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„Frühzeitig Hilfe suchen“

„Vertrauen aufbauen – eine grundlegende Voraussetzung in der Suizidprävention“: So lautete das Thema einer Fachtagung in Bozen.

„Vertrauen aufbauen – eine grundlegende Voraussetzung in der Suizidprävention“: So lautete das Thema der Fachtagung, zu welcher das Netzwerk Suizidprävention anläßlich des Welttages der Suizidprävention eingeladen hat. „Wenn Menschen sich in einer suizidalen Krise befinden, haben sie das Vertrauen in sich selbst, in andere und in die Zukunft verloren. Deshalb müssen Institutionen und Fachdienste einen Weg finden, um sie rechtzeitig zu erreichen: indem sie ein Klima des Vertrauens aufbauen, um das Schlimmste verhindern zu können“, sagt Guido Osthoff, zuständiger Bereichsleiter der Caritas und Moderator der Tagung.

„Um dem privaten als auch öffentlichen Netzwerk zu vertrauen, braucht es Vertrauen in die Institutionen.“

Davon ist das Südtiroler Netzwerk Suizidprävention überzeugt, das zum Welttag der Suizidprävention zu eben diesem Thema Sensibilisierungsarbeit leisten will. Dabei kamen sowohl klinische Aspekte, wie auch solche aus dem Bereich des täglichen Lebens zur Sprache.

„Bei psychischen Krisen ist es wichtig, frühzeitig Hilfe zu suchen. Aber man muss darauf vertrauen können, dass man angemessene Unterstützung findet. Bei dieser Tagung möchten wir deshalb die Bedeutung einer vertrauensvollen Beziehung als wichtiges Präventionsmittel herausstreichen“, erklärte Guido Osthoff, Vertreter der Caritas im Netzwerk Suizidprävention, einleitend.

„Das Thema ist komplex und vielschichtig, zumal eine wirksame Vertrauensbeziehung auf mehreren Ebenen aufbaut“, zeigte sich die Referentin Ingeborg Leitner, stellvertretende ärztliche Leiterin im Kriseninterventionszentrum Wien, überzeugt. „Damit sich Vertrauen in eine helfende Beziehung entwickeln kann, müssen zuerst die Voraussetzungen dafür geschaffen werden: zuerst auf Seiten jener, die Hilfe anbieten, dann auf Seiten der Hilfesuchenden. Vertrauen schafft man durch Verfügbarkeit (Niederschwelligkeit), Verlässlichkeit, Konstanz und Vermittlung von Zuversicht auf Veränderung und Entwicklungsmöglichkeiten (stellvertretendes Vertrauen/Hoffnung). Hat sich ein vertrauensvolles Beziehungsangebot etabliert, gibt es eine sichere Basis‘, von der aus sich die suizidgefährdete Person ihrer Innenwelt und ihren schmerzhaften und bedrohlichen Erfahrungen stellen kann.“ Von niedrigschwelligen Maßnahmen ausgehend kann man dann auf klinischer Ebene weiterarbeiten, Wege zur Aktivierung von Ressourcen der krisengeschüttelten Person beschreiten und so Hilfe zur Selbsthilfe bieten. „Auf diese Weise werden Selbstwert und Selbstvertrauen wiederhergestellt, die notwendige Voraussetzungen sind, um eine Krise zu bewältigen und sich für ein Weiterleben zu entscheiden“, so Leitner.

Roberto Merli, der Leiter der Psychiatrie im Sanitätsbetrieb Biella, indes zeigte in seinem Redebeitrag auf, dass Vertrauen nicht etwas ist, das für immer bleibt, im Gegenteil, es muss immer wieder daran gearbeitet werden. „Dabei hängt eine vertrauensvolle Beziehung von verschiedenen Faktoren ab. Das zwingt die Beteiligten dazu, sich ständig zu bemühen, das gewünschte Ergebnis zu erhalten oder zu verbessern“, so Merli. In der Suizidprävention gilt das sowohl im alltäglichen Leben, wie auch im Sanitätswesen. „Das öffentliche Gesundheitssystem sollte mit politischer Unterstützung operative Modelle entwickeln, die zwar dem komplexen Netzwerk auf dem Territorium Rechnung tragen, die aber den Zweck erfüllen, das Vertrauen der Bürger zu erwecken”, forderte Merli.

Nach den Erfahrungsberichten der beiden Referenten gingen die Teilnehmer über in die Diskussion und Reflexion mit dem Ziel, die Südtiroler Gegebenheiten zu durchleuchten, um die Hilfsmaßnahmen hier eventuell zu verbessern.

Die Gesprächsrunden geleitet und teilgenommen haben u.a. Peter Koler, Direktor des Forums Prävention, Marlene Kranebitter, Notfallseelsorgerin und Mitglied des Südtiroler Netzwerkes Suizidprävention, Erwin Steiner, Psychotherapeut vom Psychologischen Dienst des Krankenhauses Sterzing, Donatella Arcangeli, Primarin der Kinder- und Jugendpsychiatrie Meran, Petra Priller, Leiterin der Caritas Schuldnerberatung, und Oliver Schrott vom Jugenddienst Meran.

„Kernaufgabe der Präventionsarbeit ist es“, so meinte Guido Osthoff abschließend, „das Netz der Unterstützer noch weiter zu stärken, Betroffene noch mehr miteinzubeziehen, um Vertrauen zu schaffen und so dem Extremfall Suizid entgegenzuwirken.“

Rund um den Welttag der Suizidprävention hat das Netzwerk Suizidprävention heuer auch ein kulturelles Rahmenprogramm zusammengestellt. Am Dienstag, 20. September, bringt Stefano Santomauro die „Happy days“ um 20 Uhr in der Aula Magna der Pascoli-Schule in Bozen auf die Bühne.

„Auch so kann man das Thema Suizidprävention angehen, humorvoll und reflektiert“, lädt das Netzwerk Suizidprävention auch hier zur Teilnahme ein. Die Veranstaltung ist kostenfrei zugänglich.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (1)

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  • pingoballino1955

    Ich finde es rühmlich,dass in Sachen Suizidprävenzion in Südtirol endlich etwas geschieht da wir leider eine überdurchschnittliche Suizidrate in Südtirol feststellen müssen,und dies nicht erst seit gestern. Von politischer Seite ist erstaunlich,wenig,wie nichts unternommen worden.

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