„Gefährliche Feten“
In den letzten Tagen waren viele Corona-Neuinfektionen auf private Feiern zurückzuführen. Im Interview erklärt der Essener Virologe Ulf Dittmer, warum es auch für private Feiern klare Regeln braucht.
TAGESZEITUNG Online: Herr Dittmer, die Südtiroler Landesregierung sagt, die meisten Infektionen seien auf private Feiern zurückzuführen. Sie möchte aber keine Personenbegrenzung bei privaten Feiern einführen. Ist das sinnvoll?
Ulf Dittmer: Man muss eine Personenbegrenzung auch bei privaten Feiern einführen. Diese Feiern haben beispielsweise auch dazu geführt, dass die Zahlen in deutschen Städten sprunghaft nach oben gestiegen sind. Das kann man nur verhindern, wenn man private Feiern nur in kleinem Rahmen stattfinden lässt. Wir wollen ja das Leben nicht ganz einschränken, aber ganz große Feiern halte ich für nicht angebracht.
Die Landesregierung hofft, dass ein Appell reicht, um große Feiern zu verhindern. Glauben Sie das auch?
Wir alle wissen ja, dass das Virus sich in großen Menschenmengen leicht ausbreitet und trotzdem wird ein reiner Appell nicht ausreichen, das unter Kontrolle zu halten. Es ist natürlich für jüngere Leute schwierig, sich sozial für so einen langen Zeitraum zu isolieren – das hat die Biologie nicht vorgesehen. Da gibt es ganz große andere Bedürfnisse, die dem genau entgegenstehen. Menschen im jungen Alter sind geradezu von der Biologie, von der Hormonsteuerung dazu angehalten, sehr engen sozialen Kontakt zu haben, sich in größeren Gruppen zu treffen, eng auszutauschen, sich anzufassen.
Während in Italien jetzt eine allgemeine Maskenpflicht im Freien herrscht, muss in Südtirol die Maske im Freien nur aufgesetzt werden, wenn die Abstände nicht eingehalten werden können. Reicht das?
Aerosole, bei denen 1,5 Meter Abstand nicht ausreichen würden, spielen im Freien keine Rolle. Es gibt kein belegtes Beispiel für eine Aerosol-Übertragung im Freien. Kann man im Freien die 1,5 Meter einhalten, dann ist man quasi nicht gefährdet. Tatsächlich kennen wir keine großen Infektionsketten, die im Freien stattgefunden haben.
Es wird regelmäßig von Coronafällen in Schulen berichtet. Welche Rolle spielen Schulklassen in der Coronapandemie?
Keine große. Schulen sind keine besonderen Hotspots für Virusverbreitung. Alle Fälle, die wir hier in Essen hatten, waren immer einzelne Personen in einer Klasse. Und es hat nie eine große Infektionskette in einer Schulklasse gegeben. In ganz Deutschland hat es das – außer ein paar wenige Ausnahmefälle – nicht gegeben.
Italien und Deutschland scheinen unterschiedlich zu handeln, wenn ein positiver Fall in einer Schule auftritt. Der Sanitätsbetrieb Südtirol sieht nicht alle Mitschüler automatisch als enge Kontaktpersonen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt, die gesamte Klasse als enge Kontaktpersonen zu bewerten…
Das RKI empfiehlt das zwar für Schulklassen, aber die meisten Gesundheitsämter setzen das nicht so durch. Dass ganze Schulklassen in Quarantäne gehen, ist in Deutschland äußerst selten. Auch hier werden enge Freunde und Sitznachbarn ermittelt, die dann zum Teil in Quarantäne müssen und nicht die ganze Schulklasse. Ich halte es auch für völlig unverhältnismäßig, ganze Klassen in Quarantäne zu schicken – wenn wir das machen würden, dann wären mittlerweile fast alle Schüler in Quarantäne.
Es wird immer wieder über Superspreader diskutiert. Wie häufig kommen die wirklich vor?
Das wissen wir immer noch nicht so genau. Da kann ich jetzt auch schlecht eine Prozentzahl zu sagen. Fakt ist, dass wir jetzt auch in Deutschland viele Feiern sehen, wo zumindest einer im Raum gewesen ist – so selten ist das also anscheinend nicht. Aber ich kann jetzt natürlich nicht sagen, wie viele Feiern im gleichen Zeitraum gegeben hat, wo keine einzige Person infiziert worden ist.
Trotzdem haben Superspreader einen entscheidenden Anteil am Verlauf der Pandemie gehabt. Das haben wir schon am Anfang gesehen, zum Beispiel bei dem italienischen Superspreader, dem Marathonläufer.
Warum wird im ersten Corona-Winter auch Personen, die keiner Risikogruppe angehören, eine Grippeimpfung dringend empfohlen?
Das liegt daran, dass es zwei Problematiken gibt. Erstens: Wenn wir jetzt zusätzlich noch eine starke Grippewelle hätten, wäre das schwierig für die Krankenhäuser und es ist ja auch fast unmöglich das in der Diagnostik auseinanderzuhalten. Das würde den Diagnostikaufwand noch einmal deutlich erhöhen. Dann müssten immer alle Personen, die grippale Symptome haben, auf alles getestet werden. Zweitens: Wir haben im März einige wenige Personen gesehen, die mit beiden Viren infiziert waren und die hatten schwere Verläufe.
