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Das Richter-Dilemma


Der Landtag hat sich mit der voreiligen Ernennung Fabrizio Cavallars zum Verwaltungsrichter in eine Sackgasse manövriert.

von Matthias Kofler

Der Landtag entschied sich dafür, auf Zeit zu spielen: Die für gestern vorgesehene Ernennung eines Richters am Verwaltungsgericht wurde vertagt. Landtagspräsidentin Rita Mattei teilte mit, dass der im April vom Landtag gewählte Kandidat Fabrizio Cavallar laut Regierung nicht die altersmäßigen Voraussetzungen habe. Auf dessen Antrag habe das Verwaltungsgericht Latium eine einstweilige Verfügung erlassen, wodurch eine Neuwahl derzeit nicht möglich sei.

Die einstweilige Verfügung sieht vor, dass der Landtag bis zum Prozess am Verwaltungsgericht Anfang Juni keine Entscheidung treffen kann, die ein etwaiges Urteil des Gerichts überflüssig machen könnte. Im konkreten Fall soll ausgeschlossen werden, dass der bei der Wahl im Landtag unterlegene Kandidat Carlo Busato in der Zwischenzeit zum Richter ernannt wird.

Das Rechtsamt des Ministerratspräsidiums hatte dem Landtag in einem Schreiben vom 29. April mitgeteilt, dass das Verfahren zur Bestätigung der Wahl von Fabrizio Cavallar zum Verwaltungsrichter gestoppt worden war. Begründung: Cavallar, derzeit Leiter des Rechtsamtes des Landes, war am 7. April, dem Tag des Landtagsvotums, älter als 60 Jahre.

Laut einer Durchführungsbestimmung, die seinerzeit von SVP-Senator Karl Zeller formuliert worden war, ist die Ernennung zum Verwaltungsrichter ab diesem Alter nicht mehr möglich. „Der Besitz dieser anagrafischen Voraussetzung ist eine Voraussetzung für die Genehmigung der Nominierung durch den Ministerrat“, heißt es kurz in dem Rechtsgutachten des Ministerratspräsidiums.

Brisant: Es war Präsidentin Mattei, die das Gutachten beim Ministerratspräsidium in Auftrag gegeben hatte. Doch statt dieses abzuwarten, sorgte der Landtag für vollendete Tatsachen – und zwar vier Tage vor Eintreffen des Gutachtens. Juristen sprechen von einem „dilettantischen Fehler“.

Das Hohe Haus kann nun einen Beharrungsbeschluss fassen, um die Wahl Cavallars zu bestätigen, den Zweitplatzierten Busato ernennen – oder das Auswahlverfahren neu starten. Für welche Option sich die Abgeordneten entscheiden, ist derzeit völlig offen.

Klar ist, dass man vorerst die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Latium abwarten will. Dieses kann, erstens, eine Aussetzung der Nichternennung Cavallars durch den Ministerrat beschließen. Dies hieße aber nicht, dass Cavallar automatisch zum Richter ernannt würde. Vielmehr würde der Ball beim Verwaltungsgericht liegen. Sollte dieses bis Dezember kein Urteil fällen, wäre auch Busato aus dem Spiel, weil dieser dann die Altersobergrenze erreicht hätte. Zweite Option wäre, dass es keine Aussetzung gibt, der Landtag also eine neue Entscheidung treffen muss. Auch das wäre ein Szenario mit offenem Ausgang. Eine Neuaufnahme des Auswahlverfahrens würde Busato schwerlich akzeptieren, da er die Voraussetzungen bereits erfüllt und bei einem Ausscheiden Cavallars der einzig verbliebene Kandidat wäre. Drittens schließlich entscheidet das Verwaltungsgericht schon Anfang Juni „in meritum“, also entweder zugunsten oder gegen Cavallar. Würde dessen Rekurs angenommen, würde der Ministerrat wohl dagegen vor dem Staatsrat rekurrieren. Bei einem negativen Urteil wäre es Cavallar selbst, der Rekurs einlegen würde.

Rechtsexperten befürchten, dass das Verwaltungsgericht Bozen über lange Zeit ohne einen Richter der italienischen Sprachgruppe bleiben wird.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • tiroler

    Sorry, aber dieser Cavallar war doch landesangestellter, oder? Wr wird sicher eine üppige Pension kassieren. Warum wird hier vom Land das Gesetz umgangen? Wenn jemand mit 65 den Busführerschein aus Altersgründen abgeben muss, kann er auch nicht weiterfahren.

  • besserwisser

    der tommy war frei und bereit verantwortung zu übernehmen!

  • artimar

    Für das Landgericht Bozen wäre der Verlust Busatos jedenfalls ein großer Verlust, zumal er ja sogar zum Gerichtspräsidenten ernennt werden soll.
    Wieso darf hier gegen den Verwaltungsakt des Ministerratspräsidiums, der sich gegen die Entscheidung des Landtags richtet, der Kandidat Fabrizio Cavallar Rekurs selbst stellen, zumal er nicht mal Adressat des Ablehnungsbescheids war/ist?

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