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„Delle ist überwunden“

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Trotz Inflation und Ukraine-Krieg konnte sich das Südtiroler Bruttoinlandsprodukt leicht erholen. Trotzdem ist die Prognose für 2023 mit vielen Unsicherheiten verbunden.

von Markus Rufin

Südtirol kommt trotz Inflation und Ukraine-Krieg besser mit den wirtschaftlichen Folgen zu Recht als andere Länder. Das geht aus der jüngsten Veröffentlichung des Landesinstitutes für Statistik (ASTAT) hervor, das Schätzungen und Prognosen zum Bruttoninlandsprodukt (BIP) aktualisiert und mit anderen Ländern verglichen hat. Dieses misst die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft.

Für 2021 schätzt ASTAT mit einem BIP-Wachstum zwischen 6,5 und 7 Prozent, das entspreche dem Durchschnitt des Nordosten Italiens. Gesamtstaatlich rechnet das nationale Statistikinstitut ISTAT mit einem Wachstum von 6,7 Prozent.

Mit Ende 2022 prognostiziert das Institut hingegen, dass Südtirol wieder das BIP vor der Pandemie erreichen wird. Wegen der Rekordzahlen im Tourismus und der fast vollständigen Aufhebung aller Maßnahmen rechnet ASTAT mit einem Wachstum von 3,0 bis 3,5 Prozent.

Auch Italien wird laut einer Schätzung des nationalen Statistikinstitutes ISTAT 2023 das Vor-Pandemie-Niveau erreichen, allerdings wird das Wachstum auf nur 1,9 Prozent geschätzt, während das Wachstum 2022 knapp unter drei Prozent liegen soll.

Südtirol würde damit mit der EU, Österreich und Deutschland Schritt halten, die laut Prognose ebenfalls bereits Ende 2022 ihr Vor-Pandemie-BIP erreichen werden. Allerdings: Vor allem in der zweiten Hälfte prognostiziert ASTAT ein stagnierendes Wachstum.

Dennoch bewertet Georg Lun, Direktor des Wirtschaftsförderungsinstitutes (WIFO), diese Daten als positiv: „Wir kommen auf den Wachstumspfad der Vor-Coronazeit, was positiv zu bewerten ist.“

In der gesamten EU rechnet man mit einem Plus von 2,7 Prozent, in Österreich sollen es 3,7 Prozent werden, während in Deutschland ein Plus von 1,4 Prozent erwartet wird.

Für das Jahr 2023 rechnet ASTAT hingegen mit einer großen Unsicherheit. Speziell der Krieg in der Ukraine und die daraus sich ergebenden Eskalationen könnten sich sehr negativ auf die lokale Wirtschaft auswirken.

Prognostiziert wird ein BIP von 0,5 bis 1,0 Prozent. Das hänge aber in hohem Maße von den Entscheidungen, die in den kommenden Monaten auf internationaler Ebene getroffen werden, ab.

„Speziell die Preisentwicklung im Energiesektor hat sich schlagartig auf die Konsumentenpreise umgeschlagen“, erklärt Lun. „Das hat dazu geführt, dass wir jetzt eine Inflation von fast zehn Prozent haben. Das hat zum einen zur Folge, dass sich der Konsum aber auch die Produktion für die Unternehmen verteuert. 2022 haben diese Effekte nicht voll durchgeschlagen, 2023 wird sich das aber auf die Wirtschaft auswirken und es wird zu einer Verlangsamung kommen.“

Wie stark diese Entwicklung ist, ist unklar, aber die Inflation wird hoch bleiben, 2023 könnte es also zu einer Stagflation kommen. Spätestens dann wären politische Maßnahmen gefordert, die den Menschen dabei helfen, die Kosten zu stemmen. Allerdings werde man nicht alles abdecken können, weshalb das Wachstum abnehmen wird.

Vor einer Rezession, also einem Rückgang der Wirtschaft müsse man hingegen nicht rechnen, meint Lun. Es könne zwar zu einem Null-Wachstum kommen, wahrscheinlicher sei aber eine starke Verlangsamung, so wie es auch ASTAT prognostiziert.

Auch Lun betont, dass es Südtirol im Vergleich zu anderen Regionen besser geht: „Der Wohlstand in Südtirol nimmt zu. Die Delle, die wir durch Corona bekommen haben, haben wir überwunden. Wir sind zum Vorkrisen-Niveau zurückgekehrt. Wenn wir es schaffen, ein leichtes Wachstum zu halten, müssen wir in einem solchen Umfeld zufrieden sein.“

Nicht nur das BIP, sondern auch die Konsumausgaben der privaten Haushalte konnten sich erholen. Nachdem es 2020 pandemiebedingt einen Einbruch von minus 16,7 Prozent gab, dürften sich die Ausgaben 2021 mit einer Veränderung von +7,0 und +8,0 Prozent teilweise erholen.

Für das Jahr 2022 wird in einer ersten vorsichtigen Schätzung ein Wachstum der Konsumausgaben der privaten Haushalte zwischen 7,0 Prozent und 8,0 Prozent erwartet.

Auch bei den Konsumausgaben werde es aber in absehbarer Zeit einen Rückgang geben, da die Konsumenten schrittweise die Inflation und die hohen Energiekosten zu spüren bekommen. Auch die Lust auf Konsum werde zurückgehen, allerdings glaubt Lun, dass es zwar einen Rückgang aber keinen Einbruch geben wird.

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Kommentare (1)

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  • dn

    Südtirols Arbeitnehmer sind mit niedrigen Löhnen anscheinend zufrieden. Ich kann den Jungen nur raten, rechtzeitig abzuhauen. Dieses Land hat für normale Menschen keine brauchbaren Lebensperspektiven.

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