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Fehlende Mitarbeiter

Markus Bernard

Wo Markus Bernard, Baugewerbe-Obmann im Handwerkerverband lvh, den Grund für den Mitarbeiter-Rückgang sieht. Und die Grenzwanderung bei den Lieferengpässen.

Tageszeitung: Herr Bernard, die Landesabteilung Arbeit meldet den vierten Monat in Folge rückläufige Beschäftigungszahlen im Südtiroler Baugewerbe. Wie erklären Sie sich diesen Negativtrend bei der Anzahl der Mitarbeiter?

Markus Bernard: Ein Argument könnte sein – und das spüre ich auch selbst ein bisschen –, dass die Bauwirtschaft italienweit durch die staatlichen Fördermaßnahmen angekurbelt wurde und somit einige Mitarbeiter, die in Südtirol arbeiten wollten, in ihren Heimatregionen eine gut bezahlte Arbeit gefunden haben. Diese Mitarbeiter fehlen nun bei uns. Wir haben zum einen teilweise Probleme, Subunternehmer zu finden, die in Vergangenheit hier arbeiteten. Zum anderen haben aber auch lokale Betriebe Personal verloren. Und zwar nicht, weil wir es nicht beschäftigen können, sondern weil es die genannte Verschiebung am Markt gibt.

Ihre Erklärung deckt sich mit der Hypothese des Direktors der Landesabteilung Arbeit, nämlich dass das Baugewerbe stärker als andere Sektoren unter dem Fachkräftemangel leidet und keinen Ersatz für wegfallende Mitarbeiter findet…

Genau. Das ist der einzige Faktor, den wir derzeit spüren. Ansonsten ist es nicht so, dass wir weniger Arbeiter brauchen oder anstellen würden. Im Gegenteil: Wir suchen ständig Lehrlinge, Techniker und Arbeiter.

Die Auftragslage im Baugewerbe ist also nach wie vor gut?

Ja, die Auftragslage ist gut.

Könnten auch Lieferengpässe eine Rolle für den Rückgang der Mitarbeiter spielen? Sprich dass Betriebe nicht voll arbeiten können, weil ihnen Material fehlt.

Nein. Bei diesem Thema stoßen wir zurzeit aber an eine Randgrenze und es könnte meines Erachtens noch ein bisschen schlimmer werden. Wir bekommen noch genügend Material, aber die Preise sind extrem hoch. Wir schlittern derzeit an einer Grenzlinie vorbei und bewegen uns noch im Rahmen des Machbaren. Deshalb haben wir dahingehend noch keine Personaleinbußen zu verzeichnen. Das Problem ist vielmehr, dass viele unserer Lieferanten keinen fixen Preis für ihre Produkte nennen können, weil sich die Situation täglich ändert. Als Folge können wir unseren Kunden heute ebenfalls keine Angebote mit fixen Preisen mehr vorlegen. Wir müssen den Kunden in der Angebotsphase sagen, dass die Preise variabel sein können.

In Restitalien sprechen Wirtschaftsverbände davon, dass Betriebe wegen der Lieferengpässe und Preissteigerungen zeitweise nicht mehr arbeiten. Das ist in Südtirol derzeit also kein Thema?

Nein, wir schlittern am Rand dieses Themas vorbei. Es gibt in Südtirol derzeit etwa fast keinen Kran und keinen Quadratmeter Baugerüst zu mieten. Gerüste kann man auch nicht kaufen, weil die Lieferanten eine Wartezeit von neun bis zwölf Monaten angeben. Auch Bauausrüstung ist rar. Ich kenne bei uns aber noch keine Firma, die weniger arbeitet, weil sie keinen Mietkran findet. Es gibt genügend Ausweich-Arbeiten. Wir haben also durchaus Probleme in der Organisation, aber es ist nicht so, dass wir deshalb Arbeitskräfte abbauen – noch nicht.

Wie lautet Ihre generelle Prognose für die Entwicklung des Baugewerbes in diesem Jahr?

