Du befindest dich hier: Home » Gesellschaft » „Der Weg ist lang“

„Der Weg ist lang“

Der Kinderschutzexperte und Jesuitenpater Hans Zollner war am Freitag bei einer Weiterbildung für Verantwortliche der Diözese in Bozen. Dabei ging es um die Aufarbeitung von Missbrauch.

Bischof Ivo Muser hat erst in diesen Tagen in seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit unterstrichen, dass die Kirche an der Seite der Menschen sein muss, die Missbrauch, Erniedrigung und Gewalt erfahren haben. „Es tut weh zu erkennen, dass wir auch als Kirche hier gefehlt haben und fehlen, weil wir uns zu wenig den Opfern zugewandt haben, ihrer Not, ihrer Verletzung, ihrem großen Leid. Aufarbeitung und Prävention bleiben der Auftrag – als Kirche und als Gesellschaft. Ich erkenne, dass wir als Diözese uns noch deutlicher diesem Auftrag stellen müssen“, erklärt Bischof Ivo Muser.

Vor diesem Hintergrund haben am Freitag unter der Leitung des Priesters und Psychologen P. Hans Zollner SJ im Bozner Pastoralzentrum zwei interne Weiterbildungsveranstaltungen stattgefunden, in denen es um Möglichkeiten und Grenzen von Aufarbeitung ging. Zollner ist ausgewiesener Kinderschutzexperte und seit 2014 Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen. Der Jesuit Zollner hat 2012 das Centre for Child Protection (CCP) mitbegründet und ist seit 2021 Direktor des aus dem CCP hervorgegangenen internationalen Safeguarding-Instituts IADC (Institute of Anthropology/Interdisciplinary Studies on Human Dignity and Care). Zollner gilt als einer der wichtigsten Berater des Papstes zum Thema Missbrauch in der Kirche.

Im Austausch mit P. Zollner konnten die Fragen bearbeitet werden, was Aufarbeitung meint, wozu und wem Aufarbeitung dient sowie welches die ihre Grenzen sind. Ängste und Widerstände seien im Zusammenhang mit Aufarbeitung normal, so Zollner. Im Gespräch wurden die Bedeutung und die Folgen der Aufarbeitung aufgezeigt. Pater Zollner: „Ebenso wichtig wie eine Studie ist der Prozess, der damit einhergeht: wie lernen wir, über Missbrauch zu sprechen und über das, was damit an Schmerz, Scham, Schuld und Verantwortung für Vergangenheit und Zukunft verbunden ist?“

Bei der Weiterbildungsveranstaltung wurde unterstrichen, dass Prävention ohne Aufarbeitung weder den Betroffenen Gerechtigkeit verschaffe und Gefahr laufe, den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen vor Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt nicht fundiert voranzutreiben. Aufarbeitung erkunde die systemischen Voraussetzungen, die Missbrauch ermöglichen und decken, ohne dass für Betroffene, Täter und Gemeinden Verantwortung übernommen wurde. Diese Erkenntnisse ermöglichen Lernprozesse, die zu einem radikalen Umdenken und zu strukturellen Veränderungen führen. Für den Beauftragte der Diözese, Gottfried Ugolini, ergeben sich daraus „verbindliche Konsequenzen für die Präventionsarbeit heute und morgen. Das gilt sowohl für den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen als auch für ein kompetentes Erkennen, sofortiges Eingreifen und standardisiertes Vorgehen im Falle eines Verdachtes oder eines Vorfalls von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt durch kirchliche haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende.“

