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„Viel zu teure Hörhilfen“

Gunde Bauhofer und Gabriele Morandell

Seit längerem beschäftigt die Volksanwaltschaft und die Verbraucherzentrale (VZS) das Thema Hörgeräte. Volksanwältin Gabriele Morandell und VZS-Geschäftsführerin Gunde Bauhofer haben sich kürzlich zu diesem Thema ausgetauscht.

Viele Senioren leiden an Hörverlust. Es ist für sie besonders schwierig, den Gesprächspartner zu verstehen. Deshalb benötigen zahlreiche Seniorinnen und Senioren Hörhilfen, um am sozialen Leben aktiv teilzunehmen.

In den allermeisten Fällen ist die Notwendigkeit des Hörgeräts auch medizinisch indiziert. Viele Betroffene staunen dann nicht wenig, wenn sie den Preis des digitalen Hörgeräts erfragen.

Nach Abzug eines Beitrags von 1.000 Euro von Seiten des Gesundheitsdienstes verbleiben den Rentnern circa 5.000 bis 6.000 Euro, die sie für das zeitgemäße Hörgerät zahlen müssen. „Diese Spesen sind einfach viel zu hoch für Senioren, die von ihrer kleinen Rente leben. Viele können es sich nicht leisten oder müssen ihre gesamten Ersparnisse opfern, um die Hörhilfe zu bezahlen“, sagt Volksanwältin Gabriele Morandell. „Es wäre unbedingt notwendig, zusätzliche Hilfen zur Verfügung zu stellen. Ein Hörgerät ist für viele Menschen im höheren Alter wirklich wichtig, um am sozialen Leben teilnehmen zu können.“

Gunde Bauhofer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale (VZS), berichtet, dass viele ältere Menschen über Werbung in ihren Briefkästen von verschiedenen Firmen zu Gratiskontrollen aufgefordert werden. „Die Senioren werden von diesen Firmen angehalten, Verträge zu unterzeichnen, die für sie keineswegs vorteilhaft sind und eine große finanzielle Belastung bedeuten“, sagt Bauhofer.

Volksanwältin Morandell und VZS-Geschäftsführerin Bauhofer haben sich kürzlich zu diesem Thema ausgetauscht und sind sich einig, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht und die Senioren bei der Wahl und der Bezahlung des Hörgeräts besser unterstützt werden müssen.

Der Gesundheitsdienst stellt Hörgeräte nur für Zivil-, Kriegs- und Dienstversehrte kostenlos zur Verfügung, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Der Bezug erfolgt über Medizinproduktehändler und Apotheken, die in speziellen Listen des Landes eingetragen sind.

Bauhofer berichtet auch, dass viele ältere Menschen telefonisch oder durch Anzeigen in Briefkästen kontaktiert werden, um sie zu kostenlosen Hörtests einzuladen. In einigen Fällen sind die Orte, an denen diese Kontrollen durchgeführt werden, bekannte Kliniken im Land oder die Geschäfte selbst. Im Falle der Kliniken wird den Verbrauchern so fast vorgegaukelt, dass die Initiative von der Klinik ausgeht, während diese Firmen in Wirklichkeit einen Raum für diesen Tag „mieten“, um die Kontrollen durchzuführen und möglicherweise Verträge zu unterzeichnen.

Die Person, die das Gehör überprüft, ist bestenfalls ein Hörgeräte-Akustiker. In fast allen Fällen wird dem Kunden am Ende des „Besuchs“ mitgeteilt, dass er ein Hörgerät benötigt. Und er wird ermutigt, einen „Probe“-Vertrag für einen Monat zu unterschreiben, der sich oft als bindend erweist. Außerdem gewöhnt sich der Kunde oft nicht an das Gerät und stellt die Nutzung fast sofort ein und bittet erfolglos darum, vom Vertrag zurücktreten zu dürfen. Wenden sich Verbraucherinnen an die Verbraucherzentrale, rate diese zunächst zu einer Untersuchung durch einen Audiologen des Gesundheitsdienstes, der vom Hausarzt angegeben wird, um sowohl die tatsächliche Notwendigkeit des Tragens eines Hörgeräts als auch die Übereinstimmung des Geräts mit den Bedürfnissen des Verbrauchers festzustellen.

„Wir möchten daran erinnern“, sagt VZS-Geschäftsführerin Bauhofer, „dass es notwendig ist, vor der Unterzeichnung eines solchen Vertrages eine vollständige Untersuchung bei einem Audiologen und eine audiometrische Untersuchung durchzuführen und erst dann ein oder mehrere audiologische Zentren aufzusuchen, um einige auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Angebote einzuholen.“

Außerdem, so Bauhofer abschließend, „möchten wir darauf hinweisen, dass nur bei außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen ein Widerruf innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss per Einschreiben und Rücksendung der Hörgeräte auf eigene Kosten möglich ist, und auch nur dann, wenn diese nicht speziell für diesen Patienten angefertigt wurden“.

Schlechte Nachrichten gibt es auch von der Versicherungsfront:

Nach den Informationen der VZS gibt es kaum Möglichkeiten, sich privat für den Ernstfall zu versichern. Nur zwei Verträge im Bereich der Krankenversicherungen sehen Hörgeräte vor. In einigen Fällen ist die Versorgung mit Hörgeräten eingeschlossen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ein Unfall oder eine Krankheit ein Hörproblem verursacht hat. Daneben es gibt Versicherungen, die an bestimmte Berufsgruppen gebunden sind, die über eine eigene Berufskasse verfügen. Dabei handelt es sich jedoch um Nischenprodukte, und die Mehrheit der Rentner:innen hat keinen Zugang bzw. kein Anrecht.

Abschließend fordern Volksanwaltschaft und Verbraucherzentrale die Bürger auf, vorsichtig zu sein und Verträge genau anzuschauen. Dringend notwendig wäre es auch, dass die öffentlichen Beiträge für Hörgeräte den effektiven Kosten für die Hörhilfe angepasst werden.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • kirchhoff

    Wenn ich diese Infos zu den extra-fetten Margen der Akustiker lese, dann wird es Zeit, dass sich z.B. Fielmann zeigt!
    Ich habe bei diesem Unternehmen für ein Paar top Innenohr-Geräte, glatte 1550,00€ gezahlt und meine gesetzliche Krankenkassen den gleichen Betrag.
    Wenn man bedenkt, dass die Geräte am Fertigungsort Asien um die 100 US-Dollar kosten und vor Ort angepasst und eingemessen werden, dann könnte man bei großzügiger Kosten-Rückstellung für Garantie etc. einen Preis von max. 2500€ pro Paar ansetzen!
    Warum tut man in Italien nichts gegen solche Raffgier?

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