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Unsinnige Grenzen

Die Mauer im Westjordanland. Sie teilt Mustafas Familie

Anna Unterberger spielt in „200 Meters“ des palästinensischen Regisseurs Ameen Nayfeh eine Anne. Und sie macht’s richtig gut.

von Renate Mumelter

Westjordanland, hm. Ich musste im Netz nachschauen, wie das mit der Westbank genau ist. Der Nahe Osten und seine Konflikte sind für uns Nichtbetroffene zwar irgendwie präsent, aber es ist kompliziert. „200 Meters“ erzählt davon und davon wie 200 Meter zu 200 aufreibenden Kilometern werden können.

Das Westjordanland ist ein Gebiet, das auf der einen Seite an Jordanien, auf der anderen an Israel grenzt. Dort leben vorwiegend Palästinenser aber auch Israelis. Strenge Grenzkontrollen und eine Mauer trennen es von Israel. 

Die Familie von Mustafa und Salwa lebt dies- und jenseits der Grenze. Vater, Mutter und ihre drei Kinder sehen über die Mauer hinweg von der einen Wohnung zur anderen und schicken sich Lichtsignale zur guten Nacht. Allerdings ist es für Mustafa schwierig, zu seiner Familie zu fahren. Als er erfährt, dass sein kleiner Sohn verletzt im Krankenhaus liegt, will er dort sein. Es ergibt sich aber ein bürokratisches Problem, und deshalb vertraut er sich Schmugglern an. Im Auto sitzen neben Mustafa und dem Schmuggler andere geheime Grenzgängerînnen, die hinüber müssen oder wollen, unter anderm Anne (Anna Unterberger), eine Deutsche die filmisch dokumentieren will, wie es in diesem Grenzgebiet zugeht – ein gefährliches Unterfangen. 

Die 200-Kilometer-Fahrt wird zur lebensgefährlichen „Abenteuerreise“ für alle. Im gemütlichen Kinosaal aber stellt sich die Frage, ob diese absurd gefährlichen Grenzen wirklich so sein müssen. Ganz leichte Kost ist Ameen Nayfehs vielfach preisgekrönter Film nicht, aber er ist auf jeden Fall zu empfehlen. Er lebt von der spannenden Geschichte und vom Schauspiel, auch jenem von Anna Unterberger, die diesen Leinwandtest überzeugend besteht. Am Montag gibt es übrigens die OmU-Fassung.

Kino kann 

Immer wieder werde ich gefragt, wie es dem Kino so geht, ob es überlebt oder nicht. Natürlich wird es überleben. Davon konnte ich mich wieder Ende August in Wien überzeugen. Dort gibt es im Museumsquartier das Freilutfkino Frameout. Es bietet nicht das übliche Sommerkinoprogramm sondern Besonderes, Zeitgemäßeres. Zweimal war ich da, beide Abende waren sehr gut besucht, und an beiden Abenden habe ich den Altersdurchschnitt entscheidend erhöht. Das bedeutet, es gibt ein junges Publikum fürs Kino. Ok, das war jetzt Wien, könnte der  Einwand lauten. Junge Menschen gibt es aber auch in Südtirol. Vielleicht fehlt nur noch die  richtige Synthese. Das Frameout-Programm war übrigens sehr spannend. Was es dort gab, ist unter www.frameout.at nachzulesen.

Die Wellenbrecher kommen 

Wer dabei war, erinnert sich bestimmt noch lebhaft daran: während der Pandemie dokumentierte der Filmemacher Andrea Pizzini über viele Monate das Leben und Sterben in der Covid-Intensivstation. Ausschnitte zeigte er dann überall dort in Südtirol, wo Interesse bestand. Begleitet wurden die Abende von vertiefenden Gesprächen. Damals schon sagte Pizzini, irgendwann werde er aus dem Material einen Dokumentarfilm machen. Wann das sein werde, könne er nicht sagen. 

Jetzt scheint es soweit zu sein. Mit September hat Pizzini gemeinsam mit Mauro Podini begonnen, am Schnitt zu arbeiten, ein komplexes Unterfangen, weil das Material umfangreich ist und alles von Fachleuten und von den Betroffenen überprüft werden soll. Trotzdem ist Pizzini zuversichtlich, wie er in einem Facebook-Post schreibt. „Es wird kein sensationsgieriger Film, kein Film ‚gegen‘ jemanden, kein informativer Film über Corona, kein Film über Politik, und es gibt keine Diskussion über die Massnahmen. Es wird ein Film für diejenigen Menschen, die in dieser unsicheren Zeit versucht haben Menschenleben zu retten.“ 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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