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„Südtiroler sind Gourmets“

Foto: lpa

Südtirol ist die Provinz mit den drittmeisten Sterneköchen in ganz Italien. Patrick Jageregger, Präsident des Südtiroler Köcheverbands erklärt, warum das so ist.

Tageszeitung: Herr Jageregger, Südtirol ist mit 21 Sterneköchen die Provinz mit den drittmeisten Sterneköchen in Italien. Was bedeutet das für das Land?

Patrick Jageregger: Das ist vor allem ein großes Zeichen. Dass ein so kleines Land mit so wenig Einwohnern 21 Sterneköche hervorbringt, ist ein starkes Statement. Man kann es fast nicht in Worte fassen, wie außergewöhnlich das ist.

Was ist der Grund dafür, dass Südtirol so viele ausgezeichnete Köche hat?

Als Land sind wir in einer super Position. Wir liegen genau zwischen der mediterranen und der nordischen Küche. Die Südtiroler sind kleine Gourmets, die gerne kochen. Wir haben viele gute heimische Restaurants. Eine große Rolle spielen auch die guten heimischen Produkte, mit denen man tolle Sachen machen kann.

Welche Auswirkungen hat ein Michelin-Stern? Zieht dieser auch in Zeiten von Online-Kritiken Gäste an?

Auf alle Fälle. Die Sterne-Gastronomie zieht nach wie vor Menschen an, vor allem wenn es sich um Zwei- oder Drei-Sterne-Restaurants handelt. Es kommen Leute aus der ganzen Welt , um diese Restaurants auszutesten. Es gibt Menschen, die durch die ganze Welt reisen, um alle Drei-Sterne-Restaurants zu besuchen. Für den Tourismus sind die Michelin-Sterne wichtig und ein so gutes Abschneiden ist für die Kulinarik und die Gastronomie ein großes Statement. Wenn ein Land 21 Sterne-Restaurants hat, spricht sich das herum, Südtirol ist dafür bekannt, eine gute Küche zu haben. Das ist dementsprechend ein großes Aushängeschild.

Gleich zwei Köche – Luis Haller und Alessandro Martellini – haben den Michelin-Stern zum ersten Mal erhalten, Simone Cantafio hatte ihn bereits einmal verloren, ihn nun aber wieder erhalten. Können Sie erklären, was passieren muss, damit ein Koch einen Stern erhält?

Die Küche muss natürlicherweise außergewöhnlich sein, das ein oder andere Produkt muss eingebaut werden, aber es muss viel mehr passen. Der ganze Speisesaal, der Service und das ganze Drumherum muss stimmen. Vor allem muss man das tagtäglich durchziehen. Man weiß nie, wann der Tester kommt, auch die Erwartungshaltung des Gastes ist dementsprechend hoch.

Mit dem Restaurant Astra in Steinegg hat ein Lokal in Südtirol den Michelin-Stern verloren. Was sind die Gründe dafür?

Was die konkreten Gründe im Astra sind, weiß ich nicht. Das kann schnell gehen, auch wenn man nach wie vor auf einem hohen Niveau kocht. Es ist ein enormer Druck, den Stern zu halten. Wenn man diesen bekommt, muss man jeden Tag das Level halten, jeder Gast muss Essen auf dem hohen Niveau bekommen. Wir haben viele Küche, die den Stern über Jahrzehnte halten. Das ist eine große Herausforderung, aber wieder eine wichtige Bestätigung für Südtirol. Norbert Niederkofler mit seiner alpinen Küche erhält seit Jahren drei Sterne. Er ist einer von nur zwölf Köche in ganz Italien, die diese Auszeichnung aktuell innehaben. Man muss nochmal unterstreichen, wie außergewöhnlich das ist, dass so etwas Südtirol als kleine Destination gelingt.

Um einen Michelin-Stern zu bekommen, muss man auch finanziell viel investieren…

Ja, das stimmt. Das gilt in erster Linie für das Restaurant. Man kauft Top-Produkte ein, für die man dann natürlich bezahlt. Ein Michelin-Stern zu erhalten, ist sozusagen ein Kostenfaktor. Daher zahlt der Gast auch entsprechend mehr.

