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„Wir beziehen Prügel“

Rudi Rienzner

Der Südtiroler Energieverband: Der Ausgleichsmechanismus aus dem Decreto Sostegni sei kein brauchbares Mittel zur Eindämmung der Energiepreise.

Sie erzeugen „grüne“ Energie aus Sonne, Wind oder Wasser, ersetzen teure Rohstoffimporte – und werden jetzt trotzdem bestraft.

Das am 27. Januar in Kraft getretene „Decreto Sostegni“ will jetzt ausgerechnet bei den Produzenten erneuerbarer und nachhaltiger Energie – auch in Südtirol – Zusatzgewinne aus dem Stromgeschäft abschöpfen. Konkret sieht das neue Dekret aus Rom einen kompliziertenAusgleichsmechanismus vor: Photovoltaik-Anlagen, Windparks, und Wasserkraftwerke mit einer Leistung von mehr als 20 Kilowattstunden werden – unter bestimmten Umständen –zur Rückzahlung von „Extraprofiten“ verpflichtet, die aufgrund der hohen Strompreise entstanden sind.

„Damit werden viele Unternehmen, die angesichts der globalen Klimakrise eigentlich alles richtig gemacht haben, nicht belohnt, sondern beziehen Prügel“, erklärt dazu der Generaldirektor des Südtiroler Energieverbands SEV Rudi Rienzner.

Die Ausgleichszahlungen treffen „einen wichtigen Zukunftsbereich, der laut den Vorgaben des europäischen Green Deals eigentlich ausgeweitet und gefördert werden sollte“. Südtirol, das jährlich knapp sieben Gigawattstunden erneuerbare Energie erzeugt und weniger als die Hälfte davon selbst verbraucht, werde jetzt besonders getroffen. Rudi Rienzner: „Die meisten E-Werke schließen heute für die in ihren Anlagen produzierteEnergie – auch in Südtirol – Terminverträge ab, die auf Preisen beruhen, die viele Monatevor der eigentlichen Lieferung festgelegt werden“. Von Gewinnmitnahmen könne in diesen Fällen also „keine Rede sein“.

Verantwortlich für die Preisrallye auf dem Strommarkt ist der Anstieg der Preise für fossiles Gas, so die SEV.

Dieser Brennstoff kostet heute 80 Euro pro Megawattstunde (MWh). In den vergangenen Jahren lag der Durchschnittspreis bei 20 Euro pro MWh. Italien erzeugt 50 Prozent seines Strombedarfs mit fossilem Gas und 90 Prozent davon werden importiert. Angesichts dieser Abhängigkeit und eines nahezu unveränderten Anteils der erneuerbaren Energien von 41 Prozent am nationalem Produktionsmix kostete Italien die Versorgung mit elektrischer Energie im Jahr 2021 nach vorläufigen Schätzungen 75 Milliarden Euro. Hätte das Land die Ziele des europäischen Green Deals mit einem Anteil der erneuerbaren Energieträger von 72 Prozent an der nationalen Stromerzeugung schon heute erreicht, würde diese hohe Gesamtrechnung – laut Berechnungen des Branchenverbands Elettricità Futura – auf 44 Milliarden Euro sinken.

Der Ausgleichsmechanismus aus dem Decreto Sostegni sei daher „kein brauchbares Mittel zur Eindämmung der derzeitigen Notlage“ heißt es auch in einem am 28. Januar veröffentlichten und – neben vielen anderen – von Elettricità Futura und Italia Solare, von Greenpeace, Legambiente und WWF Italia sowie von Verbraucherschutzorganisationen unterzeichneten Appell. Ihre Schlussfolgerung ist eindeutig: Nur der Ausbau der Produktion erneuerbarer Energie könne dazu beitragen, die hohen Strompreise wirksam zu reduzieren.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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