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„Der Bürger ist keine Datei“

Volksanwältin Gabriele Morandell sprach in Straßburg bei einem internationalen Kongress zum Thema der Digitalisierung der Verwaltung und der Rolle des Volksanwaltes.

Die Südtiroler Volksanwältin Gabriele Morandell sprach vor einigen Tagen bei der Konferenz des Europäischen Verbindungsnetzes der Volksanwälte und Bürgerbeauftragten im Europäischen Parlament in Straßburg zum Thema der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und der Beeinträchtigung der Rechte der Bürgerinnen.

Die Pandemie habe die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sehr stark beschleunigt. Zeitgleich seien die Beschwerden der Bürger in Zusammenhang mit der Digitalisierung auch bei der Südtiroler Volksanwaltschaft sehr stark angestiegen.

Grundsätzlich könnten nämlich nur 60 Prozent der Bevölkerung das Internet und die Onlinedienste umfassend nutzen. Somit würden die Rechte all jener Menschen nicht berücksichtigt, die aufgrund ihres hohen Alters, aufgrund einer Behinderung oder einfach aufgrund von Analphabetismus oder auch einer fehlenden technischen Ausrüstung oder Internetverbindung keinen Zugang zu den Onlinediensten der öffentlichen Verwaltung haben, schreibt die Volksanwältin.

Vielfach seien die Bürger auf diese neuen Herausforderungen nicht vorbereitet, die Programme seien oft recht kompliziert und gar nicht benutzerfreundlich und es gebe wenige oder gar keine kompetenten Ansprechpartner, die bei Problemen kontaktiert werden können. „Oftmals wird von den Verwaltungen auch vergessen, dass die Verwaltungssprache sehr komplex ist und die zu beantwortenden Fragen von vielen Bürgern gar nicht verstanden werden“, so Gabriele Morandell.

Der direkte Kontakt zwischen Verwaltung und Bürgern werde mit der Digitalisierung stark abgebaut, es entstehe große Distanz und damit einhergehend ein Vertrauensverlust in die öffentlichen Einrichtungen.

„Viele und vor allem ältere Menschen finden sich in der digitalen Welt nicht zurecht bzw. lehnen diese ganz ab, sodass sie von der Verwaltung einfach ausgegrenzt und in ihren Rechten und ihrer Würde stark beeinträchtigt werden“, so die Volksanwältin.

Und weiter:

„Die Hauptaufgabe der Verwaltung muss es nämlich sein und muss es bleiben, jedem Bürger unabhängig von seinem Bildungsgrad die Dienstleistungen zu erbringen und die Bürger zu unterstützen. Somit muss es auch weiterhin Aufgabe der Verwaltung bleiben für alle Bürger, ohne Umwege über private Dienstleister, zugänglich zu bleiben und es müssen den Bürgern mehrere einfache Wege, wie auch ein direkter Kontakt, angeboten werden, um in den Genuss der öffentlichen Dienste zu kommen.

Der persönliche Kontakt und Austausch mit dem zuständigen Beamten sollte für alle öffentlichen Verwaltungen im Sinne des von der Verfassung geschützten Rechts einer guten Verwaltung auch in Zukunft immer verpflichtend offen bleiben müssen!“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • fakt60ist

    Frau Morandell hat es genau auf den Punkt gebracht, der Bürger ist keine Datei“. Fakt ist, dass sich die Bürger mittlerweile lang schon nur mehr als Datei fühlen. Da sind nicht nur die älteren Generationen die mit dem ganzen digitalen Wahnsinn nicht mehr zu recht finden, nein, auch wir jüngere Generationen kommen manchmal in die Nähe des Nervenzusammenbruchs, wenn man stundenlang vor dem PC sich ärgern muss, und mit dem ganzen komplizierten Wahnsinn meist nicht zum zurecht kommt. Lang wird es wohl nicht mehr dauern, dann haben wir alle einen QR cod an der Stirn und einen Chip im Körper. Wo nur wollen uns diese Wahnsinnigen hinführen???? Total verrückte Welt!!!

  • dn

    Danke Frau Morandell. Es ist wirklich unzumutbar, dass sich Bürger mit teils schlecht funktionierenden und komplizierten Programmen herumplagen müssen. Bei all den Beamten wirds wohl auch Alternativen geben.

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