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Beschnittene Autonomie

Die Süd-Tiroler Freiheit hat im Landtag einen Antrag eingebracht, der darauf abzielt, die Beschneidungen der Autonomie rückgängig zu machen.

Die Südtirol-Autonomie werde seit Jahren von Italien beschnitten. Deshalb brachte die Süd-Tiroler Freiheit im Landtag einen Antrag zur Abstimmung, damit die verloren gegangenen Autonomie-Kompetenzen wiederhergestellt werden.

Der Text laut Antrag:

Der Landtag wolle beschließen: 1. Der Südtiroler Landtag spricht sich für eine vollständige Wiederherstellung aller beschnittenen Autonomiekompetenzen aus und fordert das italienische Parlament sowie die italienische Regierung auf, die Südtirol-Autonomie vollumfänglich wiederherzustellen. 2. Das italienische Parlament und die italienische Regierung werden weiters aufgefordert, die Ergebnisse des partizipativen Prozesses des Autonomie-Konvents anzuerkennen und weitere Zuständigkeiten an das Land Südtirol zu übertragen. 3. Zu diesem Zwecke wird die Südtiroler Landesregierung aufgefordert, einen Katalog mit allen wiederherzustellenden Autonomiekompetenzen sowie mit den im Autonomie-Konvent angestrebten neuen Kompetenzen vorzulegen und in Absprache mit der Republik Österreich mit dem italienischen Parlament und der italienischen Regierung zur Erlangung dieser Ziele in Verhandlungen zu treten.

“Im Südtiroler Landtag fand unlängst die Vorstellung der Dissertation des preisgekrönten Juristen Dr. Matthias Haller— mit dem Titel „Südtirols Minderheitenschutzsystem. Grundlagen, Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen aus völker- und verfassungsrechtlicher Sicht.“ — statt, in der dieser aufzeigte, dass seit der Streitbeilegungserklärung 1992 in mehr als 50 Prozent der autonomen Kompetenzen Einschnitte erfolgt sind”, stellte Miteinbringer Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) fest.

„Das heißt, Südtirols Autonomie steht heute in vielen Bereichen schlechter da als vor der Streitbeilegungserklärung. Die meisten Beschneidungen der Autonomie sind nach der Verfassungsreform von 2001 eingetreten und betreffen vor allem die Bereiche Jagd, Handel, Pflanzen- und Tierschutzparke, öffentliche Dienste, Raumordnung und Baupläne, Landschaftsschutz, Bergbau, öffentliche Arbeiten, Tourismus, öffentliche Vorführungen sowie öffentliche Sicherheit. In den meisten Fällen hat der italienische Verfassungsgerichtshof dabei gegen Südtirol geurteilt und das staatliche Interesse in den Vordergrund gestellt. In bewährter Salamitaktik wird die Südtirol-Autonomie somit seit Jahren einseitig von Italien beschnitten. Zuletzt hat auch die Corona-Politik Italiens die Autonomie praktisch stark eingeschränkt. Diese Entwicklung ist besorgniserregend und bedarf einer umgehenden Korrektur, zumal Italien völkerrechtlich verpflichtet ist, die autonomen Kompetenzen von 1992 wiederherzustellen.”

Die Autonomie müsse nicht nur wiederhergestellt, sondern angesichts der geänderten Rahmenbedingungen auch ausgebaut werden. Die Zusammensetzung der Südtiroler Gesellschaft habe sich verändert, Reformen der EU hätten ebenfalls Veränderungen gebracht. Der Autonomiekonvent habe viele Anregungen dazu gemacht, diese sollten berücksichtigt werden.

Der Landtag (Foto: GNews)

Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia) fand es bemerkenswert, dass die Süd-Tiroler Freiheit diesmal von Autonomie spreche, nicht von Selbstbestimmung.

Die Autonomie sei seit der Streitbeilegungserklärung ein konsolidierter Rahmen, der seit 1992 auch ausgebaut worden sei. Sie sei nicht in Gefahr, daher sei der Antrag unnötige Panikmache.

Die Autonomie sei ein Vorteil für alle Sprachgruppen, erklärte Paul Köllensperger (Team K). Derzeit sei eine Änderung des Statuts schwierig, da das Vetorecht für Südtirol fehle, andererseits seien auch die derzeitigen Kompetenzüberschneidungen problematisch. Leider seien bisherige Änderungen immer im Alleingang einzelner Mandatare erfolgt, anstatt dass man den Landtag eingebunden hätte. Seine Fraktion unterstütze den Antrag, vor allem Blick auf den Autonomiekonvent.

Die SVP sehe sich als die Autonomiepartei schlechthin, erklärte LH Arno Kompatscher, der auch die korrekte Formulierung des Beschlussantrag anerkannte. Die Beschneidungen der Autonomie seien nicht aus Böswilligkeit erfolgt, allerdings bemerke man in letzter Zeit einen Trend zum Zentralismus. Ein weiteres Problem sei die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, gegen die es keine Einspruchsmöglichkeit gebe. Einzige Möglichkeit sei der Gang über das Parlament, am besten mit einer Verfassungsbestimmung.

Es gebe als Schutzinstrument eine Besserstellungsklausel, die aber bei Querschnittskompetenzen des Antrags nicht ihre volle Wirkung entfalte. Er werde das Thema bei der Feierstunde zur Streitbeilegungserklärung klar vor den beiden Außenministern ansprechen. Italien habe die völkerrechtliche Verpflichtung, die vereinbarte Autonomie zu gewähren. Man werde Punkt 1 zustimmen. Punkt 2 und Punkt 3 könne man inhaltlich zustimmen, man sollte diese Forderung aber auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Dementsprechend seien auch die Prämissen des Antrags anzupassen.

Sven Knoll schlug vor, Punkt 3 beizubehalten und darin nur den Bezug auf den Autonomiekonvent zu streichen. Mit der Streichung von Punkt 2 zeigte er sich einverstanden.

LH Kompatscher sprach sich dagegen aus. Der Weg über den Wiederherstellungskatalog funktioniere nicht, er schütze nicht vor weiteren Urteilen. Die Juristen seien sich inzwischen einig, dass man einen grundsätzlichen Weg gehen sollte.

Man einigte sich schließlich darauf, aus Punkt 3 sowohl den Konvent als auch den Wiederherstellungskatalog zu streichen. Der neue Wortlaut: “3. Zu diesem Zwecke wird die Südtiroler Landesregierung aufgefordert, in Absprache mit der Republik Österreich mit dem italienischen Parlament und der italienischen Regierung zur Erlangung dieser Ziele in Verhandlungen zu treten.”

Sven Knoll bekannte sich zum Ausbau der Autonomie. Die Änderungen in Europa hätten letztlich zu Verbesserungen geführt, z.B. die Öffnung der Grenzen. Am Ende sollten dann die Menschen selbst entscheiden können, welche Zukunft sie sich für ihr Land wünschten.

Der Antrag – die Punkte 1 und 3 in der neuen Form und die entsprechend angepassten Prämissen – wurde mit 26 Ja und 1 Nein angenommen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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