Ich bin zuversichtlich. In Südtirol haben wir noch den Energiebonus, der zum Bauen anregt. Hinzu kommen die Abschreibungsmöglichkeiten des Staates. Somit werden wir die aktuelle Situation auf den Märkten relativ gut überbrücken können. Die negative Situation wird uns leicht streifen, aber danach wird es wieder aufwärts gehen. Ich sehe keine langfristigen Schwierigkeiten. Ein wichtiger politischer Appell ist allerdings, das Raumordnungsgesetz des Landes auf einen stabilen Fuß zu setzen, damit die Gemeinden wissen, was sie zu tun haben. Derzeit befinden sich die Gemeinden in einer Grauzone und wissen nicht, was sie dürfen und was nicht. Dadurch wird Bauen für all jene, die bauen wollen, erschwert.

Interview: Heinrich Schwarz

Michael Auer vom Kollegium der Bauunternehmer sieht den Hauptgrund für den Mitarbeiter-Rückgang in den massiven Preissteigerungen.

Einen Rückgang der Beschäftigten aufgrund des Aufschwungs in Restitalien verortet Michael Auer eher im Hochbau: „Im Hochbau gab es in Südtirol verstärkt die Tendenz, sich Teams für gewisse Baustellen zu holen. Wenn die Bauwirtschaft in Italien anzieht, bleiben die Arbeiter aber lieber in ihrer Heimat“, erklärt der Präsident des Kollegiums der Bauunternehmer.

Im Tiefbau hingegen (aber auch in Produktionsanlagen wie etwa für Asphalt) sieht Auer den Hauptgrund für den Mitarbeiter-Rückgang in den massiven Preissteigerungen insbesondere bei der Energie. Die Auftragslage sei zwar nicht schlecht, „aber die Betriebe sind sehr vorsichtig und sehen von Fixanstellungen momentan eher ab, um je nach Aufträgen flexibel zu sein“, so Michael Auer.

Durch die starken und kaum kalkulierbaren Preissteigerungen sowie Lieferengpässe müssten sich die Betriebe gut überlegen, ob sie überhaupt Aufträge annehmen. Es bestehe die Gefahr, dass man am Ende draufzahlt. Das bedeutet, dass ein Betrieb womöglich still steht, wenn er auf Aufträge verzichtet.„Deshalb versucht man, den Mitarbeiterstand tief zu halten“, erklärt der Baukollegiums-Chef.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • olle3xgscheid

    Alles hausgemacht, zum einen Italiens Familienpolitik, verheerend.
    Als nächstens wird der Jugeng geleehrt NICHT zu arbeiten, sprich Matura= Top Lohn!!
    Und schon seit 4 Jahrzehnten min. die Ausbeutung der Arbeiter! Wieviel h sind es am Bau, Werkstatt, usw??.
    Als nächstes gibt es in Südtirol bei fast keinem Arbeitgeber “ Benefits“
    Will heißen, Prämien, Abo auf Fitnessclub-Sauna , Zahnversicherung uvm .
    Es gäbe viel zu tun…

  • nochasupergscheiter

    Du beauftragst eine einheimische alteingesessene Baufirma, und sie schicken dir eine Firma aus Bozen, Chef aus Albanien oder ähnlich…. der mit einem Porsche cayenne vorfährt mit riesigem Gefolge an armen Geistern die jede drecksarbeit erledigen…
    Asbest? Kein Problem räumen wir weg… Staub und Dreck kein Problem machen wir alles weg…
    Die südtiroler Baufirma machte Kasse und der Porschefahrer auch..
    Mittlerweile hat der Porschefahrer aber verstanden dass er eigentlich die Baustelle selbst übernehmen könnte… Billiger da… unzählige günstige und Zweifelhaft bezahlte austauschbare Arbeitskräfte die sich streiten wer dem Chef den mittagskaffe zahlen darf…
    Steuer zahlen wir hier und da und sonstwo, kommen ja immer die rechnungen von derausländischen zweigstelle dass HIER nichts übrig bleibt…
    Wenn einer einen Stein aufn Kopf kriegt wird er verräumt…
    Gezüchtet sind diese Firmen aber von unseren grossen Vorzeigefirmen die den Ton angeben im Land und hoffiert werden… und nicht mehr lange dann werden wir alle noch viel blöder schauen da bin ich mir sicher… Dann beisst es die kleine einheimische Firma mit ihren Angestellten aus südtirol auch noch vom Markt…

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