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„Wir sind erschrocken“

Reinhard Weger und sein kühner Vorstoß: Der Urbanistikstadtrat von Bruneck kündigt eine Aufstiegsanlage auf den Kronplatz an – von der keiner etwas weiß. 
von Silke Hinterwaldner 
Als Reinhard Weger vor acht Tagen am Gipfel des Kronplatzes stand und mit stolzgeschwellter Brust die Zusammenarbeit der drei Gemeinden Bruneck, St. Lorenzen und Percha erklärte, passierte etwas Seltsames.
Der Urbanistikstadtrat für Bruneck kündigte am Rande dieser Pressekonferenz nicht nur eine zusätzliche Zughaltestelle zwischen St. Lorenzen und Bruneck an, sondern erklärte in diesem Zusammenhang auch noch, dass von dort aus bald schon eine Bahn auf den Kronplatz hinaufführen sollte. Da staunten die Anwesenden, aber auch die Zuschauer der Tagesschau am Abend, nicht schlecht. „Tatsächlich?“, fragt man sich seitdem. Und: „Wer baut denn das? Und wozu?“
Reinhard Weger ist das, was man einen politischen Senkrechtstarter nennt. Er ist seit vielen Jahren Kommandant der Feuerwehr in Bruneck und Chefredakteur der Pustertaler Zeitung, aber kaum jemand hatte ihm auch noch eine gemeindepolitische Karriere zugetraut. Aber Reinhard Weger kandidierte im September 2020 für die Brunecker SVP und wurde gleich mit einem sensationellen Vorzugsstimmenergebnis gewählt.
Naheliegend, dass er in den Stadtrat berufen wurde, aber damit, dass er das schwierige Feld der Urbanistik geteilt bekommen würde, überraschte dann doch einige. Das öffentliche und private Bauwesen ist in den meisten Gemeinden das wichtigste Ressort und wird deshalb meist vom Bürgermeister geleitet. In Bruneck aber geht das nicht, weil Roland Griessmair mit seinem Ingenieurbüro auf dem eigenen Gemeindegebiet arbeitet.
Nun führt Reinhard Weger das Urbanstikressort seit gut einem halben Jahr mit neuem Elan und durchaus selbstbewusst. Aber am Freitag vor einer Woche ist er wohl doch übers Ziel hinausgeschossen. Medienwirksam inszeniert wurde die Pressekonferenz am Kronplatz im gesamten Land mit Interesse verfolgt. Aber warum eine Aufstiegsanlage auf den Kronplatz?
„Ehrlich gesagt“, sagt Andreas Dorfmann, „sind wir hier ein bisschen erschrocken.“ Immerhin: Dorfmann ist Direktor bei den Brunecker Bahnen und müsste wohl darüber in Kenntnis gesetzt sein, wenn tatsächlich eine neue Umlaufbahn auf seinen Hausberg geplant ist. Man habe derzeit andere Sorgen, sagt er, nach dem Totalausfall im Winter seien Investitionen in eine neue Bahn undenkbar, vielmehr müsse man versuchen Bestehendes zu erhalten. Ähnlich die Reaktion von Skirama-Direktor Andrea Del Frari: Auch er zuckt die Schultern und kann nur sagen: „Wir wissen von nichts.“
Nundenn: Wenn nicht die Seilbahnen bauen wollen, könnte das Projekt immer noch ein Anliegen der Gemeinden oder der Südtiroler Transportstrukturen AG STA sein. Aber auch Martin Ausserdorfer gibt sich unwissend, immerhin ist er nicht nur Bürgermeister von St. Lorenzen, sondern war bis vor kurzem auch STA-Präsident.
Inwieweit der außerplanmäßige Vorstoß von Stadtrat Weger hinter den Kulissen für Aufregung gesorgt hat, lässt sich von außen schwer beurteilen. Der Betroffene selbst gab sich gestern zwar etwas wortkarg, aber nicht eingeschüchtert. Reinhard Weger: „Die Aufstiegsanlage auf den Kronplatz ist eine Idee, die entwickelt werden soll. Im Zuge der Erarbeitung des Gemeindeentwicklungsprogramms könnte man darüber beraten.“ Aber spruchreif ist die Bahn noch nicht. Immerhin.
Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (9)

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  • watchmen

    Wie wär es denn, wenn man dann auch noch ein weiteres Restaurant und eine Sehenswürdigkeit draufbaut? Wär doch toll oder?! Den was macht es schon welchen Unterschied ob auf diesem sonst schon so zerschundenen Berg noch was steht. Und die Umwelt…ach wen interessiert’s. Let’s have Party solange es noch geht. Unsere Enkelkinder werden sich schon was einfallen lassen! Erinnert mich alles irgendwie an ein Lied mit dem Titel…“Wir ham noch lange nicht genug…“

  • treter

    Wenn die Leit spinnen gebn sie a zoachn!!!

  • robby

    Noch so ein Südtiroler „Visionär“.

  • yakari

    Sehr geehrte Frau Hinterwaldner, das mit dem politischen Senkrechtstarter stimmt nicht ganz: Herr Weger war in seinen jungen Jahren persönlicher Referent des damaligen Landtagsabgeordneten Franz Pahl. Und die politische Couleur hat er ja beibehalten.

  • besserwisser

    Bruneck am Industriegebiet. Wieso soll nicht auch das Schigebiet ein Industriegebiet sein. Die paar störenden Bäume die da noch sind kann auch frisch wegrasieren …….

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