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Stärkere Welle?

Foto: Lpa/123rf

Früher als erwartet wurden in Südtirol die ersten Influenza-Fälle nachgewiesen. Was das für den weiteren Verlauf der Grippe-Saison bedeutet.

von Markus Rufin

Zwei Jahre lang blieb die Grippe-Welle in Südtirol fast vollständig aus. Nun kehrt sie offenbar wieder zurück. In Südtirol wurden bereits erste Influenza-Fälle registriert, berichtet die leitende Ärztin im Hygienedienst Silvia Spertini. Um wie viele Fälle es sich genau handelt, könne sie allerdings nicht sagen, Daten dazu liegen noch nicht vor.

„Es steht aber fest, dass es im Verhältnis zu den vergangenen Jahren, wo wir alle Maske getragen haben und es dementsprechend nur schwache Saisonen gab, heuer eine stärkere Welle gibt“, sagt Spertini.

Im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten gebe es bislang allerdings kaum Auffälligkeiten. Es gebe aktuell keine Hinweise darauf, dass die Influenza-Fälle häufiger oder schwerer auftreten. Aussagekräftige Daten dazu gebe es aber auch nicht, da man gerade erst am Anfang der Welle stehe.

Allerdings- Die Welle ist früher da als in anderen Jahren. Das ist nicht nur in Südtirol, sondern in ganz Europa der Fall. Laut einem Bericht des Robert-Koch-Institutes wurden erste Fälle in Deutschland bereits Ende Oktober gemeldet. Im Normalfall gebe es die Welle aber erst im Jänner und Februar.

Warum die Welle nun deutlich früher beginnt, kann Spertini nicht sagen. Jedoch waren die Krankenhäuser nicht ganz unvorbereitet: „In der südlichen Hemisphäre kam die Welle ebenso früher, es war also anzunehmen, dass auch uns die Welle früher treffen wird. Zumindest hat es uns nicht ganz überrascht.“

Doch aktuell steckt Südtirol nicht nur in einer Grippe-Welle, auch andere Viren-Erkrankungen zirkulieren stark.

Dafür gebe es wiederum eine einfache Erklärung, so die Hygieneärztin: „Es gibt zwar nicht mehr Krankheitsfälle als vor Corona, aber wir haben nun unser normales Leben wieder aufgenommen. Veranstaltungen finden wie gewohnt statt, es gibt keine Maßnahmen und auch in den Bussen gibt es keine Maskenpflicht. Zudem darf man nicht vergessen, dass es nach wie vor Coronainfektionen gibt.“

Gerade in der letzten Woche stieg die Anzahl der Fälle in Südtirol. Das heißt, neben den üblichen Erkältungen, grippalen Infekten und sonstigen Viren- und Bakterien-Erkrankungen gesellen sich die Covid-Fälle einfach dazu. Selbiges bestätigt der Osttiroler Virologe Gernot Walder. Dort wurde der erste Influenza-Fall – es handelte sich um einen Nachkömmling des Stammes der sogenannten „Schweinegrippe“ – erst vor Kurzem nachgewiesen, aber auch früher als üblich.

Dabei spielt Corona jedoch nur mehr eine untergeordnete Rolle. Von 100 genau abgeklärten Infektionen der oberen Atemwege, die seit Oktober in seinem Labor durchgeführt worden sind, waren 43,8 Prozent der Infektionen durch Bakterien verursacht, 20,8 Prozent waren auf Entero- und Rhinoviren zurückzuführen. Nur für 10,4 Prozent der Infektionen war das Coronavirus verantwortlich. Auf den Plätzen folgen Parainfluenzaviren mit acht Prozent, Adenoviren mit 7,3 Prozent und RSV mit 6,25 Prozent.

Das zeige, dass sich die infektiologische Lage zunehmend normalisiert und einem postpandemischen Bild annähere, so Walder in einer Pressemitteilung: „SARS-CoV2 wird uns also weiterhin begleiten, es nimmt allerdings keinen zentralen Platz im Infektionsgeschehen mehr ein. Es spricht also alles für einen aus infektiologischer Sicht ,normalen‘ Winter ohne weitreichende Restriktionsmaßnahmen.“

Obwohl die Grippe-Saison also bereits begonnen hat, die üblicherweise acht bis zwölf Wochen anhält, sei eine Impfung dagegen nach wie vor sinnvoll, betonen Walder und Spertini gleichermaßen. Wenn man sich jetzt impfen lasse, bestehe zwar das Risiko, dass man sich noch vor der Impfung ansteckt, danach sei man aber sicherer vor der Grippe, so die Hygieneärztin.

Besonders alten Menschen, Personen mit eingeschränktem Immunsystem und Angehörigen von Gesundheitsberufen ist die Impfung besonders empfohlen, grundsätzlich profitiere aber jeder davon, der mit vielen Leuten in Kontakt komme und in den nächsten Monaten keinen mehrtägigen Krankenstand riskieren möchte, unterstreicht Walder.

Wie gut die Grippe-Impfkampagne in Südtirol bisher angenommen wurde, kann Spertini allerdings nicht sagen: „Es wird ja nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in den Hausarztpraxen und in den Covid-Zentren geimpft. Bis wir diese Daten zusammengerechnet haben, dauert es etwas länger als üblich, zumal die Impfung nach wie vor gemacht werden kann.“ Die Hygieneärztin vermutet aufgrund ihrer persönlichen Einschätzung, dass das Angebot nicht schlecht angenommen worden sei.

In diesem Zusammenhang drängt sich aber noch eine weiter Frage auf: Wie sollen Personen mit Erkältungssymptomen umgehen, wenn es ein gewöhnlicher Schnupfen, eine Grippe-Erkrankung oder auch eine Coronainfektion sein könnte?

Spertini erklärt, dass ein Covid-Test in Italien nach wie vor empfohlen ist, da es noch Quarantäne-Maßnahmen gibt. Ansonsten sollten Personen mit Erkältungssymptomen vor allem andere vor einer Ansteckung schützen, auch wenn sie negativ sind: „Bei Fieber sollte man ohnehin zu Hause bleiben, wenn man ansonsten viel Kontakt mit anderen hat, sollte man die Maske tragen, insbesondere wenn man mit anfälligen Personen zu tun hat. Hier muss man mit Hausverstand handeln.“

Auch Walder betont, dass man sich nicht mehr nur auf Corona konzentrieren dürfe, auch andere Infektionskrankheiten müsse man nun ernst nehmen. Gute Handhygiene und eine gut dichtende Maske seien nach wie vor sinnvolle Maßnahmen.

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