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Abschiedsgeschenk für Gatterer

Die Landesgesellschaft SASA kauft der SAD 110 gebrauchte Busse für sieben Millionen Euro ab. Dabei hatte die SAD für diese Busse nur 1,1 Millionen Euro bezahlt – den Rest hatte das Land finanziert.

von Heinrich Schwarz

Die SAD ist vom Busverkehr in Südtirol verschwunden. Der jahrzehntelange Platzhirsch im öffentlichen Nahverkehr hat keines der zehn Lose im Rahmen der Neuausschreibung der Busdienste gewonnen.

In den letzten Monaten folgte nach und nach die Übergabe der Buslinien an die neuen Betreiber. Ingemar Gatterer und seine SAD sind in Südtirol damit nur noch für einen Teil der Zugdienste zuständig.

Wie sich jetzt herausstellt, hat die SAD zum Abschied aus dem lokalen Bussektor aber ein lukratives Geschäft abgeschlossen. Sie konnte nämlich vor kurzem 215 ihrer Busse zum Marktwert an die neuen Betreiber verkaufen, obwohl diese Busse fast zur Gänze vom Steuerzahler finanziert worden waren.

Zur Erinnerung: Die Landesregierung hatte in den letzten Jahren immer wieder erklärt, dass die mit Beiträgen des Landes erworbenen Busse kostenlos an die neuen Betreiber übergeben werden müssen. Die SAD war stets der gegenteiligen Meinung: Weil die Busse im Eigentum der SAD seien, könne man sie nach Ende der Konzession zum Marktwert verkaufen. Dazu behängt ein Rechtsstreit zwischen Land und SAD.

Gegenüber Rai Südtirol sagte der Direktor der Landesabteilung Mobilität, Martin Vallazza, im Mai zwar, dass für das Land im Rahmen des jetzigen Bus-Deals keine zusätzlichen Kosten entstanden seien. Davon kann allerdings keine Rede sein.

Die Details:

105 der 215 Busse wurden von der SAD an die privaten Südtiroler Unternehmen übergeben, die jetzt den Großteil der außerstädtischen Buslinien betreiben. „Die privaten Betreiber haben nur die Busse angekauft, die über zwölf Jahre alt sind. Diese Busse können nur mehr im Ausnahmefall für den Liniendienst eingesetzt werden und haben somit auch nur mehr einen geringen Restwert. Diese Busse werden dann nach der Nutzung in der zehnmonatigen Übergangsfrist durch neue Busse ersetzt“, erklärt Martin Vallazza gegenüber der TAGESZEITUNG.

Da es sich dabei um eine Operation zwischen privaten Unternehmen handelt, sei dem Land der genaue Kaufpreis nicht bekannt, merkt der Abteilungsdirektor an.

Vallazza erläutert weiters, dass – anders als von der Politik immer wieder vermittelt – die Busse doch nicht kostenlos an die neuen Betreiber übergehen mussten: „Laut Ausschreibung ist vorgesehen, dass die neuen Betreiber die Busse selbst am Markt besorgen müssen. Für uns als Auftraggeber ist es somit unerheblich, ob die Betreiber die Busse irgendwo am Gebrauchtmarkt ankaufen oder von den scheidenden Betreibern übernehmen. Allerdings ist es für die Qualität der Dienste vorteilhaft, wenn auch in der Übergangsphase von zehn Monaten Busse mit dem Südtirolmobil-Branding und dem aktuellen Entwerter-System fahren.“

Die Abtretung sei in Übereinstimmung mit dem Landesmobilitätsgesetz und einem Beschluss der nationalen Regulierungsbehörde für die Transporte erfolgt, die immer vom Marktwert sprechen würden.

Die anderen 110 Busse wurden von der SAD an die SASA verkauft, die neben den Stadtbus-Diensten mittlerweile auch eine Vielzahl außerstädtischer Busdienste betreibt. Die SASA gehört mehrheitlich dem Land und teilweise den Gemeinden Bozen, Meran und Leifers.

Laut Martin Vallazza hat die SASA für diese 110 Busse rund sieben Millionen Euro bezahlt. Der Restwert dieser Busse sei mittels zweier unabhängiger Schätzungen ermittelt worden.

Die erste Schätzung stammt vom Studio Ghezzi aus Verona und wurde von der SAD und den anderen betroffenen Parteien in Auftrag gegeben. Die zweite Schätzung wurde vom Land in Auftrag gegeben. Dabei korrigierte das Unternehmen RSM aus Mailand die erste Schätzung leicht nach unten.

