderung sei, immer wieder neu Antworten zu finden auf die Frage: Wie kann unser Kind trotz aller Schwierigkeiten seinen Weg gehen, seine Talente leben, sein Glück finden? Und wie können wir Eltern es dabei unterstützen? „Damit muss man zurechtkommen“, sagt Verena Niederer, „zudem macht man sich natürlich Gedanken über geeignete Förderungen.“

Der Alltag sei geprägt von Therapien und Gesprächen mit Pädagog/innen und Therapeut/innen. „Und man freut sich riesig über alle Fortschritte, auch über die kleinsten “, so die Mutter von Tobias. Dennoch sei es immer eine Gratwanderung zwischen Fördern, Fordern und Kind sein lassen.

Verena Niederer möchte nun eine Gesprächsgruppe gründen, um sich mit anderen Eltern auszutauschen und um sich gegenseitig zu unterstützen.

„Ich möchte mich nun gerne mit anderen, ebenfalls betroffenen Eltern austauschen. Alle mit Kindern, egal welchen Alters, egal welche Entwicklungsverzögerung oder Beeinträchtigung sind herzlich willkommen. In der Gesprächsgruppe ‚Gemeinsam anders‘ können alle ihre Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig stärken“, so Verena Niederer.

Geplant sind monatliche Treffen in Lana, jeweils am 1. Mittwoch des Monats abends. Die Gruppe startet am Mittwoch, 1. Februar 2023.

Interessierte können sich bei Verena Niederer melden (E-Mail-Adresse: [email protected]).

Die Gründung der Selbsthilfegruppe wird begleitet von der Dienstelle für Selbsthilfegruppen im Dachverband für Soziales und Gesundheit EO (www.selbsthilfe.bz.it).

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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