Du befindest dich hier: Home » Südtirol » Die Wasserprediger

Die Wasserprediger

Wie sich Manfred Vallazza immer mehr in Widersprüche verstrickt. Und: Wie die SVP-ArbeitnehmerInnen die Affäre Vallazza weichspülen und als Akt der Bauernschläue abtun wollen.

von Artur Oberhofer

Ein Mitglied der Landesregierung wagt die Prophezeiung, dass im Fall Manfred Vallazza „nix passieren“ werde.

Die Parteispitze werde die Affäre aussitzen. „Und“, so sagen SVP-Insider, „in den SVP-ArbeitnehmerInnen, die sich so gern als das soziale Gewissen der Partei bezeichnen, hat Manfred Vallazza jetzt sogar neue Alliierte im Kampf gegen die böse Presse gefunden.“

Der Fall Vallazza wird immer skurriler. Parteiobmann Philipp Achammer, der in weit weniger schlimmen Fällen – Jasmin Ladurner, Arnold Schuler, Helmut Tauber –, die Moralkeule geschwungen und die Sünder im Edelweiß zum Rücktritt gedrängt hat, lässt den Gadertaler Abgeordneten nicht fallen, weil dieser ein Exponent des mächtigen „Freunde im Edelweiß“-Flügels rund um den Pusterer Bezirksobmann und Senator Meinhard Durnwalder ist. „Wäre Vallazza ein Kompatscher-Unterstützer“, heißt es in der Partei hinter vorgehaltener Hand, „wäre er längst rausgeflogen.“

Derweil zieht der Fall Vallazza weitere Kreise.

Manfred Vallazza selbst tischt seinen eigenen Parteifreunden – wie wir noch sehen werden – Unwahrheiten auf, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Und jetzt hieven die SVP-ArbeitnehmerInnen den Vallazza-Skandal auf eine neue Ebene.

Der Skandal sei gar kein Skandal, Vallazza sei nur ein Schlitzohr.

Philipp Achammer

Die Fakten: Der Abgeordnete Helmuth Renzler, der sich selbst als Rächer der Entrechteten und als Kämpfer für die Wenigverdiener und Rentner sieht, sagte in einem Zeitungsinterview, dass Manfred Vallazza „nichts Unrechtes getan“ habe. Vallazza, so Renzler, habe nur die „gesetzlichen Bestimmungen schlauer interpretiert als andere“.

Man muss sich Renzlers Worte auf der Zunge zergehen lassen.

Da gibt es ein de facto rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichtshofes, in dem schwarz auf weiß steht, dass der SVP-Bauernvertreter Manfred Vallazza die öffentliche Hand um 100.000 Euro gebracht habe. Und der Spitzenexponent des sozialen Flügels der Partei geht her und tut den Vallazza-Skandal als Akt der angewandten Bauernschläue ab. „Wasser predigen und selbst Wein trinken“, ätzte das Nachrichtenportal Salto.bz in Richtung Renzler.

Der Umstand, dass die SVP-ArbeitnehmerInnen ihren Schutzschirm über Manfred Vallazza ausgefahren haben, hat wohl auch damit zu tun, dass Waltraud Deeg in der Sache Vallazza möglicherweise eine aktivere Rolle gespielt hat, als bislang bekannt wurde.

Die Fragen, was Deeg wann wusste und was in den Aussprachen, die Vallazza in eigener Sache mit der Wohnbaulandesrätin geführt hat, besprochen und beschlossen wurde, könnte nun Gegenstand von gerichtlichen Vorermittlungen werden. Insider berichten von mindestens einem Treffen im Büro der Landesrätin, bei denen neben Vallazza auch der Wengener Bürgermeister Angel Miribung zugegen gewesen sei.

Jasmin Ladurner

Die politische Optik ist für die SVP fatal:

Die Edelweiß-Partei wirft eine (dem LH nahestehende) Abgeordnete wie Jasmin Ladurner, die 511 Euro falsch abgerechnet hat, aus der Partei.