In welche Richtung entwickelt sich Südtirols Gastronomie? Wird die Sterneküche immer wichtiger?

Ich glaube, Südtirol hat eine vielfältige Küche. Wir können nicht sagen, dass sich Südtirol nur in Richtung Sterneküche oder nur in die bürgerliche Küche entwickelt. Wir haben ein schönes Mittelmaß, vor allem haben wir eine ehrliche und in gewissen Bereichen eine traditionelle Küche. Wir kochen mit natürlichen Produkten, die auch hochwertig zubereitet werden, weil wir genau zwischen dem mediterranen Süden und den guten Gerichten aus den Norden liegen. Wir kochen also hochwertig, weil wir die perfekten Voraussetzungen dafür haben. Auch die gut bürgerliche Küche ist auf einem hohen Niveau, wir entwickeln uns aber nicht in Richtung einer Sterne-lastigen Küche. Das passt so aber auch.

Interview: Markus Rufin

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

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  • andreas

    Eine Scheinwelt, welche sich gegenseitig beweihräuchert und dadurch ihre Daseinsberechtigung sieht.

    99,99% der Menschheit hat mit diesem dekadenten Zirkus rein gar nichts zu tun und bevorzugt einen guten Speckknödel mit Gulasch als 47 gr des schottischen Hochlandschafs Frieda, welches mit seinen Geschwistern Martha und Giorgia, 22 Tage im Stall und 57 Tage im Freien bei 17 Grad Duchschnittstemperatur verbracht hat.
    Auch ist das von einer 32jährigen thailandesischen Jungfrau bei abnehmenden Mond geerntete Blatt Salat dazu nicht zwingend notwendig.

    Die Gesellchaft tut sich schwer die Energiekosten zu zahlen, die Hilfsorganisationen bekommen zu wenig Geld, um z.B. den Südsudan zu ernähren und der dekadente Westen produziert Menüs für 200-300 Euros, wo man nachher noch Hunger hat.
    Wenn man bedenkt, dass 40-50% der Menschheit um eine Schale Reis froh sind, wird dieses dekadente Getue eigentlich noch absurder.

    • gorgo

      Dein Getue aber auch.
      Speckknödel mit Gulasch, Rippelen, Gourmand vermutlich auch noch.. also mir wärst du zu teuer im Verbrauch. Das mit der Schale Reis sagt dir vermutlich täglich deine Frau, wenn du maulst. Lass die Deppen halt die 200€ hinblättern…

  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    manchmal haut mein Namensvetter aus Südtirol auch einen heraus den man gern unterschreibt..

    Das ganze hat seit Jahren einen Schub bekommen weil jeder „Wichtige“ seinen Hunderteurominifrass fotografiert und dann in den einschlägigen „ich bin so toll“-Foren einstellt.
    Guck mal, mein 60 Gramm-Koberindfleisch-Schnitzel mit Erbsen-und Dinkelmehlpanade, dazu ein mit Blattgold überzogener Brokkolistrunk schwimmend in einem Kaviarsaftspiegel und zum Nachtisch einen Erbsenpudding an Trüffelschaum. Und zum Saufen gab es irgendeinen Champagner aus Französisch-Polynesien von 1998
    Und das Ganze für lächerliche 239 Euro..

    Und später stehen die dann an Walters Imbiss und mampfen Bratwurst/Pommes für 6,95, man will ja nicht hungrig zu Bett.

    Auf Wiedersehen auf einem ehrlichen Berggasthof der sich lokal beliefern lässt und für Stammgäste in der untersten Thekenschublade immer noch einen Spezialschnaps übrig hat.
    Und hinterher mit 25 Euro für Speis&Trank,Extraschnaps und stundenlanges lustiges Beisammenhocken mit bodenständigen Mitgästen zufrieden ist..

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