Ergebnis der Weiterbildung ist ein Konsens, konkrete Schritte der Aufarbeitung in Zusammenarbeit mit unabhängigen Einrichtungen und unter Einbeziehung von Betroffenen in die Wege zu leiten. Noch im März findet ein Treffen des Fachbeirates mit Bischof Muser und Generalvikar Eugen Runggaldier statt, um das Vorgehen im Detail abzusprechen und weitere Entscheidungen zu treffen. Pater Zollner: „Der Weg ist lang und wird von vielen Widerständen begleitet. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns gegenseitig kritisch begleiten und ermutigen. Das sind wir den Betroffenen schuldig, aber auch den Kindern von heute und morgen.“ Gottfried Ugolini bewertet die Weiterbildung „als einen wichtigen Schritt in Richtung Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der Kirche Südtirols“.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • andreas1234567

    Hallo zum Abend,

    mein Respekt wer bei „Kinderschutzexperte und Jesuitenpater“ nicht mit Lachkrampf unter dem Tisch gelegen und den Artikel komplett gelesen hat.

    Kommt morgen die Enkeltochter vom Mussolini als Abrissexpertin für faschistische Protzbauten nach Südtirol?

    Was für eine Dreistigkeit.

    Mit allem Respekt vor der kleinen und fleissigen Gemeindearbeit in Südtirol und auch den Hirtenmessen und der ehrlichen Gläubigkeit der Südtiroler mit ihren Herrgottswinkeln in den Zimmern, ihren gepflegten Wegkreuzen aber was sich die hohe Südtiroler Amtskirche in den letzten beiden Jahren in Sachen Volksnähe und Kommunikation mit der Ebene ins Knie geschossen hat, dafür braucht es ein Maschinengewehr.

  • gerhard

    Lieber Her Muser
    diese Dreistigkeit ist wahrlich nicht mehr zu überbieten.
    Zuerst stoppen Sie persönlich die Aufarbeitung durch Außenstehende und neutrale Fachleute.
    Vor lauter Angst, es könnte in diesem Bistum anders sein als in all den anderen Bistümern.
    Und dann tun Sie so, als ab Ihnen wahrhaftig irgendetwas an der ehrlichen Antwort liegen würde.
    Das ist dreist und bösartig.
    Genau so verlogen wie Ihr ehemaliger Boss in Rom, der Benedikt II.

    Mir tun die ehrlichen, anständigen, aufrechten und redlichen Priester und Ordensleute / -frauen leid, die dieses Theater mit ertragen müssen.
    Die Abscheue gegen die Kirche in weiten Teilen der Bevölkerung.
    Kann doch die Kircha an sich nichts für dieses Unrecht, für diese Gräueltaten.
    Das ist ein verschwindend geringer Anteil bösartiger, verlogener und durchtriebener Priester und Ordensleute/-frauen, die diese Bösartigkeiten begangen haben.
    Der Großteil, die riesengroße Mehrheit, sind hochanständige, redliche, liebevolle und herzensgute Menschen, die tagtäglich unendlich viel Gutes tun.
    Es ist mir einfach zu einfach, wegen einigen Versagern im Bodenpersonal des Herrn, die ganze Kirche zu diffamieren.

    Ich glaube nicht an Gott.
    Aber ich respektiere die wertvolle Arbeit der Kirche in so vielen Belangen.
    Und wer beim Kirchenbesuch oder im Gebet Trost, Halt und Erlösung und Ruhe findet, dem sei es doch von Herzen vergönnt.
    Nicht die Kirche an sich ist der Teufel, nein, es ist der verschwindend geringer Anteil am Bodenpersonal, der durch Macht und Angst Menschen unterdrücken will.
    Diese Weiterbildung ist ein Affront gegenüber allen Betroffenen.
    Zuerst WIRKLICH aufklären, Schuld ohne Rücksicht auf die Täter aufdecken, aussprechen und anerkennen.
    Und nicht einfach nur darüber nachdenken, wie man solch bestialisches Unrecht in Zukunft verhindern will.
    Das ist unredlich und verlogen und damit in bester Gesellschaft mit dem Verhalten von Benedilkt II, der nachweislich gelogen und vertuscht hat und sich einfach hinter den hohen Mauern des Vatikan verschanzt. Feige, arrogant und niederträchtig.

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen