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„Aggressives Verhalten“

Benno Neumair (Foto: FB)

Nach eigener Aussage wird Benno Neumair auf der Verhandlung vom 5. September keine Zeugenaussage machen – auch wenn ihm seine psychiatrischen Gutachter ihm dies empfehlen. Er fiel im Gefängnis zuletzt erneut durch aggressives Verhalten auf.

von Thomas Vikoler

Für den 5. September, wenn die nächste Verhandlung im Schwurgerichtsverfahren zum Mordfall Laura Perselli/Peter Neumair ansteht, wird am Bozner Landesgericht ein großer Medienrummel erwartet. An jenem Termin soll der angeklagte Sohn des am 4. Jänner 2021 in Bozen ermordeten Ehepaares aussagen: Benno Neumair.

Doch es ist eher unwahrscheinlich, dass der 31-Jährige, wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, dort in den Zeugenstand treten wird. „Er hat mir mitgeteilt, dass er nicht aussagen will“, erklärte Verteidiger Flavio Moccia gestern nach einem Besuch im Bozner Gefängnis, wo Neumair in U-Haft einsitzt.

Moccia fügt hinzu: „Er könnte seine Meinung auch wieder ändern, man weiß nie bei ihm“.

Rein prozessstrategisch erscheint eine Zeugenaussage Neumairs wenig sinnvoll: Als Zeuge der Anklage müsste der des zweifachen Mordes Angeklagte sich den Fragen aller Verfahrensparteien stellen. Er würde – insbesondere durch die Zivilpartei – mit Fragen über Widersprüche in den beiden, sieben Seiten umfassenden Geständnisprotokollen konfrontiert. Es besteht die Gefahr, dass er sich in weitere Widersprüche verwickelt.

Auch Anwalt Moccia wird seinen Mandanten vor einem Auftritt am 5. September vor dem Schwurgericht abraten. Ganz im Gegensatz zu den psychiatrischen Gutachtern der Verteidigung, die eine Zeugenaussage sogar empfehlen. Ihr Hintergedanke: Neumair könnte sich den Geschworenen gewissermaßen als Anschauungsobjekt zu der bei ihm diagnostizierten narzisstischen Persönlichkeitsstörung präsentieren. Als (potentiellen) Beweis für eine eingeschränkte Schuldfähigkeit.

Die Verteidigung setzt bekanntlich auf eine teilweise bzw. volle Unzurechnungsfähigkeit Neumairs zum Zeitpunkt der beiden Morde an den Eltern mittels Strangulation. Bei einer teilweisen Unzurechnungsfähigkeit stünde dem Mathematik-Aushilfelehrer bis zu ein Drittel Strafnachlass zu, bei gänzlicher Unzurechnungsfähigkeit würde das Strafverfahren gegen ihn eingestellt – mit möglicher Einweisung in eine psychiatrische Heilanstalt.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Gutachter der Verteidigung Neumair für gemeingefährlich halten. Im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens stellten sie diese Diagnose, die von jener der drei Gerichtsgutachter abweicht. Diese stufen ihn als nicht sozial gefährlich ein.

Verteidiger Moccia verweist dazu auf das „aggressive Verhalten“ seines Mandanten im Bozner Gefängnis.

Zuletzt habe es wieder einen Streit mit einem Mithäftling gegeben. Am 31. Dezember 2021 hatte Neumair den Kopf eines polnischen Mitgefangenen in den Schwitzkasten genommen, sodass er rot anlief. Deswegen wurde er von der Gefängnisleitung als Strafe für zehn Tage von allen Freizeitaktivitäten ausgeschlossen. Das Bozner Überwachungsgericht bestätigte später die Sanktion nach einer Beschwerde von Neumairs Verteidigern.

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