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Das neue Südtirol

Erstmals in der Geschichte Südtirols liegt die deutschsprachige Opposition in der Wählergunst vor der SVP. Wie der neue Landtag aussehen könnte – und auf welche Regierungskoalition das Land zusteuert.

von Matthias Kofler

In der SVP-Zentrale in der Bozner Brennerstraße sieht man die neue Umfrage der „Südtiroler Wirtschaftszeitung“ mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Zwar nicht berauschend, aber es könnte noch schlechter sein. Für das sogenannte Politbarometer hat das Meinungsforschungsinstitut Apollis  zwischen dem 22. Juli und dem 24. August 2022 insgesamt 1.022 SüdtirolerInnen telefonisch befragt. Würde der Südtiroler Landtag am Sonntag neu gewählt werden, käme das Edelweiß auf 37 Prozent der Stimmen. Es ist dies das schlechteste Ergebnis der SVP seit ihrer Gründung im Mai 1945. Bei den letzten Landtagswahlen 2018 kam die stolze Volkspartei noch auf 41,9 Prozent – der bisherige Negativrekord.

Angesichts der vielen Skandale, die das Edelweiß in den vergangenen Wochen und Monaten erschüttert haben, wäre ein Minus von fünf Prozent durchaus zu verkraften. Wie SVP-Landessekretär Stefan Premstaller unterstreicht, handelt es sich bei Umfragen immer nur um Momentaufnahmen. „Die letzten Monate waren sicher schwierig. Wir wollen jetzt aber Vollgas geben und sind zuversichtlich, verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen“, sagt Premtaller, der als Wahlziel die Bestätigung des Ergebnisses von 2018 – sprich 42 Prozent – ausgibt.

Doch zurück zur Umfrage. Mit 37 Prozent würde die SVP nur noch 13 Mandate im Landtag erhalten. Einige der Amtsinhaber – von Gert Lanz über Magdalena Amhof bis hin zu Helmut Tauber – müssten um ihre Wiederwahl zittern. Auch die Regierungsbildung würde sich mit einem solchen Ergebnis verkomplizieren. Laut Umfrage wären die Grünen die ersten Verfolger der Volkspartei: Sie kämen auf 17 Prozent bzw. sechs Sitze. „Bei aller Vorsicht, aber der Trend ist eindeutig“, freut sich die Grünen-Fraktionssprecherin Brigitte Foppa. Sie spüre das gute Standing ihrer Partei, wenn sie unterwegs sei oder mit BürgerInnen telefoniere. Zudem liege man – entsprechend dem internationalen Trend – bei den Frauen bereits bei 20 Prozent.

Auf dem Papier würde sich mit diesem Ergebnis eine schwarz-grüne Koalition nach österreichischem Vorbild ausgehen. Bei den SVP-Bauern ist eine solche politische Mehrheit jedoch ein Horrorszenario. „Programmatisch trennen unsere beiden Parteien Welten“, bringt es der Sarner Franz Locher auf den Punkt. Der konservative Flügel in der SVP würde am liebsten die Koalition mit der Lega fortsetzen. Laut Umfrage kommt der „Carroccio“ allerdings nur noch auf zwei Mandate. Es bräuchte also in jedem Fall eine zweite deutsche Partei, um eine stabile Mehrheit zu bilden. Erster Ansprechpartner wären in diesem Fall wohl die Freiheitlichen, deren gute Oppositionsarbeit bei den WählerInnen ankommt: Laut Politbarometer steigt die Partei von Andreas Leiter Reber und Ulli Mair um zwei Prozent und kommt auf drei Landtagssitze.

Doch auch das Team K kann sich berechtigte Hoffnungen machen, Südtirol ab 2024 mitzuregieren. Mit elf Prozent würden sich vier Mandate ausgehen. Paul Köllensperger drückt jedoch auf die Euphoriebremse: „Egal, ob die Umfragen gut oder schlecht sind: Abgerechnet wird bei den Landtagswahlen“, meint der Parteiführer. Fakt sei, dass die SVP stetig an Vertrauen verliere. Das Team K sei als unabhängige, nicht-lobbygesteuerte Partei der Mitte „die logische Alternative“. „Die SVP ist viel zu sehr mit internen Grabenkämpfen beschäftigt, als dass sie sich um die wahren Probleme der Menschen kümmern könnte“, ist Köllensperger überzeugt. Laut Politbarometer liegt die deutschsprachige Opposition, rechnet man ihre Stimmen zusammen, erstmals vor der SVP.

Die Entscheidung, bei den Parlamentswahlen am 25. September getrennt anzutreten, statt an einem Strang zu ziehen, könnte sich für die politische Minderheit als fataler Fehler herausstellen. Köllensperger erinnert daran, dass sich seine Partei um eine Wahlallianz bemüht habe. Die Grünen hätten sich jedoch gleich am Anfang ausgeklinkt, während die Verhandlungen mit der deutschen Rechten letztlich gescheitert seien. Die SVP hat nun gute Chancen, mit einem Drittel der Wählerstimmen hundert Prozent der Sitze im römischen Parlament zu ergattern.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (5)

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  • pingoballino1955

    Nachdem was sich die Svp in letzter Zeit an Skandalen geleistet hat ist es höchste Zeit,dass sie die Mehrheit verliert.Herr Premmstaller da nützt euch auch „das VOLLGAS“ geben nichts mehr,es werden noch Svp Leichen vor den LW auftauchen,da bin ich mir sicher!

  • bettina75

    Wenn ich mich richtig erinnere, war es Zeller, der maßgeblich das Wahlgesetz für die Parlamentswahlen für die SVP zugeschnitten hat.
    Einen Mann von diesem Format hat die SVP nicht mehr.
    Herr Zeller Ihnen kann in dieser Partei keiner mehr die Knödel reichen!!!

  • andreas1234567

    Hallo zum Mittag

    es wird zu schauen sein wie es in 2 Wochen in Rom ausschaut
    Wie dem auch sei, die Frage ob Grüne an die Macht gehören wird in D täglich eindrucksvoll beantwortet
    Die 17% mögen sogar zutreffen denn ungefähr so hoch ist auch der Anteil derer die Umverteilungsprofiteure sind ,in D hat sich rund um diese Partei eine gewaltige Mitleids-Umweltpanik und Sozialverteilungsindustrie gebildet
    Waren übrigens bei der Coronahysterie stets die Hardliner und haben sich nun gar nicht als Fan von elementaren Grundrechten entpuppt

    Berggrüsse zum Mittag

  • dn

    Das hat sich die SVP selber eingebrockt. Seit die Ebners regieren, geht es in der Wählergunst ständig bergab. Die Kompatschergruppe wehrt sich zwar, aber die sind zu schwach. Ich fürchte nur, dass die Ebners sich vorsichtshalber auch schon bei der Opposition eingekauft haben. Bei Blau ist das ja bekannt, frage mich, wo noch.

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