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Der Mut machende Wandel

Fotos: Burgi Pardatscher/Heini Zoderer

Im Kloster Marienberg fanden vom 13. bis 15. Oktober die traditionellen Marienberger Klausurgespräche statt. Thema der diesjährigen Tagung: „Courage! Ermutigung zum gemeinsamen Handeln für eine nachhaltigere, gerechtere Welt“.

Einmal im Jahr treffen sich im Kloster Marienberg Vertreter aus verschiedenen Bereichen (Kultur, Wirtschaft, Politik, Schule, Kirche) zu den Klausurgesprächen, bei denen über bestimmte, gesellschaftspolitisch relevante Themen referiert und diskutiert wird. Den Veranstaltern gelingt es Jahr für Jahr immer wieder, renommierte Referentinnen und Referenten zu den Gesprächen einzuladen – an einen Ort, der zum Nachdenken und Reflektieren geradezu ideal ist.

Der Präsident des Kuratoriums Marienberger Klausurgespräche Günther Andergassen wies bei der Eröffnung der Veranstaltung auf ein neues Dokument des „Club of Rome“ hin, in dem Wissenschaftler eine Art Genesungsprogramm für unsere von Krisen erschütterte Welt vorlegen.

Fünf außerordentliche Kehrtwenden seien notwendig, um die Risiken substanziell zu reduzieren: Beendigung der Armut, Beseitigung der eklatanten Ungleichheit, Ermächtigung der Frauen, Aufbau eines für Menschen und Ökosysteme gesunden Nahrungsmittelsystems und der Übergang zum Einsatz sauberer Energie.

„Ich denke, dass wir uns alle einigen können, dass hier fünf Schlüsselprobleme angesprochen sind, deren Lösung vor allem eines erfordert: Mut. Mut und couragiertes Handeln, im Kleinen, im Großen“, so Andergassen.

Er forderte die Teilnehmer auf, über den notwendigen und zugleich Mut machenden Wandel zu sprechen – „über eine Politik des Ermöglichens und über den Zweifel, der unweigerlich dazu gehört. Es geht um eine kulturelle Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, nicht um Perfektion.“

Den Reigen der Vorträge eröffnete die aus Prad stammende Sozioökonomin Daria Habicher.

Sie sprach zum Thema „Mit Courage in eine neue Zeit – Südtirol 2030“.

Laut Habicher bedeutet Courage die Fähigkeit, Angst in gefährlichen oder schwierigen Situationen zu kontrollieren, mutig und unerschrocken zu sein, sich nicht vom eigenen Weg, von der eigenen Überzeugung abbringen zu lassen.

„Auch in ungemütlichen Situationen, wenn Widerstand aufkommt, bleibt der Couragierte standhaft. Er wagt es auch, etwas anders zu machen – aber auch sich Fehler einzugestehen. Gerade in der heutigen Zeit angesichts der Klimakrise müssen wir Courage zeigen, Systeme und Abhängigkeitsverhältnisse infrage stellen.“

Brigitte Ederer aus Wien, ehemalige Industriemanagerin und Politikerin, ging in ihrem Vortrag auf das Spannungsverhältnis „Ethik und Sachzwang“ ein. Sie betonte, dass Menschen in verantwortungsvollen Positionen auch den Mut haben müssten, etwas zu wollen. „Sie müssen sich aber auch im Klaren sein, dass Durchsetzen auch Widerstand bedeutet. Dies hat zur Folge, dass es nie ohne Verletzungen abgeht und Narben bleiben.“

„Handeln lernen – Wie wir aus der Ohnmacht treten und uns als Gestalter begreifen“: So lautete der Titel des Vortrags von Marina Weisband, einer deutsch-ukrainischen Politikerin und Publizistin. Sie wies darauf hin, dass wir in einer Zeit multipler Krisen und erforderlicher Umbrüche leben.

„Digitalisierung, Globalisierung und Klimakrise zwingen uns, unser Leben, unser Wirtschaften, ja sogar unsere Normen und Werte neu zu strukturieren. Aus einer lange stabilen Gesellschaft heraus fühlen sich Menschen oft hilflos, überfordert und ohnmächtig. Dieses Gefühl ist eine Bedrohung für Demokratie und Solidargemeinschaft. Es spaltet uns in ,Wir hier unten‘ und ,Die da oben, die eh machen, was sie wollen‘. Wo man selbst keine Kontrolle hat, sucht man nach jemandem, der die Dinge vermeintlich steuert. Sei es die ,Finanzelite‘, die ,korrupten Politiker‘ oder gar ,die Juden‘. Es ist der Nährboden von Populismus und Extremismus“, so Weisband.

Das Ziel sei deshalb nicht, Verschwörungstheorien zu widerlegen oder Leuten zu vermitteln, dass alles in Ordnung sei. „Ziel muss sein, Menschen das Gefühl von Selbstwirksamkeit zu geben, ihre Rolle zu verändern. Statt Konsumenten oder Opfer müssen sie sich als Gestalter ihrer Gesellschaft fühlen.“

Mit einem Wirtschaftsthema befasste sich Stefan Schmidt,   Verantwortungseigentümer der Firma „ACHE Naturprodukte“. Er erklärte das Konzept des sogenannten „Verantwortungseigentums“.   Darunter versteht man, dass  die Eigentümer des Unternehmens zwar Stimm- und Teilhaberechte haben, jedoch nicht am Gewinn teilhaben. Damit soll sichergestellt werden, dass das Unternehmen vorrangig der Verwirklichung des Unternehmenszwecks und nicht dem Gewinnstreben der Anteilseigner dient.

Während der Zweck der Unternehmung von der ökonomischen Theorie traditionell in der Gewinnmaximierung und der Steigerung ihres Unternehmenswerts gesehen wird, wollen Unternehmen in Verantwortungseigentum einem bestimmten Sinn dienen und sehen Gewinn als Mittel zu diesem Zweck.

Den letzten Impulsvortrag hielt Prof. Devin Zuber, Kulturwissenschaftler aus Kalifornien. Er unterbreitete anhand von Beispielen aus Kunst und Literatur – sowohl aus der Vergangenheit als auch der Gegenwart – dass uns Erfahrungen der ästhetischen Art zu diversen Zeitverständnissen verhelfen können, zu alternativen Sensibilitäten und Wirkungsarten in unserem Umgang mit der Welt, wodurch wir offen werden für Zustände der Ehrfurcht, des Staunens und dadurch der Dankbarkeit.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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