Ein Bauernvertreter, der dem Achammer-Durnwalder-Flügel angehört und der öffentlichen Hand die stattliche Summe 100.000 Euro „kostet“, darf bleiben – und sich sogar noch als Opfer von dunklen Kräften gebärden.

Im Zuge seiner politischen Selbstverteidigungsversuche geht Manfred Vallazza ziemlich tolpatschig vor.

Ein konkretes Beispiel: Am vorvergangenen Mittwoch meldete sich Manfred Vallazza auf der erweiterten Bezirksausschusssitzung des SVP-Bezirkes Pustertales in St. Georgen zu Wort.

Den rund 100 anwesenden SVP-FunktionärInnen erzählte Vallazza, er sei Opfer der bösen Medien und eines parteiinternen Machtkampfes. Dabei, so der Gadertaler Politiker und Bauernbundangestellte im politischen Wartestand, habe er nur dem Ausverkauf der Heimat entgegenwirken wollen. Vallazza schwor, er habe nicht gewusst, dass sein Cousin und seine Schwester für den geförderten Wohnbau ansuchen oder auf der Rangliste aufscheinen würden.

Als Tage später die TAGESZEITUNG und Salto.bz den Durchführungsplan, den Manfred Vallazza ganz zu Beginn dieser Immobilienoperation im November 2015 in der Gemeinde Wengen eingereicht hatte, veröffentlichten, kippte die Stimmung.

In dem Dokument steht nämlich zu lesen:

Durch die neue Zone soll die Möglichkeit geschaffen werden, für zwei Familien in der Nähe des Elternhauses ein Wohnhaus zu erbauen und damit die Abwanderung vom Weiler vermieden werden.

Bauer Manfred Vallazza (Foto: Instagram)

Es war, also, von Beginn an klar, dass die Immobilienoperation im Weiler Cians für zwei Mitglieder aus der Familie Vallazza durchgezogen werden sollte.

In den vergangenen Tagen hat SVP-Chef Philipp Achammer zig Rückmeldungen von Mitgliedern aus dem Bezirk Pustertal bekommen, die sich im wahrsten Sinne des Wortes von Manfred Vallazza verarscht fühlten.

Wie sich die sonst so moralinsauren SVP-ArbeitnehmerInnen im Fall Vallazza zu willigen Handlangern der Freunde im Edelweiß machen, belegt folgender Fakt: Während man nach außen hin erklärte, Manfred Vallazza habe „nichts Unrechtes getan“ (Helmuth Renzler), wurde jetzt still und leise das neue Wohnbaugesetz abgeändert.

Am vergangenen Freitag wurde im Generalsekretariat des Landtages der Gesetzentwurf Nr.116/22 eingebracht.

Einbringer des Gesetzesentwurfes sind die SVP-Abgeordneten und Arbeitnehmervertreterinnen Helmuth Renzler, Waltraud Deeg, Magdalena Amhof und Paula Bacher.

Besonders interessant ist der Absatz 7 im Artikel 2. Darin heißt es:

Die Zuweisung eines geförderten Baugrundes in demselben Mischgebiet an die vorigen Eigentümer der enteigneten Flächen oder an deren Verwandte und Verschwägerte ersten und zweiten Grades ist nicht zulässig.“

Es ist dies eine Lex Vallazza, also ein Gesetzesänderung, die eindeutig auf den Fall Vallazza zugeschnitten ist.

Eine Immobilienoperation, so wie sie Manfred Vallazza durchgezogen hat, wird künftig nicht mehr möglich sein.

Dieser Passus, so schreiben die Einbringer, sei in den Gesetzestext eingefügt worden, „um die Gewährleistung des öffentlichen Interesses zu sichern“.

Mit diesem Passus bestätigt die SVP indirekt genau das, was das Bozner Verwaltungsgericht im Urteil mit dem Aktenzeichen 214/22 schreibt. Nämlich, dass die Operation Vallazza nicht dem öffentlichen, sondern ausschließlich dem privaten Interesse gedient hat.

Die SVP muss sich fragen lassen: Warum wird so schnell ein Gesetz geändert, wenn im Fall Vallazza alles rechtens gewesen ist?

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (51)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen