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Die Langzeitfolgen

Intensivstation in Bozen

Ein interdisziplinäres Team von ÄrztInnen aus Tirol und Südtirol hat anhand einer Online-Befragung von COVID-19 erkrankten, aber nicht hospitalisierten PatientInnen die komplexen, langanhaltenden Symptome ermittelt und analysiert.

Atemnot, Erschöpfung, Geschmacksverlust, Konzentrations- und Schlafstörung oder depressive Verstimmung – das sind nur einige Beschwerden, von denen Genesene auch noch Monate nach COVID-19 berichten. Die Phase der Gesundung nach COVID-19 hat viele Aspekte und stellt das Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen.

„Long COVID ist ein PatientInnen-geprägter Begriff, definiert als das Vorhandensein von mindestens einem COVID-19 assoziierten Symptom 28 Tage oder länger nach der akuten Infektphase. Dieser neue Begriff sagt aber nichts über das klinische Erscheinungsbild aus, das sehr heterogen ist. Um Langzeitfolgen zu charakterisieren und einordnen zu können, bedarf es epidemiologisch valider Daten“, betont Judith Löffler- Ragg von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin II an der Medizinischen Universität Innsbruck.

Sie leitet gemeinsam mit Klinikdirektor Günter Weiss, Raimund Helbok von der Univ.-Klinik für Neurologie, Dietmar Ausserhofer und Giuliano Piccoliori vom Institut für Allgemeinmedizin und Public Health an der Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana in Bozen und weiteren ExpertInnen aus den Bereichen Innere Medizin, Neurologie, Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Dermatologie, Pädiatrie, Rehabilitation, Gesundheitswesen und Statistik, das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Gesundheit nach COVID-19“. An der vom Land Tirol geförderten Online-Befragung haben sich bisher insgesamt 2.065 TirolerInnen und 1075 SüdtirolerInnen beteiligt.

In die aktuelle Auswertung der ersten, zwischen September 2020 und Juli 2021 durchgeführten Online-Umfrage, wurden ausschließlich die Angaben jener Befragten einbezogen, die nicht im Krankenhaus behandelt werden mussten und 28 Tage oder länger nach dem Infekt noch Symptome hatten. „Nahezu die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (Tirol: 47,6%, Südtirol: 49,3%) gab an, dass die Symptome über 28 Tage hinaus fortbestanden,“ so Studienleiterin Löffler-Ragg, die in diesem Zusammenhang auf eine mögliche Verzerrung durch StudienteilnehmerInnen mit erhöhtem Leidensdruck hinweist.

Komplexe Symptommuster

Aussagekräftiger sei die vorliegende Arbeit jedoch hinsichtlich Symptommuster und Erscheinungsbilder, sogenannter Phänotypen. Schon beim Verlauf der akuten COVID- 19-Infektion konnten die StudienautorInnen in beiden Studien-Kohorten einen Unterschied zwischen der Gruppe mit vorwiegend “Grippe-ähnlichen“ Symptomen und jener mit zahlreichen neurologischen, kardiopulmonalen (Herz/Lunge) und abdominellen (die Bauchorgane betreffend) Beschwerden feststellen. Für letztere Gruppe prägten die ForscherInnen den Begriff „Multiorgan Phänotyp“ (MOP). „Es war überraschend, dass vor allem Menschen im arbeitsfähigen Alter von 35 bis 55 Jahren einen akuten Infekt mit durchschnittlich 13 Symptomen zu Hause durchmachten, der häufig dieser Multiorgan- Symptomatik zuzuordnen war. Die Anzahl der akuten Symptome sowie die Anzahl spezieller MOP Symptome kristallisierten sich schließlich als Risikofaktoren für eine verzögerte Genesung heraus, wobei Männer ein um 35 bis 55 Prozent vermindertes Risiko für Long COVID hatten“, so Löffler-Ragg. Auch andere internationale Studien belegen, dass von Long COVID mehrheitlich Frauen betroffen sind, wenngleich sie ein geringeres Risiko für einen schweren akuten Verlauf und eine niedrigere Hospitalisierungsrate haben.

Mittels sogenannter „Machine-Learning“ Mustererkennungstools aus den umfangreich erhobenen klinischen Symptomen gelang es schließlich auch bei Long COVID weitere klinische Erscheinungsbilder zu differenzieren, die jeweils in der Tiroler wie auch in der Südtiroler Kohorte konsistent waren: „Neben milderen, vorwiegend mit Riech- und/oder Geschmackstörung assoziierten Phänotypen, zeigte die Hauptgruppe der Betroffenen mit Long COVID (Tirol: 49,3%, Südtirol: 55,6%) zwar keine anhaltende Hyposmie (verminderter Geruchssinn) oder Hypogeusie (Geschmacksstörung), aber eine hohe Anzahl von postakuten Multiorgan-Symptomen wie Erschöpfung, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Kurzatmigkeit, Herzrasen, Engegefühl im Brustkorb, Verdauungsprobleme und Hauterscheinungen sowie eine schlechte, selbst berichtete körperliche Erholung“, schildert Neurologe Raimund Helbok die ersten Erkenntnisse und ergänzt: „Die akute COVID-19 Erkrankung ist als Multi-Organ-Infektion anerkannt, die Spezifität der lang anhaltenden Beschwerdelast muss nun im weiteren Studien untersucht werden“.

Herausforderung für das Gesundheitssystem

„Anhaltende, postinfektiöse Beschwerden kennen wir auch bei anderen Erregern, aber die Fallzahl der Pandemie wird uns hier herausfordern“, betont Klinikdirektor Günter Weiss. Mit den Ergebnissen dieser Zwei-Kohorten-Studie, die in Tirol fortgesetzt wird, soll es nun in der interdisziplinären Zusammenarbeit gelingen, Versorgungskonzepte zu entwerfen, die der langwierigen Erholung nach COVID-19 entsprechen. „Ein Wissenstransfer zu den HausärztInnen für die individuelle Behandlung und Betreuung von Long COVID PatientInnen, bei der Koordination fachärztlicher Abklärungen und rehabilitativer Maßnahmen spielt hierbei eine zentrale Rolle“, schließt Pflegewissenschafter Dietmar Ausserhofer.

Die Entwicklung eines integrierten und wissenschaftlich begleiteten Versorgungsmodells befindet sich in Tirol bereits in Ausarbeitung.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (16)

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  • robby

    Geschmacksverlust und depressive Verstimmung. Da werden viele der Impfgegner gar keinen Unterschied zu ihrem Normalzustand bemerken.

  • tirolersepp

    In Traunstein wird in Kirchen geimpft!!!

  • fakt60ist

    Das viele Covid19 erkrankte viele Folgeschäden davongetragen haben ist nicht zu leugnen. Man kennt viele solche Menschen selbst, nur sollte man auch mal eine „Wahre“ Studie machen wie viele Folgeschäden bei den vielen Menschen wovon man auch sehr viele selbst persönlich kennt die covid19 Impfung verursacht hat. Das viele nach der Impfung an plötzlichem Herztot gestorben sind brauchen wir keine Studie mehr machen, da kann jeder nur alle Tage in die Trauerhilfe sehen. Jedes einzellne Schicksal ist schlimm für die Betroffenen, nur sollte nicht immer so Einseitig berichterstattet werden wenn ohnehin jeder weiß dass es auf beide Seiten schwere Schicksale gibt. Warum die schweren Schicksale nach den Impfungen immer geleugnet und kaum dokumentiert werden, bleibt bis heute noch immer ein Rätsel.

    • heracleummantegazziani

      Ihre Behauptung zum „plötzlichen Herztod“ nach der Impfung ist Unsinn. Ein statistischer Anstieg ist weder unter Sportlern noch sonst wo erkennbar.
      https://correctiv.org/faktencheck/2021/11/25/keine-belege-fuer-anstieg-von-herzstillstaenden-bei-sportlern/

    • esmeralda

      @fake60ist, du hast zuviel Zeit auf unseriösen Webseiten gestöbert, diese Falschmeldungen tun dir nicht gut

      • fakt60ist

        @esmeralda tut mir leid, aber auf unseriöse Webseiten hab ich meine Erkenntnise sicher nicht. Ich möchte nur sagen, dass da Dinge passiert sind die sozusagen vor meiner Haustür passiert sind, das sind keine Fake-news. Kein Fakenews ist auch die Tatsache, dass sooo..viele Fachleute im Sanitätsbereich sehr skeptich einer Impfung gegenüberstehen. Das sind „Fachleute“ im Bereich Medizin! Möchten Sie mir bitte jetzt damit sagen, dsss all diese Fachleute sozusagen keine sind? So viele Krankenschwestern wurden suspendiert und auch Äzte!!! Sind dass alles Inkompetente Menschen auf einmal seit der Pandemie??? Man müsste all diese dann in Zukunft ja alle entlassen wegen Inkompetentheit?? Ist das sooo??? Für mich sind das aber Fachleute in Ihrem Bereich. Und wenn sich so viele von diesen Fachleuten nicht impfen lassen möchten, dann macht das viele Menschen schon ein wenig nachdenklich finden Sie nicht? Ganz abgesehen davon wie viele sich von diesen Fachleuten wohl geimpft hätten wenn sie nicht dazu gezwungen worden wären. Kann mir bitte mal einer Erklären, wer da genau die Fachleute sind? Sollte ich jemand gekränkt haben mit meinen Behauptungen tut mir das leid, aber Fakt…ist Fakt…aber nur nicht anerkannt.

        • esmeralda

          Ach was soll das? Die Impfung ist die einzige Maßnahme, die wir derzeit haben. Möchten sie alles zusammenbrechen lassen? Die übergroße Mehrheit der Ärzte und des Pflegepersonals sind geimpft, die Minderheit, die sich nicht impfen lässt wird schon ihre Gründe haben.

  • esmeralda

    möglicher Geschmacksverlust allein wär für mich schon ein Grund, mich impfen zu lassen

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