Manche Impfgegner erwidern: Ich habe noch nie Grippe bekommen. Warum soll ich mich jetzt gegen Grippe impfen lassen?
Ich glaube, dass das nicht stimmt, dass diese Personen noch nie Grippe hatten. Wahrscheinlich hat jeder von uns in einem gewissen Alter schon ein-, zweimal diese Infektion durchgemacht und wer sich – ich sag jetzt mal Erkältung, wie es im Volksmund heißt – an die schlimmste und längste Erkältung, die man jemals hatte, erinnert, das war ziemlich sicher eine richtige Grippe.
Interview: Mara Leurs
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Kommentare (20)
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gutentag
Wo hat die TZ diesen Typ ausgegraben?
Leute, euch ist schon klar, dass die Medien nicht nur dazu da sind um uns zu informieren sondern einfach Klicks und den Verkauf hoch halten wollen? Und dazu sind viele Mittel recht.
Bitte Hirn einschalten – was dieser Ulf sagt, ist für die Fische
cif
Wo wurdest du ausgegraben damit du behaupten kanst, diese Herr redet nur Mist?
Bist du Virologe?
leser
Cif
Er redet mist
erbschleicher
@gutentag,
hat dir jemand dein Aluhüttchen gestohlen, dass du solchen MIST redest/schreibst?
Du sprichst von Hirn einschalten! dies scheint bei dir leider nicht vorhanden zu sein.
So und nun darfst du deinen Namen klatschen, zu mehr reichts eh nicht.
gutentag
@cif und erbschleicher
Das sagen die zwei, die gar nichts kapieren
gutentag
Googelt mal
Matteo Bassetti
ihr zwei Gescheide (cif und erbschleicher)
Bezüglich Virologen
cif
Ein Virologe von vielen, trotzdem mute ich mir nicht an, ihn öffentlich als Dummkopf darzustellen. Du verlangst Respekt gegenüber deiner Meinung und urteilst stets schlecht über andere Meinungen von Virologen. Benimmst du dich in deinem nicht digitalen Leben auch so?
andreas
@cif
Virologen sind keine Soziologen und es macht zwar Sinn, sich ihre Meinung anzuhören, eine Entscheidung sollte aber niemals nur auf Grund einer Aussage getroffen werden und auch sollte deren „Meinung“, was anderes liefern die auch nicht, grundsätzlich in Frage gestellt werden.
gutentag
@cif
du antwortest auf einen Kommentar, der nie geschrieben wurde
andreas
Bin zwar kein Coronaleugner, es ist da und wir müssen uns damit arrangieren, doch diese Virologen gehen mir so langsam auf den Wecker, auch deshalb, weil sie sich teilweise widersprechen und eklatante Falschaussagen wie, dass Masken nichts nützen, dadurch revidieren, dass es neue wissenschaftliche Erkenntnisse gibt.
Drosten, der Starvirologen, revidiert manchmal am Nachmittag das, was er am Vormittag gesagt hat, um es am nächsten Tag wieder zu revidieren.
cif
andreas, ja auch Virologen machen Fehlinterpretationen, deshalb heist es ja auch laut aktuellen Stand der Forschung und die kann mogen wieder ganz anders aussehen. Aber jeder Nichtqualifizierte glaubt ihm stehe das Recht zu, alles als quatsch darzustellen. Dies mag bei nichtrelevanten Themen harmlos sein, aber nicht wenn es um die Geseundheit aller geht.
leser
Cif
Was ist nichtqualifiziert?
cif
Das Gegenteil von Qualifiziert.
leser
Cif
Aber du kennst den unterschied nicht
cif
Du scheinst ihn nicht zu kennen,, sonst würdes nicht fragen.
weanabazi
desweiteren ist es nicht möglich private feiern kontrollieren zu lassen da ein privates hausrecht besteht! gegenfrage: in großraumbüros von firmen existiert keine möglichkeit einer ansteckung? orientiert sich der virus nur an private leute? wieder eine regierungsbedingte verarsche und ein versuch grundrechte zu beschneiden…
prophet
https://www.facebook.com/100002065700182/posts/3360704864008337/?sfnsn=scwspwa&d=w&vh=i
ronvale
Immer interessant wie ein Thema die mediale Aufmerksamkeit bündelt
In diesem Jahr sind eine Million Menschen an oder mit Covid verstorben
Das sind 2 Prozent aller verstorbenen Menschen
Jedes Jahr sterben 5 Millionen Menschen an Typhus
Da dies aber hauptsächlich Kinder aus Entwicklungsländern betrifft, kräht kein Hahn danach
ohnehirnlebtmanbesser
Oh. Ist das eine Antwort eines Virologen auf die gestrige Pressemitteilung von Herrn Sven Knoll „italienischer Blòdsinn“ ?Herr Sven…..lassen Sie sich beraten. Sie werden immer peinlicher…..sogar fùr Ihre Wàhler. Hirni
lagrein
ronvale: In diesem Jahr sind eine Million Menschen an oder mit Covid verstorben
Das sind 2 Prozent aller verstorbenen Menschen
Jedes Jahr sterben 5 Millionen Menschen an Typhus
Weil viele Autofahrer auf der MeBo das Tempolimit um 30 km/h übertreten, ist es auch okay, vor einem Kindergarten 20 km/h zu schnell zu fahren?