So weit, so gut. Bleibt die Frage, ob die SAD schlussendlich mehr für die Busse erhalten hat als sie ursprünglich selbst bezahlt hatte.

Auf Nachhaken bei Abteilungsdirektor Martin Vallazza erklärt dieser, dass die SAD rund 27,7 Millionen Euro für diese 110 Busse bezahlt hatte. „Die SAD hat dafür gemäß Dekret aus dem Jahr 2011 einen Beitrag von rund 26,6 Millionen Euro erhalten, da die letzte Rate von uns nicht mehr ausbezahlt wurde“, so Vallazza.

Das heißt: Die SAD hat für die 110 Busse de facto nur 1,1 Millionen Euro bezahlt, konnte sie jetzt aber für sieben Millionen Euro an die Landesgesellschaft SASA verkaufen. Das Land zahlt über die SASA also sieben Millionen Euro für etwas, das sie bis auf 1,1 Millionen Euro selbst finanziert hatte.

Ein feines Geschäft für die SAD mit einem Gewinn von rund sechs Millionen Euro zu Lasten des Steuerzahlers.

Dennoch kommt von Martin Vallazza auch gegenüber der TAGESZEITUNG die Feststellung: „Die Übertragung der Busse zwischen der SAD und den neuen Betreibern ist eine Operation zwischen diesen Unternehmen und bedeutet keine zusätzlichen Kosten für das Land.“

Vallazza betont weiters, dass die Operation der SASA wirtschaftlich sinnvoll sei: „Denn sonst hätte SASA diese 110 Busse neu ankaufen müssen, was rund 25 Millionen gekostet hätte. Zudem ist es auch im Sinne der Nachhaltigkeit angemessen, diese Busse, die teilweise erst fünf Jahre alt sind, für ein paar weitere Jahre zu nutzen, während der Fuhrpark der SASA nach und nach auf alternativ angetriebene Busse mit Batterie- oder Wasserstoffantrieb umgestellt wird.“

Alles in allem ist es höchst verwunderlich, warum die (öffentlich finanzierten) SAD-Busse nicht – wie immer behauptet – kostenlos an die neuen Betreiber übergeben werden müssen, sondern die SAD ein Millionen-Geschäft auf Kosten der öffentlichen Hand abschließen konnte.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Aussage von Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider vom Jänner 2021. Damals hatte das Landesgericht die Anträge der SAD, mit denen festgestellt werden sollte, dass die öffentlich finanzierten Linienbusse zum Eigentum der SAD gehören und wieder ans Land verkauft werden können, für unzulässig erklärt.

Alfreider ließ sich in einer Aussendung der Landespresseagentur so zitieren: „Öffentliche Investitionen müssen öffentlich bleiben. Hier wurden öffentliche Gelder eingesetzt, um einen öffentlichen Dienst zu finanzieren. Die Forderung, dass das Land seine mit öffentlichen Geldern gekauften Verkehrsmittel jetzt von einem privaten Unternehmen nochmals kaufen soll, deckt sich nicht mit den Grundsätzen einer öffentlichen Verwaltung. Es handelt sich schließlich um Steuergelder der Südtiroler und Südtirolerinnen.“

Jetzt hat man aber genau diese Forderung erfüllt.

Auf die Bitte der TAGESZEITUNG um eine Stellungnahme und auf die Konfrontation mit seinen damaligen Aussagen verweist Daniel Alfreider nur darauf, dass die Übertragung der SAD-Busse mit größter Transparenz und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben abgewickelt worden sei.

Und dass es der öffentlichen Verwaltung vor allem wichtig gewesen sei, „dass der Dienst pünktlich anlief und kein einziger Bus, der mit den Geldern der Bürgerinnen und Bürger bezahlt wurde, seiner Bestimmung für den öffentlichen Dienst entzogen wurde.“ Selbstverständlich seien sämtliche Aufsichtsbehörden und die staatliche Antikorruptionsbehörde ständig informiert worden, so der Landesrat.

Der Rechtsstreit rund um die Eigentumsfrage der Busse behängt nach einem Rekurs der SAD übrigens noch. Laut Abteilungsdirektor Martin Vallazza ist für Herbst die nächste Verhandlung vor dem Gericht angesetzt.

Derweil wurden mit dem Bus-Deal aber bereits Fakten zugunsten der SAD geschaffen. Und Ingemar Gatterer hat bekommen, was er wollte, falls er die Buslinien verliert: den Verkauf der Busse zum Marktwert.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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